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TTB 106: Der dritte Planet

TTB 106: Der dritte Planet

Titel: TTB 106: Der dritte Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Matheson
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starrte. Sein Kopf tat weh. Er sah alles schwanken. Ich bin krank, dachte er.
    »Ich bin krank!«
    Das rief er laut, doch war niemand in der Nähe, der es hätte hören können. Er starrte immer noch auf das Haus. Sie verläßt mich für immer.
    Gut also! Ich werde schreiben, schreiben, schreiben. Er ließ die Worte ein solches Gewicht bekommen, daß sie alles andere verdrängten.
    Er konnte seinen Weg immer noch wählen – nach allem. Er widmete sein Leben seiner Arbeit oder seiner Frau, Kindern und einem Heim. Verbinden konnte man das nicht, nicht heutzutage. In dieser ungesunden Welt kam Gott hinter dem Einkommen und Güte nach Wohlstand.
    Er blickte zur Seite, als der grüngestreifte Bus über den entfernten Hügel kam und sich näherte. Er steckte die Aktentasche unter den Arm und suchte in seiner Rocktasche nach einem Fahrschein. In der Tasche war ein Loch, das Sally hatte zunähen wollen. Jetzt würde sie nicht mehr dazu kommen, aber was spielte es schon für eine Rolle.
    Lieber habe ich meine Seele in Ordnung als die Sachen, die ich trage.
    Worte, Worte, dachte er, als der Bus neben ihm hielt. Sie gehen mir jetzt durch den Kopf, weil sie mich verläßt. Ist das ein Beweis dafür, daß sie meine Gedanken zu sehr in Anspruch nimmt?
    Er gab seinen Fahrschein ab und ging schwankend durch den fahrenden Bus nach vorn. Als er an einem Professor vorbeikam, den er kannte, nickte er abwesend.
    Er ließ sich vorn auf einen Rücksitz fallen und starrte auf den schmierigen, mit Gummi belegten Fußboden.
    Das ist ein herrliches Leben! tobte er innerlich. Ich bin so glücklich darüber und über meine großen, wundervollen Leistungen.
    Er öffnete die Aktentasche einen Augenblick lang und warf einen Blick auf den dicken Lehrplan, den er mit Hilfe von Dr. Ramsay entworfen hatte.
     
    Erste Woche:
    1. Jedermann. Diskussion darüber. Lesen von Auswahlstücken aus Klassisches Lesebuch für College-Anfänger.
    2. Beowulf. Lesen. Diskussion darüber. Abfragen nach Zitaten.
     
    Er schob die Papiere in die Mappe zurück. Sie machen mich verrückt, dachte er. Ich hasse das Zeug. Die Klassiker sind mir so widerlich geworden, daß mir bei ihrer bloßen Erwähnung schlecht wird. Chaucer, die Elizabethanischen Dichter, Dryden, Pope, Shakespeare. Wie kann man einen Mann schlimmer kränken, als daß man ihn zwingt, diese Namen zu hassen, weil er sie mit Dummköpfen teilen muß. Weil er gezwungen ist, ihre Werke zu zerfleddern, um sie Idioten schmackhaft zu machen.
     
    *
     
    Er stieg aus dem Bus und ging die lang abfallende Neunte Straße hinunter.
    Beim Gehen kam er sich wie ein Schiff vor, dessen Ankertau gerissen ist, und das nun von einer Vielzahl von Strömungen hin und her geworfen wird. Er fühlte sich von der Stadt, dem Land, der Welt getrennt. Wenn mir jemand erklärte, ich wäre ein Geist, dachte er, würde ich ihm Glauben schenken.
    Was tut sie augenblicklich?
    Er mußte darüber nachdenken, während er an den Gebäuden vorbeikam. Was denkt sie, wenn sie mich hier stehen und die Stadt Fort als nebelhafte Kulisse an mir vorüberziehen sieht. Was hält sie in den Händen? Welchen Ausdruck hat ihr Gesicht?
    Sie ist allein im Haus, in unserem Haus. Das unser Heim hätte sein können und nun nur noch eine hohle Schale ist mit Möbeln aus Metall und Holz. Nichts als tote Gegenstände.
    Ganz gleich, was John Morton sagte.
    Er mit seinen Apparaten, Reagenzgläsern und Mikroskopen. Trotz seines gelehrten Geredes, trotz seiner Rechenschieberzahlen – es war alles Idiotie. Dieselbe Idiotie, die diesen Esel Charles Fort veranlaßt hatte, die Welt mit seinen verworrenen Phantasien zu belasten. Die Idiotie, die den Dummkopf von Millionär dazu gebracht hatte, dieses College zu stiften und auf dem unfruchtbaren Boden dieses riesige Gebäude errichten zu lassen und einen Haufen aufgeregter Wissenschaftler hineinzusetzen, die dauernd nach irgendeinem Elixier suchten.
    Nein, nichts ist auf dieser Welt in Ordnung, dachte er, während er unter dem Torbogen hindurch auf den weiten, grünen Campus schritt.
    Er blickte zu dem riesigen Gebäude der Naturwissenschaften hinüber, dessen Granitmauern in der Sonne des späten Vormittags blitzten.
    Jetzt wird sie gerade wegen des Taxis anrufen. Er sah nach seiner Uhr. Nein. Sie mußte schon im Taxi sitzen. Durch die stillen Straßen ins Geschäftsviertel fahren. An den roten Segelsteinhäusern vorbei, die Studenten und Tölpel ausspien. Durch die Stadt, die ein Mischmasch aus Bildung und Bauerntum

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