TTB 108: Die Pest kam von den Sternen
Sie stiegen aus, gingen gemächlich weiter.
»Ja. Die Lage wird immer verworrener. Und es ist kein Ende der Aufregungen abzusehen. Wie steht es, Con? Können Sie mir mit etwas Surital aushelfen? Ich muß sehen, ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.«
»Sicher, in meinem Zimmer. Haben Sie denn nichts in Ihrer Bereitschaftstasche?«
»Es ist mir ausgegangen. Ich habe keine Lust, den langen Weg zur Hospitalapotheke zu machen.«
Sam schloß die Tür, während Roussell seine Tasche aus dem Schrank nahm und in ihr zu kramen begann. »Soll es tatsächlich Surital sein?« fragte er, die Spritze aufziehend. »Tut Noctec oder etwas anderes es nicht auch?«
»Surital ist für mich wie Muttermilch«, erwiderte Sam lachend. »Ein paar Kubikzentimeter, und ich schlafe wie ein Baby.«
»Nehmen Sie mehr als sechs, dann sind Sie der Welt für die nächsten vierundzwanzig Stunden entrückt«, sagte Roussell und wandte sich ab.
Sam stieß ihm die Nadel durch den Ärmel und leerte die Spritze in Roussells Unterarm.
»Tut mir leid, Con«, sagte er und hielt den sich Wehrenden in festem Griff, bis sein Widerstand erlahmte. »So kann man Sie wenigstens nicht der Begünstigung bezichtigen. Und den Schlaf haben Sie genauso nötig wie wir alle.« Er trug den Bewußtlosen zum Bett und legte ihn behutsam nieder. Dann verriegelte er die Tür. Der Zufall wollte es, daß sie beide fast von gleicher Größe waren. Sam schlüpfte in den Zivilanzug Roussells. Da es noch immer regnete, stopfte er eine dünne Regenhaut in seine schwarze Tasche, bevor er sie schloß und das Zimmer verließ.
Mehr als zwanzig Minuten waren seit seiner Flucht vergangen, Zeit genug, alle Posten an den Haupteingängen zu alarmieren. Aber es gab noch andere Zugänge, die normalerweise nicht unter Bewachung standen. Für welchen sollte er sich entscheiden? Er überlegte schnell, dann stand sein Entschluß fest. Zuerst durchquerte er die neue, für den Publikumsverkehr noch nicht geöffnete Röntgenklinik und benutzte die Treppe in einem der älteren Gebäude. Niemand war zu sehen, als er das erste Stockwerk erreichte. Er zog die Regenhaut über und öffnete das Fenster am Ende des Ganges. Nachdem er sich auf den Sims geschwungen hatte, schloß der das Fenster hinter sich. Dann drückte er sich ab und sprang. Mit beiden Füßen landete er in dem weichen, frisch umgegrabenen Blumenbeet.
Er war draußen – aber was nun? Bis jetzt hatte er keinen Plan gefaßt, sondern instinktiv gehandelt. Sie hatten versucht, ihn festzunehmen, und er hatte sich widersetzt, weil er wußte, daß die andern unrecht hatten, daß das Raumschiff untersucht werden mußte. Nur in der »Perikles« konnte die Lösung aller Probleme liegen, und es gab einen Mann, der ihm helfen konnte.
General Burke von der UN-Armee.
Es regnete noch immer, Windböen peitschten ihm die Tropfen ins Gesicht. Aber der Regen hatte auch sein Gutes – die Straßen waren fast verlassen. Er eilte die 34. Straße hinab – der Regen war auch eine gute Entschuldigung für seine Eile – und betrat die erste offene Bar, die er fand. Es war eine der neuen, vollautomatischen Bars, die nie ihre Pforten schlossen. Die Tür öffnete sich selbsttätig vor ihm, und er ging auf die Telefonzelle im Hintergrund zu.
»Guten Morgen, Sir. Ein bißchen feucht draußen, nicht wahr?«
Der Robot-Bartender hinter dem Schanktisch nickte ihm zu, während er fortfuhr, Gläser zu polieren. Er war das perfekte Ebenbild des kahlköpfigen Bartenders mit rosig angehauchten Wangen. Nur wenn man sich weit genug über die Bar beugte, sah man, daß es sich um einen Torso handelte, der an den Hüften endete.
»Einen doppelten Scotch«, sagte Sam und trat an die Bar.
Müdigkeit überkam ihn plötzlich, nachdem der erste Teil der Flucht gelungen war. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Der Alkohol würde ihm helfen, weiter durchzuhalten.
»Whisky doppelt, Sir. Bitte!«
Der Robot schenkte das Glas randvoll, ohne einen Tropfen zu verschütten. Sam schob ihm einen Geldschein zu. »Ich brauche etwas Kleingeld für das Telefon.«
Sam leerte sein Glas, dann schloß er sich in die Telefonzelle. Was hatte Burke noch gesagt, wo sein Hauptquartier Fort Jay lag? In den Bronx? Nein, natürlich nicht, sondern auf Governors Island. Er wählte die Auskunft. Der Computer gab ihm die Nummer, und er setzte die Wählerscheibe in Bewegung. Statt Fort Jays meldete sich die Ortsvermittlung.
»Bedauere, aber die Nummer, die Sie zu
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