TTB 106: Der dritte Planet
»Nein.«
»Am besten spricht man, glaube ich, überhaupt nicht davon«, sagte der Nachbar hastig.
»Das ist wirklich am besten«, bestätigte er.
Kurz vor dem Wachthaus am Tor wandte er sich nach hinten.
»Denkt daran!« sagte er. »Keiner von euch spricht auch nur ein Wort!«
Der Posten war schläfrig und kümmerte sich kaum um sie, als er den Testpiloten für das neue Raumschiff erkannt hatte. Das genügte. Die Familie war mitgekommen, um den Start mit anzusehen, erklärte er dem Posten. Dagegen war nichts einzuwenden. Der Posten ließ sie weiter zur Plattform des Schiffes fahren.
Der Wagen hielt unter den riesigen Pfeilern. Sie stiegen alle aus und starrten nach oben.
Hoch über ihnen, die spitze Nase zum Himmel gerichtet, fing das graue Metallschiff an, die ersten Sonnenstrahlen zu reflektieren.
»Dann wollen wir!« sagte er. »Schnell!«
Während sie auf den Fahrstuhl des Schiffes zuliefen, blieb er einen Augenblick lang stehen und sah zurück. Das Wachthaus wirkte verlassen. Er blickte sich um und versuchte, alles seinem Gedächtnis einzuprägen.
Heimlich bückte er sich, nahm etwas Erde auf und steckte sie in die Tasche.
»Leb wohl!« flüsterte er.
Er rannte zum Fahrstuhl.
Die Fahrstuhltür schloß sich. In dem nach oben steigenden kleinen Raum war nichts zu hören als das Summen des Motors und ab und zu verlegenes Hüsteln der Kinder. Er musterte sie. So jung einfach mitgenommen zu werden, dachte er, ohne daß sie etwas davon wußten oder dazu sagen konnten.
Er schloß die Augen. Seine Frau hatte ihren Arm unter seinen geschoben. Er sah sie an, und als ihre Blicke sich begegneten, lächelte sie.
»Alles in Ordnung«, flüsterte sie.
Der Fahrstuhl hielt mit kurzem Zittern. Die Tür glitt zur Seite, und sie traten hinaus. Hier oben war es heller. Er drängte sie die eingezäunte Plattform entlang.
Durch die schmale Tür kletterten sie alle ins Schiff. Er zögerte kurz, ehe er ihnen folgte. Plötzlich empfand er den zwingenden Wunsch, etwas für diesen Augenblick Passendes zu sagen.
Aber es fiel ihm nichts ein. Er schwang sich ins Innere des Schiffes und knurrte vor sich hin, während er die Tür zuzog und mit dem großen Rad festschraubte.
»Das haben wir geschafft«, sagte er. »Und nun kommt mit.«
Ihre Schritte echoten auf den metallenen Decks und Leitern, als sie nach oben zur Zentrale gingen.
Die Kinder liefen zu den Fenstern und sahen hinaus. Sie keuchten vor Erstaunen, als sie sahen, wie hoch sie waren. Ihre Mütter standen hinter ihnen und blickten ängstlich zur Erde hinab.
Er trat zu ihnen.
»So hoch!« sagte seine Tochter.
Er tätschelte zärtlich ihren Kopf. »So hoch«, wiederholte er.
Dann drehte er sich unvermittelt um und ging hinüber zu den Instrumenten, blieb zögernd stehen. Er hörte, daß jemand hinter ihn trat.
»Sollten wir es den Kindern nicht jetzt doch erklären?« fragte seine Frau. »Müßten sie nicht wissen, daß sie die Erde zum letztenmal sehen?«
»Erkläre es ihnen«, sagte er.
Er wartete darauf, daß er sie weggehen hörte, vernahm jedoch nichts. Als er sich umdrehte, stand sie noch da und küßte ihn auf die Wange. Dann ging sie zu den Kindern hinüber und erzählte es ihnen.
Er legte einen Hebel um. Tief im Innern des Schiffes flammte dadurch ein Funke auf und entzündete den Treibstoff. Aus den Behältern ergossen sich Gasströme. Die Schotten fingen an zu vibrieren.
Er hörte seine Tochter aufschreien und versuchte, keine Notiz davon zu nehmen. Unsicher streckte er eine Hand nach einem Schalter aus, blickte dann plötzlich nach hinten. Sie alle starrten ihn an. Er legte seine Hand auf den Schalter und drehte ihn um.
Das Schiff zitterte eine kurze Sekunde lang – dann fühlten sie, wie es sich hob. Es glitt nach oben in die Luft, schneller und schneller. Sie hörten den Wind laut vorbeiströmen.
Er beobachtete, wie die Kinder sich weder den Fenstern zuwandten und hinausblickten.
»Leb wohl!« sagten sie. »Leb wohl!«
Er ließ sich müde in einen der Sessel vor dem Instrumentenbrett fallen. Aus den Augenwinkeln sah er, daß sein Nachbar sich in den danebenstehenden Sessel setzte.
»Sie sind sich völlig sicher darüber, wohin wir fliegen?« fragte der Nachbar.
»Es steht auf der Karte da.«
Der Nachbar betrachtete mit erhobenen Augenbrauen die Karte.
»Also wirklich in ein anderes Sonnensystem«, sagte er.
»Ja. Und der Planet hat eine Atmosphäre, die der unseres Heimatgestirns genau gleich ist. Es ist völlig sicher.«
»Und
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