Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
nicht nachvollziehen, was so entspannend daran ist, ein Modellsegelboot in einem See herumfahren zu lassen und darauf zu hoffen, dass die Fernbedienung auch funktioniert, aber wie heißt es so schön? Jedem Tierchen sein Pläsierchen.“
„ Was war, als Sie den Elfrather See erreichten?“, wollte Berringer wissen. Er hatte keine Lust mehr, sich von Frau Gerath langwierig ihr Gefühlsleben auseinanderlegen zu lassen. Es ging um einen einzigen Punkt: Wer hatte Frank Severin mit einem Schlag die Kehle eingedrückt und ihn damit getötet.
Regina Gerath atmete tief durch. Nervös rieb sie sich mit den Fingern der linken Hand das Kinn und strich sich dann eine verirrte Haarsträhne aus den Augen. „Unser Telefongespräch wurde unterbrochen“, erklärte sie schließlich. „Ich dachte zunächst, dass ein Funkloch dafür verantwortlich wäre, aber andererseits … Wir leben hier ja nicht in der Wildnis, und Berge gibt’s hier auch nicht. Jedenfalls keine erwähnenswerten oder solche, die den Handyempfang behindern. Als ich dann zum Elfrather See kam, sah ich ihn nirgends. Nur sein Modellboot steckte irgendwo im Schilf fest. Da schwante mir schon Übles. Ich sah zu, dass ich wegkam.“
„ Die Polizei haben Sie nicht verständigt“, stellte Berringer fest.
„ Nein“, flüsterte sie. „Ich war völlig durcheinander, verstehen Sie?“
„ Ich hoffe für Sie, dass die Kripo das versteht“, erwiderte Berringer hart. Er wandte sich wieder an Peter Gerath. „Sie werden übrigens auch noch einiges durchzustehen haben.“
„ Ich? Wieso?“
„ Weil Kommissar Dietrich annimmt – annehmen muss! –, dass Sie vielleicht schon früher etwas von dem Verhältnis Ihrer Frau zu Severin ahnten und dementsprechend gehandelt haben.“
„ Aber wenn ich Ihre Ausführungen richtig verstehe, habe ich doch ein perfektes Alibi“, meinte er. „Sie haben zur Tatzeit mit mir gesprochen.“
„ Sie könnten jemanden beauftragt haben. Vielleicht die Schläger, die Severin schon mal in die Mangel genommen haben und jetzt einfach etwas zu fest hingelangt haben.“
„ Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich, Berringer?“, fragte Peter Gerath ärgerlich. „Sie behaupten hier Dinge, die …“
„ Ich stehe immer auf der Seite des Klienten“, beharrte Berringer. „Deshalb bereite ich Sie auf das vor, womit Sie sich in Kürze konfrontiert sehen werden.“
„ Ich werde meine Sachen packen und erst mal woanders unterkommen“, kündigte Regina Gerath an. Sie hob das Kinn und fuhr an die Adresse ihres Mannes fort: „Ich denke, damit tue ich auch dir einen Gefallen. Dann musst du nicht mehr in einem Haus mit einer Person leben, von der du annimmst, dass sie dich umbringen will.“
„ Damit sollten Sie warten, bis die Polizei hier war“, mischte sich Berringer ein. „Alles andere würde so aussehen, als wollen Sie sich den Ermittlungen entziehen.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen.“
„ Wo wirst du unterkommen, Regina?“, fragte Peter Gerath.
„ Wer weiß? Vielleicht trete ich ja dieser Sekte bei, von der Maja so begeistert ist. Da gibt es zwar keinen persönlichen Besitz, aber man bekommt immerhin was zu essen.“ Sie verzog das Gesicht und bleckte ihre perfekten weißen Zähne wie ein fauchendes Raubtier. „Irgendeines meiner Kinder wird mich schon aufnehmen. Oder ich ziehe in ein Hotel. Du musst es bezahlen, denn geschieden sind wir ja noch nicht.“
„ Im Fall einer Scheidung würde sie nur eine Abfindung bekommen“ sagte Peter Gerath zu Berringer. „Herr Berringer, ich will, dass Sie alles aufklären - ohne Rücksicht auf die Familie, auf die Firma oder sonst wen!“
„ Schön, dass du die Familie mal zuerst erwähnst!“, versetzte Regina ihrem Mann noch einen verbalen Kinnhaken. „Jetzt, da sie in Trümmern vor dir liegt, fällt dir ein, wie wichtig sie ist! Reizend, dieser Familiensinn, den du da entwickelst! Wirklich reizend!“
Berringers Blick glitt hinaus durch die breite Glasfront. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah er erneut den Golf. Vom Fahrer war nur der Schatten zu sehen. Das Kennzeichen war aus Düsseldorf und fiel allein deswegen schon auf.
Plötzlich erinnerte sich Berringer an die Beschreibung, die Petra Rahmeier, die Besitzerin des Rahmeier-Hofs, von dem mysteriösen Gast namens Meyer abgegeben hatte. Wie hatte der Golffahrer noch mal ausgesehen? Er grübelte darüber nach, kramte in seinem Gedächtnis, aber es kamen nur verschwommene Bilder zutage, und dabei war
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