Tür ins Dunkel
Sofa waren französische Antiquitäten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, mit teuren cremefarbenen Bezügen und handgeschnitzten Beinen und Lehnen. Zwei Bronzelampen hatten Schirme aus zarten Kristalltropfen. Besonders ausgefallen war der große Tisch aus Bronze und Zinn mit geschwungenen Seitenflächen und Beinen; die Platte bestand aus einer handgetriebenen orientalischen Szenerie. Die kunstvoll gerahmten Landschaftsgemälde an den Wänden mußten Werke eines Meisters sein. Eine Ecketagere enthielt eine Sammlung von Kristallgegenständen - Figuren, Schalen, Vasen -, ein Stück schöner als das andere. Die Einrichtung dieses einen Zimmers mußte mehr gekostet haben als das ganze bescheidene Haus. Kein Zweifel, Ned Rink hatte als professioneller Killer ausgezeichnet verdient. Und er hatte sein Geld sehr schlau angelegt. Wenn er sich ein großes Haus in einer vornehmen Gegend gekauft hätte, wäre das Finanzamt möglicherweise auf ihn aufmerksam geworden und hätte unangenehme Fragen gestellt; so aber hatte er nach außen hin den Anschein erweckt, als lebte er in bescheidenen Verhältnissen, während er in Wirklichkeit ein fürstliches Dasein führte. Dan versuchte, sich Rink in diesem Raum vorzustellen. Der Mann war ausgesprochen häßlich gewesen; sein Wunsch, sich mit Schönen Dingen zu umgeben, war verständlich, aber er mußte in dieser prächtigen Umgebung ausgesehen haben wie eine Küchenschabe auf einem Geburtstagskuchen. Dan stellte fest, daß es im Wohnzimmer keine Spiegel gab, und auch im Vorraum war keiner gewesen. Vermutlich würde man im ganzen Haus nur einen im Bad finden. Fasziniert begab sich Dan in den hinteren Teil des Hauses. Er wollte wissen, ob alle Räume so prunkvoll eingerichtet waren. Als er über die Schwelle des Zimmers trat, in dem eine Lampe brannte, kam ihm die Idee, daß vielleicht Wexlersh und Manuello doch nicht vergessen hatten, das Licht auszuschalten, sondern daß jemand sich unbefugt im Haus aufhielt, obwohl Padrakis den Vordereingang beobachtete. Gleichzeitig sah er aus dem Augenwinkel, daß sich etwas bewegte, aber es war schon zu spät. Während er sich umdrehte, traf ihn der Kolben einer Pistole mit voller Wucht an der Stirn. Er fiel zu Boden. Die Deckenlampe ging aus. Er hatte das Gefühl, als wäre sein Schädel halb eingeschlagen, aber er verlor nicht das Bewußtsein.
Ein leises Geräusch veranlaßte ihn, mühsam den Kopf zu heben. Sein Angreifer wollte sich an ihm vorbei zur Tür schleichen. Dan konnte nur eine undeutliche Silhouette erkennen, da sein Blick stark getrübt war. Diese verschwommene Gestalt schien auch noch auf und ab zu hüpfen und sich gleichzeitig wie ein Karussellpferd im Kreis zu bewegen. Dan begriff, daß er einer Ohnmacht nahe war. Trotzdem warf er sich nach vorne und griff nach dem fliehenden Phantom. Der Schmerz in seinem Kopf schoß in Schultern und Rücken, aber er packte den Mann am Hosenbein und riß mit aller Kraft daran.
Der Unbekannte stolperte, stieß gegen den Türrahmen und rief: »Scheiße!« Dan hielt ihn fest. Fluchend kickte der Mann ihn in die Schulter. Dan umklammerte das Bein des Einbrechers jetzt mit beiden Händen und versuchte ihn zu Boden zu reißen, aber der Kerl hielt sich am Türrahmen fest und versuchte, Dan abzuschütteln, der sich vorkam wie ein Hund, der einen Briefträger angreift. Der Kerl trat wieder nach ihm und traf ihn diesmal am rechten Arm. Dans rechte Hand wurde taub und glitt vom Bein des Eindringlings ab.
Er sah alles noch verschwommener als zuvor, und das Licht im Gang schien immer trüber zu werden. Er biß die Zähne zusammen und kämpfte unter Aufbietung aller Willenskraft gegen die nahende Bewußtlosigkeit an. Der Unbekannte bückte sich und schlug erneut mit dem Pistolenkolben zu, auf Dans Schulter und Rücken. Mit brennenden Augen riß Dan die linke Hand hoch und wollte den Kerl an der Gurgel packen. Statt dessen erwischte er ein Ohr und riß daran. Der Bursche heulte vor Schmerz auf. Dans Hand rutschte von dem blutigen Ohr ab, aber er konnte seine Finger in den Hemdkragen des Mannes krallen und ließ auch nicht los, als dieser auf seinen Arm einschlug. Das Taubheitsgefühl war aus seinem rechten Arm gewichen, und er stieß sich mit der rechten Hand vom Boden ab, bekam einen Fuß auf den Boden, stemmte sich hoch und drängte seinen Angreifer auf den Gang hinaus, wo sie ineinandergekeilt einige taumelnde Schritte machten, bevor sie zu Boden krachten. Dan lag über dem anderen, aber er konnte noch immer
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