Türme Der Dämmerung
diese stürmische See wagen würden. Er zittert auf dem Sessel und verliert beinahe die Konzentration. Er muss der Greif helfen! Noch nie hat er versucht, die Stürme über eine so große Entfernung hinweg zu bündeln.
Er erinnert sich an Klerris’ Erklärungen über das Verfahren und sucht und sucht … bis er die Lücken zwischen den Winden findet. Zwar vermag er die genaue Entfernung nicht abzuschätzen, doch scheinen die Winde greifbar. Noch hat sich der Schoner der Greif nicht bedrohlich genähert. Creslin verschiebt die Winde ein wenig. Er hat das Gefühl, sie zu überreden.
Dann zieht er sich völlig erschöpft zurück. Sein Kopf ist leer. Kurz danach geht er in die Küche und findet ein Stück Käse. Er schneidet den Schimmel von einer Scheibe Schwarzbrot. Mehl ist rar, und bei der ständigen Feuchtigkeit schimmelt das Brot.
Er sieht die Veränderungen, die er und Klerris bewirkt haben. Doch ein behutsames Vorgehen erfordert viel Zeit. Die Nässe wird nicht über Nacht vergehen.
Wenigstens haben sich die Birnenäpfel erholt, auch die Gewürze wachsen viel versprechend, nur der schwarze Pfeffer nicht. Creslin isst noch einen Bissen Brot mit Käse.
»Ihr müsst sehr hungrig sein, Euer Gnaden, wenn Ihr das esst.« Aldonya steht mit einem Korb voller Fische auf der Schwelle. Auf ihrem Rücken schläft Lynnya.
»Manchmal ist die Arbeit mit dem Wetter sehr schwer, Aldonya.« Er blickt auf den Korb. »Heute Abend Fisch?«
»Es gibt fast nichts anderes, Euer Gnaden.«
»Tut mir leid.« Er isst weiter. Megaera behauptet, der Schimmel sei nicht schädlich, aber das Brot schmeckt widerlich. Doch wenigstens hat er Brot, die meisten auf Recluce haben es nicht.
»Seid Ihr zum Abendessen wieder da, Euer Gnaden?«
»Ja, doch jetzt entschuldige mich.« Er muss weiter mit den Winden arbeiten, wenn er die Greif vor dem Schoner aus Fairhaven retten will.
Er lächelt dem rothaarigen kleinen Mädchen zu, geht zurück ins Arbeitszimmer und blickt auf die wirbelnden Wolken im Norden.
Der weiße Schoner hat die Greif fast eingeholt. Schnell schiebt Creslin eine Windlücke zwischen die Schiffe. Befriedigt sieht er, wie der Schoner in einen Wirbel gerät, der das Meer aufwühlt, während die Greif das Kap vor dem Wind umrundet.
Klerris und Megaera hatten recht – wieder einmal. Wenn er doch vorausplanen und die Zeit für sich arbeiten lassen könnte. Seine Miene verfinstert sich. Der Erfolg mit der Greif lässt das Chaos vergessen, vor dem das Schiff flieht.
Wieder schickt er die Sinne nach Montgren, doch vermag er die dichte weiße Wolkenschicht über dem Land nicht zu durchdringen. Nur gelegentlich schießen Feuer, Krankheit und Angst wie Pfeile heraus. Vergren, Korweils Feste, brennt. Doch Creslin kann nicht sagen, ob es ein echtes oder ein magisches Feuer ist. Wahrscheinlich erübrigt sich die Frage auch.
Als er aufsteht, hat er grauenvolle Kopfschmerzen. Doch es sind nicht allein seine Schmerzen. Was mag Megaera entdeckt haben?
»Fühlt Ihr Euch wohl, Euer Gnaden?« fragt Aldonya.
»Nein, doch es wird vorübergehen.«
»Ihre Gnaden kommt herauf. Ich dachte, Ihr wolltet das wissen.«
Creslin geht auf die Terrasse. Im Augenblick regnet es nicht. Die Wolken liegen nur noch wie ein dünner Schleier über dem Land.
Er hört Hufschlag und geht in den Stall. Vola hebt den Kopf und wiehert zur Begrüßung. Megaera schwingt sich aus dem Sattel. Sie lächelt. Schnell schließt er sie in die Arme.
»Du musst mich loslassen, sonst übernehme ich keine Verantwortung für die Folgen.«
Creslin errötet. »Ich versorge Kasma.«
Er führt Kasma in den Stall und nimmt ihr Sattel und Zaumzeug ab. Als er im Stall fertig ist, geht er auf die Terrasse, wo Megaera auf ihn wartet. Sie sitzt auf der niedrigen Mauer.
»Nochmals danke«, sagt sie.
Er lächelt und setzt sich neben sie. »Was denkt Shierra?«
»Sie macht sich Sorgen, aber Lydya ist sicher, dass viele Birnenäpfelbäume den Regen überstanden haben, außerdem zeigt sich auf der Ebene bereits das erste Grün. In ein oder zwei Tagen können wir dort die Pferde weiden lassen.«
»Aber?«
»Es gibt noch immer nicht genügend Nahrung, um uns durch den Winter zu bringen.«
»Das mit Korweil tut mir leid.«
»Liebster, wir hätten nicht viel ändern können.«
Er drückt ihre Hand. »Hätte ich es nur früher gewusst.«
»So ist das Leben.« Sie streicht eine Strähne aus dem Gesicht.
»Die Greif ist auf dem Weg hierher. Wie Freigr das gelungen ist, weiß ich
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