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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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sie zitterte. Irgendwo raschelten Papiere. Einer der Robots trat vor und sagte laut:
    »Das Gericht verkündet den Urteilsspruch.«
    Ritter Renaut, alt, faltig und von den Ringen des Lepranetzes bedeckt, sagte:
    »Ich bitte, Miß Greenborough und den Angeklagten hereinzubringen. Der Vater der jungen Menschen möchte sich bitte nach vorn bemühen und im dritten Sessel Platz nehmen.«
    Die Türen öffneten sich, Zeugin und Angeklagter erschienen und setzten sich. Ein breitgebauter, alter Mann kam langsam aus dem Auditorium nach vorn. Einer der Robots bemerkte den schweren Schritt, ging auf Abram zu und führte ihn zu seinem Platz. Wieder herrschte Stille. Nur die Kamera bewegte sich. Renaut sprach leise und deutlich:
    »Dieses oberste terranische Gericht hat gegen den Angeklagten, Randall Greenborough, zu verhandeln. Die Anklage lautete auf Mord an einem Raumpiloten, Beschädigung und Vernichtung von Imperiumseigentum, Verkehrsgefährdung, mutwilliges Unterbrechen der Sternenschiffahrt und anderes. Im Lauf des Verfahrens wurde darauf erkannt, daß es sich bei dem Delikt um Totschlag in Notwehr handelte, obwohl nach wie vor starker Verdacht auf Mord besteht. Jedoch sind sich Verteidigung und Anklage darüber klar, daß dieser Fall ein Präzedenzfall ist und eine außergewöhnlichgründliche Behandlung erfordert.«
    T’Glastonbury blickte Renaut an, wußte aber nicht, wie die Rede des Vorsitzenden enden würde. Der Ritter hustete schwer, faßte an seine Brust und zögerte, dann fuhr er fort:
    »Das Urteil ist gefällt worden. Ehe ich es verkünde, muß ich als Vertreter des Imperiums eine Erklärung abgeben.
    Diese Erklärung wird lange dauern und inhaltsreich sein, darum bitte ich um die gebührende Aufmerksamkeit. Lassen Sie mich ausholen.
    Seit den ersten Tagen des Sternenfluges kämpft der Homo sapiens gegen das All. Das All will ihn nicht, stößt ihn ab und vernichtet ihn schließlich. Der Raumpilot, der unentwegt durch den leeren Raum steuert, muß gezwungenermaßen sehr oft die Sterne ansehen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie dies an den Nerven zerrt. In den ersten Tagen der Sternenfliegerei – in denen ich flog – war es noch nicht klar zu erkennen. Seit über zweihundert Jahren erforschen wir den Raum; die Verluste an Männern und Schiffen waren sehr hoch. Erst seit einem Jahrhundert wissen wir genau, wo die Ursachen dieser Verluste liegen. Ich bitte, den Ausdruck »in den ersten Tagen« auch auf das erste Drittel des zweiten Jahrhunderts anwenden zu wollen, denn erst seit rund fünfzig Jahren sind die Verlustquoten geringer geworden.
    Man hielt die Massenverluste für die Folgen der Pioniertaten. Damals wie heute hatten die Verluste die gleichen Gründe. Wir kennen sie.
    Die Piloten werden nach einigen Jahren wahnsinnig. Die Krise bricht plötzlich und ohne jede Vorwarnung aus. Die Piloten vernichten das Schiff. Die Einschränkungen:
    Alles ging jahrelang gut. Die Männer werden gesucht, ausgesiebt, einer harten Schulung unterworfen. Sie fliegen zuerst im Systemdienst, und nichts passiert. Dann fliegen sie Frachtschiffe im Stellardienst – auch hier bleibt alles in Ordnung. Bis eines Tages, oft erst nach zehn oder mehr Jahren, die Krise ausbricht. Die Schiffe CATALUÑA und FLASH GORDON waren die bisher letzten Totalverluste.«
    Hinten im Saal erhob sich eine Hand. Renaut deutete matt auf einen Mann, der aufgestanden war, und sagte: »Bitte!«
    »Ich vertrete die terranische Presse, Euer Gnaden. Darf ich eine Frage stellen?«
    »Ausnahmsweise – ja.«
    »Das ist also schon seit rund einhundert Jahren bekannt, und wie ich annehmen möchte, gründlich erforscht worden. Ist das richtig?«
    »Ja«, erwiderte Renaut trocken.
    »Die gesamte Menschheit und die Menschen auf den verschiedenen Kolonien wären in Panik ausgebrochen. Die Sternenschiffahrt ist die einzige Möglichkeit, Handel zu treiben und Kontakte aufrechtzuerhalten. Wir dürften sie nicht abreißen lassen. Kein einziger Kolonist hätte sich gemeldet, kein Pilot wäre freiwillig in unser Korps eingetreten. Es wäre das Chaos gewesen. Wir schwiegen und versuchten alles, die Zustände zu ändern. Das ist es.«
    Der Pressevertreter setzte sich und schwieg bestürzt.
    Wieder peinigte ein Hustenanfall den alten Richter. Schon seit dem Prozeßbeginn schwebte das Schwert über ihm, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann es fallen würde; Renaut war todkrank. Nur der eherne Wille eines Raummannes hielt ihn aufrecht.
    »Wir versuchten es

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