Tür ins Dunkel
nicht erkennen, wie sein Gegner aussah, weil ihm nach wie vor alles vor den Augen verschwamm. Es gelang ihm, seine Pistole aus dem Halfter zu ziehen, aber der Kerl schlug sie ihm aus der Hand. Miteinander ringend, rollten sie auf die Wand zu; Dan versuchte vergeblich, sein Knie in den Unterleib seines Gegners zu rammen; statt dessen wurde er selbst von einem Fußtritt an seinem verletzten Knie getroffen. Der Schmerz raubte ihm den Atem und drehte ihm fast den Magen um. Dieses Knie war sein wunder Punkt, kaum weniger empfindlich als die Hoden. Um ein Haar hätte er seinen Gegner losgelassen. Aber eben nur um ein Haar. Der Kerl kletterte über ihn hinweg und kroch auf die Küche zu, aber Dan hielt ihn am Jackett fest und wurde von ihm halb mitgezogen, halb kroch er selbst. Es hätte eine komische Situation sein können, wenn nicht beide verletzt gewesen wären und wie Rennpferde geschnaubt hätten -und wenn es nicht tödlicher Ernst gewesen wäre.
Dan warf sich mit letzter Kraft vorwärts und wollte den Unbekannten am Boden festnageln. Doch dieser hatte ebenfalls beschlossen, daß Angriff die beste Verteidigung war; fluchend und mit den Armen wie mit Dreschflegeln um sich schlagend, stürzte er sich auf Dan, und wieder wälzten sich beide auf dem Gang, bis der Einbrecher die Oberhand gewann.
Etwas Hartes und Kaltes stieß gegen Dans Zähne. Er wußte, was es war. Die Mündung einer Pistole. »Schluß jetzt mit dem Unsinn!« zischte der Kerl. Dan brachte mühsam zwischen den Zähnen hervor: »Wenn du mich hättest kaltmachen wollen, hättest du's schon längst getan.«
»Jede Glückssträhne hat mal ein Ende«, knurrte der Unbekannte, der sich so wütend anhörte, als wäre er durchaus imstande, auf den Abzug zu drücken. Dan blinzelte verzweifelt, und sein verschwommener Blick klärte sich soweit, daß er die Pistole dicht vor seinem Gesicht erkennen konnte. Und er sah, daß das linke Ohr seines Gegners eigenartig herabhing und blutete. Gleichzeitig wurde ihm klar, daß seine eigenen Wimpern blutverklebt waren und daß ihm eine Mischung aus Blut und Schweiß von der Stirn in die Augen rann und sein Sehvermögen beeinträchtigte. Er hörte auf zu kämpfen.
»Laß mich los... du... Bulldogge... du Bastard!« keuchte sein Angreifer, auf ihm kniend.
»Okay«, murmelte Dan und ließ ihn los. »Bist du wahnsinnig, Mann?«
»Okay.«
»Du hast mir das Ohr halb abgerissen, du Dreckschwein.«
»Okay.«
»Weißt du nicht, wann du klein beigeben mußt, du blödes Arschloch?«
»Jetzt?«
»Ja, jetzt!«
»Okay.« Der Unbekannte entfernte seine Pistole von Dans Zähnen, hielt sie aber weiter auf seinen Kopf gerichtet, während er sich taumelnd erhob. Jetzt konnte Dan ihn im Lampenlicht besser erken nen, aber das nützte ihm nicht viel, denn er hatte den Kerl noch nie im Leben gesehen. Der Bursche ging rückwärts auf die Küche zu, die Pistole in der rechten Hand. Mit der linken hielt er sein blutendes Ohr fest. Dan lag wehrlos auf dem Rücken, mit etwas angehobenem Kopf. Blut rann ihm in die Augen, und er hatte einen Blutgeschmack auf der Zunge. Am liebsten hätte er sich wider alle Vernunft auf seinen Gegner gestürzt, aber er beherrschte sich, wenn auch nur mühsam. Der Unbekannte erreichte die Küche, ging rückwärts durch die offene Hintertür aus dem Haus, zögerte einen Moment, drehte sich um und rannte davon. Dan kroch zu seiner Pistole, hob sie auf und kam mühsam auf die Beine. Der Schmerz in seinem verletzten Knie war jetzt so heftig, daß er aufschrie; trotzdem hinkte er in die Küche, doch als er die Hintertür erreichte und in die kühle Abendluft hinaustrat, war sein Angreifer verschwunden. Er wusch sich in Rinks Bad das Gesicht. Seine Stirn war blutig und geschwollen. Er konnte inzwischen wieder klar sehen.
Obwohl sein Kopf sich anfühlte, als wäre er als Schmiedehammer verwendet worden, war Dan sich ganz sicher, daß er keine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Im Arzneimittelschränkchen über dem Waschbecken fand er Gaze und stellte daraus eine Kompresse her. Er fand auch ein Desinfektionsspray und besprühte damit seine Stirn, bevor er die Kompresse mit der rechten Hand fest andrückte. Er hoffte, daß die Blutung aufgehört haben würde, wenn er das Haus verließ. Er kehrte in den Raum zurück, in dem er überfallen worden war, und schaltete das Licht ein. Es war ein Areitszimmer, genauso teuer eingerichtet wie das Wohnzimmer, wenn auch weniger elegant. In der Mitte einer Bücherwand
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