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Tür ins Dunkel

Tür ins Dunkel

Titel: Tür ins Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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politische Diskussionen anzuhören. Was ihn am meisten interessierte, waren Morde. Morde und Mörder. Manche Menschen waren zu unvorstellbaren Brutalitäten imstande, und diese Menschen faszinierten ihn. Nicht jene Mörder, die offenkundig verrückt waren. Auch nicht jene, die in blinder Rage töteten, nachdem sie provoziert worden waren. Aber die anderen. Es gab Männer, die ihre Ehefrauen kaltblütig umbrachten, einfach weil sie ihrer überdrüssig waren. Es gab Mütter, die ihre Kinder umbrachten, weil sie keine Verantwortung mehr tragen wollten, und die keinerlei Schuldgefühle hatten. Verdammt, es gab sogar Menschen, die bereit waren, aus völlig trivialen Motiven heraus zu morden, etwa weil jemand ihnen die Vorfahrt im Straßenverkehr genommen hatte; es waren Menschen, die sich über alle Moralgesetze hinwegsetzten, und die Beschäftigung mit dieser Art von Mördern und ihren geistigen und psychischen Verirrungen und Abartigkeiten wurde Dan nie langweilig. Er wollte sie verstehen. Waren sie einfach geisteskrank oder brach bei ihnen ein Atavismus durch? Waren nur bestimmte Menschen zu kaltblütigem Mord fähig? Und wenn ja, wenn es sich tatsächlich um reißende Wölfe in einer Schafherde handelte, so wollte er wissen, was sie von den Schafen unterschied. Was fehlte ihnen? Warum waren Einfühlungsvermögen und Mitleid für diese Menschen Fremdwörter?
    Er konnte sich selbst nicht erklären, woher diese intellektuelle Faszination stammte. Er war seiner eigenen Einschätzung nach kein Typ, der zum Grübeln und Philosophieren neigte. Aber vielleicht kam man zwangsläufig ins Philosophieren, wenn man tagtäglich mit Blut, Tod und Gewalt zu tun hatte. Vielleicht verbrachten auch die meisten anderen Kriminalbeamten viel Zeit damit, über die dunkle Seite des menschlichen Charakters nachzudenken; vielleicht war er nicht der einzige. Er wußte es einfach nicht, denn über solche Themen wurde im Kollegenkreis nicht gesprochen. In seinem speziellen Fall hing das Bedürfnis, Mörder zu verstehen, möglicherweise aber auch damit zusammen, daß sowohl sein Bruder als auch seine Schwester ermordet worden waren.
    Luther Williams blieb vor seinem Mikroskop sitzen und sagte lächelnd: »Hör zu, Danny, nächste Woche findet eine wirklich umwerfende politische Debatte zwischen Milton Friedman und Galbraith...«
    Dan fiel ihm ungeduldig ins Wort. »Tut mir leid, Luther, aber ich habe heute keine Zeit zum Plaudern. Ich brauche ein paar Informationen, und zwar möglichst schnell.«
    »Warum hast du es denn so eilig?«
    »Äh... ich muß dringend pinkeln.«
    Luther warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Hör  mal, Danny, ich weiß, daß Politik dich langweilt, aber...«
    »Nein, darum geht es nicht«, sagte Dan mit treuherziger Miene. »Ich muß wirklich ganz dringend aufs Klo.« Luther seufzte. »Eines Tages wird hierzulande ein totalitäres Regime an die Macht kommen und Gesetze erlassen, denen zufolge du ohne schriftliche Genehmigung nicht pinkeln darfst. Und wenn dann deine Blase fast am Platzen ist, wirst du zu mir kommen und sagen: >Luther, mein Gott, warum hast du mich nicht vor diesen Leuten gewarnt?«
    »Nein, nein. Ich verspreche dir, mich irgendwo zu verkriechen und meine Blase in aller Stille platzen zu lassen. Ich verspreche, daß ich dich nicht belästigen werde.«
    »Ja, weil du lieber deine Blase platzen lassen würdest, als dir von mir anhören zu müssen, daß du an deiner mißlichen Lage selbst schuld bist.« Dan setzte sich auf einen Hocker, Luther genau gegenüber. »Okay. Bitte enthalten Sie mir Ihre verblüffenden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht länger vor, Dr. Williams. Ihr habt letzte Nacht drei neue Kunden reinbekommen: McCaffrey, Hoffritz und Cooper.«
    »Die Autopsie steht für heute abend auf dem Programm.«
    »Du hast sie dir noch nicht vorgenommen?«
    »Wir sind im Rückstand, Danny. Die Kerle werden schneller umgebracht, als wir sie aufschneiden können.«
    »Hört sich nach einem Verstoß gegen die Prinzipien der freien Marktwirtschaft an«, kommentierte Dan. »Häh?«
    »Ihr habt wesentlich mehr Angebot als Nachfrage.«
    »Verarsch mich nicht! Willst du dich selbst im Kühlraum davon überzeugen, daß die Leichen auf den Tischen übereinandergestapelt sind? Verdammt, bald werden wir sie zwischen Eisblöcken in Schränken verstauen müssen.«
    »Hast du wenigstens mal einen Blick auf die drei geworren, die mich interessieren?«
    »Na klar.«
    »Kannst du mir irgend etwas über sie

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