TTB 110: Im Reich der Dämonen
Sündhaftigkeit bekämpfen. Eine Art Gewissen also.«
»Bei den Eingeweiden eines räudigen Schleimers!« platzte Cardon heraus. »Was für einen Quatsch hat man denn dir in den Kopf gesetzt, Stead!«
Stead war wütend – wütend und beschämt. »Ich kann nur wiederholen, was man mir gesagt hat.«
»Warte, bis wir in der Außenwelt sind. Dann kannst du selbst sehen.«
Stead beschloß, diesen Rat zu befolgen.
Honey nahm ihr Funkgerät auf und schnitt eine Grimasse. »Dieses verflixte statische Pfeifen macht mich noch verrückt. Ich verstehe keinen Ton mehr.«
»Du hast vielleicht Sorgen«, meinte Julia und wischte ihr Gerät mit einem Staubtuch ab. »Dieses komische Heulen greift allmählich auf meine Radarfrequenzen über. Wenn es die erst einmal übertönt ...«
»Rennen wir in einen Detektorstrahl«, fuhr Thorburn trocken fort. »Und wer von uns dann nicht schnell genug laufen kann, der soll sich lieber von meiner Gruppe wegmelden.«
Jedermann wandte sich Stead zu und starrte ihn an. Er schluckte. Nun ja, es war eine völlig neue Welt, in der man ihn abgeladen hatte, eine Welt, in der andere Werte galten als bei den Gouverneuren, und in der das Leben das allerhöchste Gut darstellte.
Purvis schaute zu ihnen herein. »Thorburn, da ist Ihr neuer Mann – Vance.«
Wieder wandten sich alle Köpfe. Diesmal zum Eingang. Und diesmal war auch Steads Kopf dabei.
Vance trat herein, sah sich genau um und ging wiegend und lässig auf Thorburn zu. Er sah Stead kühl an. »Thorburn? Ich heiße Vance. Und das hier muß Stead sein.«
Der neue Mann roch geradezu nach Tatendrang. Die grüne Jägerkleidung konnte die Muskeln nicht verbergen. Sein Tarnumhang, ein reifes Exemplar, hing mit allen sechzehn Beinen so eng an seinem Körper, daß es nie Schwierigkeiten machen würde. Das eckige, narbige Gesicht und die buschigen Augenbrauen über den mitleidlosen Augen verstärkten den Eindruck des Kämpfers ohne Erbarmen.
Stead spürte unwillkürlich einen Schauer, als er den Mann ansah.
»Willkommen, Vance.« Thorburn streckte ihm die Hand entgegen. Der andere schüttelte sie kurz. Thorburn stellte die Kameraden vor. Selbst Stead, der erst so kurze Zeit bei ihnen war, merkte die Zurückhaltung Julias, die sonst gar nicht ihre Art war. Dieser Mann verstand sein Handwerk. Aber er kannte niemanden außer sich.
Als er Stead die Hand reichte, meinte Stead lächelnd: »Du bist wenigstens kein Handikap für die Gruppe – wie ich.«
Vance lachte nicht. Er verzog nur seine Lippen. »Deswegen bin ich hier, Stead. Bleib also in meiner Nähe.«
Und als Stead verstand, sank er in sich zusammen. Er fühlte sich gedemütigt. Dieser Vance war also als sein Kindermädchen gedacht.
»Wenn ihr alle bereit seid?« Thorburn wartete nicht auf Antwort, sondern hängte sich sein Gewehr über, nahm die Säcke auf und ging zur Tür. Alle anderen folgten seinem Beispiel.
Stead sah auf das Gewehr, das man ihm ausgehändigt hatte. Neu war es nicht, aber auch nicht so schäbig wie das, mit dem er geübt hatte. Eine schwere Waffe, die aber ein geübter Kämpfer ohne weiteres in einer Hand halten konnte. Er fragte sich, nicht ohne kribbelnde Erwartung, ob er es würde benützen müssen.
Honey schnallte ihren Sender um, Julia das Radargerät. Sie nahmen die Säcke. Old Chronic spitzte zum letztenmal den Bleistift und legte die Karten und Aufzeichnungen sorgfältig zusammen. Mit Thorburn an der Spitze verließen sie die Wohnquartiere und bestiegen den elektrischen Wagen. Der Soldat kurbelte die Schranke nach oben und salutierte ironisch. Sein Helm glitzerte im blauen Licht des Kontrollpunkts.
Der Wagen surrte einen Korridor entlang.
Sie befanden sich auf dem Weg in die Außenwelt.
7
Der elektrische Wagen bewegte sich weich auf seinen acht Rädern. Der Anhänger schwenkte ab und zu ein wenig aus. Die Wildbeuter saßen auf provisorischen Bänken. Ihre Ausrüstung war jetzt ein Teil ihrer selbst. Ein anderer Wagen mit Wildbeuter-Technikern rollte hinter ihnen. Die Korridorlichter verlöschten nach einer Weile. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer ein.
»Wohin geht die Fahrt?« fragte Vance.
»Wir haben einen neuen Ausgang. Bei unseren Hauptausgängen sind in letzter Zeit dauernd Detektorstrahlen gefunden worden.«
»Stimmt. Bei uns drüben wird es auch immer schwieriger.«
»Die ganze Wildbeuterei wird schwieriger«, schimpfte Cardon vor sich hin. Sein Gesicht verdüsterte sich. »Aber Wilkins scheint das nicht zu begreifen. Nun ja, er
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