TTB 111: Im Banne der Zeitmaschine
Raum. Es lächelte Chester zu, nahm einen Kasten aus dem Regal und griff nach seiner Hand. »Ich heiße Mina. Ich maniküre jetzt deine Nägel und behandle sie mit einem wachstumshemmenden Mittel«, sagte sie fröhlich. »Ganz ruhig halten, bitte.«
»Warum das?«
»Zu lange Haare und Fingernägel sind bei deinem Training nur hinderlich«, erklärte Kuve ihm. »Chester, eine Frage: Was ist Schmerz?«
»Das ... hm ... äh ... die Reaktion auf Schäden, die dem Körper zugefügt werden.«
»Fast richtig, Chester. Schmerzen beruhen auf der Angst vor diesen Schäden.«
Kuve ging an das Regal und kam mit einem kleinen Metallgegenstand zurück.
»Das ist ein Rasierapparat, der früher benutzt wurde. Die scharfe Klinge wurde über die Haut gezogen und entfernte so die Haare.«
»Ich bin froh, daß ich in moderneren Zeiten lebe.«
»Unter normalen Umständen waren damit leichte Schmerzen in der Größenordnung von nullkommazwei Agon verbunden. Daraus konnten aber leicht nullkommafünf Agon werden, was einer Verbrennung zweiten Grades entspricht.«
»Wirklich erstaunlich, was die Leute früher ausgehalten haben«, meinte Chester.
»Tun deine Füße weh, Chester?«
»Nein, warum auch?«
»Sie weisen Verformungen auf, die von ungeeignetem Schuhwerk stammen.«
»Nun, die eleganten Schuhe sind eben ...«
»Bis es dazu kommen konnte, mußt du jahrelang nullkommafünf Agon ausgehalten haben. Und trotzdem hast du wahrscheinlich nur selten etwas davon gemerkt.«
»Warum auch? Schließlich konnte ich nichts dagegen tun.«
»Genau. Schmerzen müssen nicht sein; man kann sie durch eine bewußte Anstrengung ignorieren.«
Mina war mit ihrer Arbeit fertig, lächelte Chester strahlend an und verschwand.
»Komm, wir gehen in die Turnhalle.« Kuve ging voraus, bis sie die Halle erreicht hatten, die mit allen erdenklichen Geräten ausgestattet war. Dann wandte er sich wieder an Chester. »Was ist Angst?«
»Das ... äh ... das Gefühl, das man in gefährlichen Situationen hat.«
»Das Gefühl kommt aber nur dann auf, wenn man selbst Zweifel daran hat, eine Lage meistern zu können.«
»Da bin ich anderer Meinung, Kuve. Wenn hier plötzlich ein Bengaltiger auftauchen würde, hätte ich Angst, obwohl ich genau wüßte, daß ich der Situation nicht gewachsen wäre.«
»Sieh dich um; was würdest du tun, wenn ein Raubtier hereinkäme?«
»Fortlaufen.«
»In welche Richtung?«
Chester sah sich um. »Es hätte wenig Sinn, in den Korridor zu rennen; dort sind keine Türen, die das Tier aufhalten würden. Wahrscheinlich würde ich an dem Seil hinaufklettern.« Er wies auf das fünfzehn Meter lange Klettertau, das von der Decke herabhing.
»Ausgezeichnet.«
»Aber ich bezweifle, daß ich hinaufkäme.«
»Dann kennst du deine eigenen Fähigkeiten nicht gut genug.« Kuve lächelte. »Du kannst es aber ruhig versuchen, Chester.«
Chester ging an das Seil und betrachtete es mißtrauisch. Kuve sprach etwas in das Miniaturfunkgerät an seinem Handgelenk. Chester griff nach dem Seil, schlang die Beine darum und hangelte sich zwei Meter daran empor.
»Weiter ... komme ich ... bestimmt nicht«, keuchte er dann. Er rutschte nach unten.
Hinter ihm ertönte ein tiefes Knurren. Chester drehte sich entsetzt um und starrte den riesigen Löwen an, der mit funkelnden Augen näherkam. Chester stieß einen wilden Schrei aus, griff wieder nach dem Seil und kletterte daran empor. Als er die Decke der Turnhalle erreicht hatte, sah er vorsichtig nach unten. Kuve streichelte den Kopf des Löwen; das Tier gähnte und drückte sich gegen sein Bein.
»Siehst du? Du kannst doch mehr, als du dachtest!« rief Kuve.
»Wo kommt die Bestie her?« fragte Chester.
»Er ist völlig harmlos. Als du vorher von einem Tiger sprachst, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, ein lebensnahes Experiment durchzuführen.«
Chester rutschte langsam nach unten, behielt aber den Löwen im Auge. Kuve strich dem Tier über den Kopf und schickte es hinaus.
»Ich wollte dir nur beweisen, daß du nicht so unfähig bist, wie du selbst zu glauben scheinst. Wenn jetzt tatsächlich ein Tiger hereinkäme, würdest du ihn seelenruhig beobachten und nur im Notfall an dem Seil nach oben klettern.«
»Vielleicht – aber ich möchte es lieber nicht versuchen. Die Sache hat mich einige Haut gekostet.«
»Hast du etwas davon gemerkt – vorher, als du nach oben geklettert bist?«
»Dabei habe ich nur an den Löwen gedacht.«
»Reaktionen wie Angst und Schmerzen sollten
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