TTB 106: Der dritte Planet
nichts weiter mitnehmen müssen?« fragte sie.
»Nein, nichts. Ich habe alles, was wir brauchen, schon im Schiff. Außerdem ...«
»Was?«
»Wir können nichts mehr an den Wachen vorbeibringen«, sagte er. »Sie sollen denken, daß du und die Kinder nur mitkommen, um mich starten zu sehen.«
Sie fing an, sich anzuziehen. Er warf die Decke zurück und stand auch auf, ging auf dem kalten Fußboden zum Kleiderschrank hinüber und zog sich an.
»Ich werde die Kinder wecken«, sagte sie.
Er brummte, während er sich ein Unterhemd über den Kopf zog. An der Tür blieb sie stehen. »Bist du ganz sicher ...«, fing sie an.
»Was?«
»Werden die Wachen es nicht sonderbar finden, daß unsere Nachbarn auch mitkommen, um den Start zu sehen?«
Er ließ sich auf die Bettkante sinken und machte die Schnallen seiner Stiefel zu.
»Darauf müssen wir es ankommen lassen«, sagte er. »Wir brauchen sie.«
Sie seufzte. »Es kommt mir so kalt, so berechnend vor.«
Er richtete sich auf und sah in der offenen Tür ihre Silhouette.
»Was bleibt uns anderes übrig?« fragte er eindringlich. »Wir können später nicht unsere eigenen Kinder miteinander verheiraten.«
»Nein«, sagte sie. »Es ist nur ...«
»Nur was?«
»Nichts, Liebling. Sei mir nicht böse!«
Sie schloß die Tür, und ihre Schritte verklangen in der Diele. Die Tür zum Kinderzimmer ging auf. Er hörte ihre beiden Stimmen. Ein freudloses Lächeln kräuselte seine Lippen. Sie werden glauben, sie hätten einen freien Tag, dachte er.
Er zog seine Schuhe höher. Wenigstens wissen die Kinder nicht, was geschehen wird, dachte er. Sie glauben, sie sollten ihn nur zum Flugplatz begleiten, dann zurückkommen und ihren Schulkameraden alles vom Start erzählen. Sie wußten nicht, daß sie nie wieder zurückkehren würden.
Er stand auf und trat an den Toilettentisch, schaltete das Licht über dem Spiegel ein. Es war komisch, daß ein so nach nichts aussehender Mann etwas Derartiges geplant hatte!
Kalt. Berechnend. Ihre Worte fielen ihm wieder ein. Nun – es gab keinen anderen Ausweg. In ein paar Jahren, wahrscheinlich noch eher, würde der ganze Planet mit einem blendenden Blitz explodieren. Ihre Flucht war der einzige Weg, sich davor zu bewahren. Fliehen und mit wenigen Menschen auf einem neuen Planeten von vorn anfangen.
Er starrte auf sein Spiegelbild.
»Es gibt keinen anderen Weg!« wiederholte er.
Er blickte sich im Schlafzimmer um und sagte diesem Teil seines Lebens in Gedanken Lebewohl! Als er die Lampe ausschaltete, kam es ihm vor, wie wenn er ein Licht in seinem Gehirn ausschaltete. Leise schloß er die Tür hinter sich und strich mit der Hand über die so oft benutzte Klinke.
Sein Sohn und seine Tochter kamen ihm, geheimnisvoll miteinander flüsternd, entgegen. Er schüttelte leicht amüsiert den Kopf.
Seine Frau wartete, und sie gingen zusammen nach unten. Er hielt ihre Hand.
»Ich habe keine Angst mehr, Liebling«, sagte sie. »Es wird schon alles gut gehen.«
»Sicher!« sagte er. »Ganz bestimmt!«
Sie traten alle ins Eßzimmer, und er setzte sich mit den Kindern an den Tisch. Seine Frau schenkte ihnen Saft ein und holte dann das Essen.
»Hilf deiner Mutter, Puppe«, sagte er zu seiner Tochter. Sie stand auf.
»Ziemlich früh, Pop, wie?« sagte sein Sohn. »Ziemlich früh, hahaha!«
»Sei vernünftig!« warnte er ihn. »Denke an das, was ich euch erklärt habe! Wenn du auch nur ein Wort davon zu irgend jemandem sagst, muß ich euch zurücklassen!«
Ein Teller zersprang klirrend auf dem Fußboden. Er warf einen Blick auf seine Frau. Sie starrte ihn mit zitternden Lippen an.
Sie wandte ihr Gesicht ab, bückte sich, griff unsicher nach den Scherben, hob ein paar auf. Dann ließ sie sie wieder fallen, stand auf und schob alle Scherben mit dem Schuh an die Wand.
»Als ob das jetzt noch eine Rolle spielt«, sagte sie nervös. »Es ist ja ganz gleich, ob das Haus sauber ist oder nicht.«
Die Kinder beobachteten sie erstaunt.
»Was hast du denn?« fragte die Tochter.
»Nichts, Liebling, nichts. Ich bin nur ein bißchen nervös«, sagte sie. »Setz dich und trink deinen Saft. Wir müssen schnell essen. Die Nachbarn werden gleich hier sein.«
»Pop, weshalb kommen dann die Nachbarn mit uns?« fragte sein Sohn.
»Sie wollten gern«, sagte er vage. »Nun vergiß es und sprich nicht so viel.«
Es war ruhig im Zimmer. Seine Frau brachte das Essen und stellte es auf den Tisch. Nur ihre Schritte störten die Stille. Die Kinder sahen abwechselnd sich
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