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TTB 119: Computer der Unsterblichkeit

TTB 119: Computer der Unsterblichkeit

Titel: TTB 119: Computer der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Clifton , Frank Riley
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gingen, bis von irgendwo ein definitiver Befehl käme.
    Die Bühne war bereitet, und Bossy arbeitete diesmal zu aller Erleichterung mit. Auf jede Frage antwortete sie kurz und bündig: »Fortschritt zufriedenstellend.«
    Nachdem er sich bei Billings, Hoskins und Joe Ermutigung geholt hatte, beschloß Steve Flynn, die Katze aus dem Sack zu lassen. Alles deutete auf einen Erfolg des neuen Experiments hin. Die Szenerie des Hörsaals, genauso hergerichtet wie beim Versuch mit Billings, erschien auf Millionen von Fernsehschirmen.
    Langsam füllte sich das Amphitheater von neuem mit bekannten Gelehrten. Nur waren es diesmal nicht so viele.
    Um sechs Uhr, vier Stunden nach der Bekanntgabe und eine Stunde nach dem Beginn der Fernsehübertragung, begann sich das Publikum zu langweilen und unruhig zu werden. Carney lag im grellen Licht der Jupiterlampen auf dem Operationstisch, und seine einzigen Bewegungen waren sein rhythmisches Atmen, ein gelegentliches Zucken der Gesichtsmuskeln und das Spannen und Entspannen der Finger und Zehen. Es war nicht viel zu sehen. Der Unterhaltungswert eines alten, schlafenden Mannes war begrenzt.
    Eine Fernsehstation nach der anderen kehrte zu ihrem üblichen Unterhaltungsprogramm zurück, wo sich das Publikum in den alten und vertrauten Klischeesituationen zu Hause fühlen konnte, die seit undenklichen Zeiten seine kulturellen Bedürfnisse befriedigten. Jeder Sender versprach, in seinem zweiten Programm regelmäßige Einblendungen zu bringen, damit diejenigen, die Carneys Atemzüge zu verfolgen wünschten, durch einfaches Umschalten ihrer Geräte auf ihre Kosten kämen.
    Steve Hynns Stab leistete großartige Arbeit, indem er alle alten, abgedroschenen Geschichten brachte, die Carney des Publikums Sympathie und Liebe garantierte. Seine trostlose Kindheit in der Hafengegend des Embarcadero las sich wie ein Kapitel aus Lincolns Leben. Carney wurde ein wuschelköpfiger kleiner Kerl, der im Licht der Straßenlaternen seine Schulaufgaben machte und seine Spielkameraden über die moralischen Prinzipien belehrte, die das Stehlen von Äpfeln betraf. Seine Jugendjahre in Erziehungsheimen und Besserungsanstalten lieferten die Inspiration für eine Wiederholung Dickens’scher Sentimentalprosa. Seine Erwachsenenjahre wurden zu einer Suche nach Verständnis und Gerechtigkeit, Carney selbst zu einem unverstandenen Mann, der von der Gesellschaft herumgestoßen wurde, zu einem namenlosen Helden und Märtyrer des Alltags. Seit der Aufführung des Fernsehdramas »Camille« war das Publikum nicht mehr so zu Tränen gerührt gewesen.
    Während die Tage vergingen, unterrichtete Steve Flynns Büro das Publikum über Carneys späteres Leben. Die Freundschaft zwischen der alten Mable und dem alten Carney wurde eine große und noble Sache voll Pathos, ungetrübt von jeder Andeutung schwülstiger Leidenschaft. Mable hatte einfach einen Freund aus Kindheitstagen gerettet und ihm seine Selbstachtung wiedergegeben, indem sie ihn zum Verwalter ihres pittoresken kleinen Trödlerladens in der Dritten Straße gemacht hatte.
    Innerhalb einer Stunde war der Trödlerladen vollständig ausverkauft. Andenkenjäger zahlten jeden Preis für eine wenig gebrauchte Brechstange oder die Radkappe eines veralteten Wagentyps.
    Die Nation drückte die Asozialen an ihren mütterlichen Busen, und die in zugigen Toreinfahrten hockenden Wermutbrüder wurden zu Empfängern vieler guter Ratschläge und einiger Hilfe. Die Bewohner der feuchten Keller, der verwahrlosten Hinterhöfe, Dachböden und Asyle waren über ihren neuen Status stolz und zugleich ärgerlich. Diese neuen Wohltäter verursachten den Männern Unbehagen. Aber sie ertrugen es in der gleichen passiven Art und Weise, wie sie die entrüsteten Forderungen einer Gesellschaft ertragen hatten, in der sie sich noch nie zurechtgefunden hatten.
    Und sie wußten, daß dieser Taumel des guten Willens nach spätestens zwei Wochen so vergangen und vergessen sein würde wie ein abgenadelter Christbaum am zehnten Januar.
    Tatsächlich begann die Kamelie des Mitleids an den Rändern bereits braun zu werden.
    »Warum?« murrten viele der angeseheneren Mitglieder der Gesellschaft. »Warum hat Bossy nur bei den verrufensten Gestalten Erfolg, beim letzten Abschaum der Menschheit? Welche krankhaften Gehirne haben den Apparat so ausgestattet, daß er nur dem Bodensatz der Gesellschaft Unsterblichkeit gewährt?«
    Gewohnt, von Spielautomaten bis hin zu Philosophielehrstühlen alles so zurechtzubasteln

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