Tu dir weh
vorsichtig.
»Aber es war wirklich beschissen von ihm«, sagt Alberto, »dir nichts zu sagen.«
Du bist kein bisschen besser.
»Ich halte dich für eine coole Frau«, fährt er fort, »und das sage ich nicht, weil du so gut aussiehst, ich rede davon, wie du dich verhältst, was du denkst, ich kenne dich nicht so genau, aber du wirkst auf mich wie eine, die weiß, was sie tut. Ich möchte – das meine ich ernst –, dass wir uns öfter sehen, versteh mich bitte nicht falsch, wir können auch einfach ein bisschen am Strand rumhängen wie jetzt.«
Und ich möchte, dass du in diesem Augenblick zerplatzt.
»Ich finde dich auch nett«, antwortet sie.
»Hör zu, hast du Lust, etwas auszuprobieren? Einfach so, aus Spaß?«
Stella starrt Alberto mit fragendem Blick an.
»Wenn wir jetzt den anderen begegnen, lass uns ihnen einen Streich spielen: Wir tun so, als ob wir zusammen sind. Wenn das Gerücht Marco erreicht, wird er ausrasten vor Eifersucht.«
Geistiges Alter: 12 Jahre.
»Ok, ich bin dabei.«
Eine barfüßige junge Frau mit pinkfarbenen Haaren stürmt auf Alberto zu. Als sie näher kommt, erkennt Stella die Charakteristiken wieder – magersüchtig, groß, leicht gebeugt, dunkle Augen, eine Flasche Rotwein in der Hand: Tina.
Die Schlampe.
Tina umarmt Alberto und ruft irgendetwas Unverständliches.Dann starrt sie Stella an, als ob sie sie nicht wiedererkannt hätte, zieht die Augenbrauen hoch und sagt:
»Stella? Was machst du denn hier?«
Mr. Dreadlock legt Stella den Arm um die Schultern. Sie lächelt, Albertos Vorschlag beginnt, ihr allmählich zu gefallen.
»Ich bin mit ihm verabredet«, sagt sie mit weicher, süßlicher Stimme und deutet mit den Augen auf Alberto.
Tja, Tina, ich weiß, dass ihr mal was hattet und dass du nun richtig eifersüchtig bist.
Stella lächelt, schnappt sich die Weinflasche, die Tina Alberto gereicht hat, und trinkt sie bis auf den letzten Tropfen aus. Tina steht wie versteinert da, sprachlos. Alberto und Stella umarmen einander und steuern Arm in Arm auf das Lagerfeuer zu.
Viele von denen, die dort sitzen, kennt sie inzwischen: Der Checker, Engelchen, Daffy Duck, alle, nur Marco fehlt.
Das einzige Arschloch, das nicht eingeladen wurde.
Stella begrüßt alle, reißt Witze, immer ein falsches Lächeln auf den Lippen. Eine Flasche folgt auf die andere, Alberto und Stella besaufen sich wie Teenager, nach einer Weile setzen sie sich etwas ab, gehen näher zum Geräusch der Wellen, setzen sich in den Sand, die Gesichter nur vom Mondlicht und dem Lagerfeuer erleuchtet.
»Warst du schon mal in Indien?«, fragt er, und seine Weinfahne weht zu ihr herüber.
Wenn du aufhörst, meine Sinne mit deiner Jauchegrube zu betäuben, antworte ich dir vielleicht.
»Noch nie, soll aber geil sein.«
»Es gibt dort einen Ort, wo die Party niemals aufhört: ein Strand bei Goa.«
Sollte ich je nach Indien fahren, mein lieber Junkie, dann nicht, um mich zuzuballern, sondern um mich selbst zu entdecken.
»In Indien gibt es bestimmt alles Mögliche, aber glaube nicht, da sei alles Friede, Freude, Eierkuchen. Den Leuten geht’s schlecht, es gibt viel Armut, Dreck, oberirdische Abwasserkanäle, die Leute krepieren auf der Straße vor deinen Augen.«
»Ich weiß«, antwortet Alberto. »Aber außerdem werden dort die geilsten Partys der Welt gefeiert. Komm, lass uns nach Indien fahren!«
Na klar, was sonst, mit dir würde ich echt gern nach Indien fahren.
Stella muss lachen und bekommt sich nicht mehr ein, sie rollt sich im Sand vor Lachen. Alberto scheint total glücklich darüber, dass sie so viel Spaß mit ihm hat, und sagt dann, er sei müde.
Der Moment der Wahrheit steht bevor.
Sie nickt. Sie stehen auf, werfen den anderen ein flüchtiges »Tschüss!« zu und entfernen sich, Arm in Arm und besoffen. Als sie außer Sichtweite der anderen sind, löst Stella die Umarmung. Er sagt nichts dazu, sie gehen über Sand, dann über Asphalt. Er redet weiter über Indien und andere Reisepläne. Sie tut so, als ob sie zuhören würde, aber ihr Kopf ist woanders.
Lory und ich haben etwas gemeinsam.
Als sie zu Hause bei Alberto ankommen, übermannt Stella auf einmal all die Kälte, die sie am Strand die ganze Zeit über ausgeblendet hatte. Ihr Mund ist verklebt von Wein und Ketamin.
Ich würde mir am liebsten die Kugel geben.
Alberto öffnet die Tür, die Wohnzimmer und Schlafzimmer trennt. »Komm, hier lang.«
Und jetzt bietet er mir an, in einem Karton zu schlafen.
Stella folgt ihm. Drüben,
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