Türme Der Dämmerung
überraschen.« Der Schwarze Magier blickt den Regenten nicht an. »Werden du oder Megaera Anspruch auf den Titel erheben?«
»Korweils? Ich gewiss nicht. Ich bin nicht einmal verwandt mit ihm, und mit Megaera habe ich darüber noch nicht gesprochen.«
»Du hast nicht …?« Klerris schüttelt den Kopf. »Manchmal verblüfft ihr beiden mich. Ihr teilt fast sämtliche Gedanken, doch die wichtigsten Angelegenheiten …«
»Wir haben nicht darüber gesprochen, weil wir wohl einer Meinung sind. Zumindest glaube ich das.«
»Das Offensichtliche als gegeben anzunehmen kann zu großen Schwierigkeiten führen.«
»In der Tat.« Creslin setzt sich aufs Geländer. »Ich möchte jedoch kein Marionettenherrscher über ein Herzogtum sein, das von Fairhaven geschluckt wurde.«
»Es würde deinen Anspruch auf Recluce untermauern.«
Creslin schnaubt verächtlich. »Genug, es wird nicht dazu kommen.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Wer könnte euch beiden die Regentschaft streitig machen?«
»Genug geredet über unwichtige Titel. Ich habe dich wegen meiner Schwierigkeiten zu singen um Rat gefragt. Warum sagtest du, es würde dich nicht überraschen?«
»Meiner Meinung nach bist du aus dem Gleichgewicht geraten. Du hast Ordnung zu kreativ eingesetzt und planst wahrscheinlich noch Schlimmeres.«
»Schlimmeres?«
»Du hast doch soeben erklärt, nicht genug Gold zu besitzen. Weder aus Montgren noch aus Westwind kannst du mit Hilfe rechnen, und Ryessa kommt ebenso wenig in Betracht. Was willst du tun?«
»Nichts … jedenfalls nicht jetzt.«
»Creslin, selbst du kannst dem Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos nicht für immer entkommen. So oder so wirst du bezahlen müssen. Die Tatsache, dass du Schwierigkeiten mit dem Singen hast, beweist, dass etwas nicht stimmt.«
»Was soll ich tun? Alle ordnungsgemäß verhungern lassen?«
»Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich nicht über sämtliche Antworten verfüge. Du hast mich gefragt, woher die Schwierigkeit kommen könnte. Ich habe es dir erklärt. Doch dir behagt diese Antwort nicht.« Klerris blickt Creslin tief in die Augen.
»Es ist keine angenehme Antwort. Du sagst, ich müsse zwischen Ordnung und dem Hungertod der Menschen hier wählen.«
»Ich habe nichts dergleichen gesagt. Ich habe dir lediglich erklärt, dass du Ordnung zu gefährlich benutzt hast. Auch die Zahl der Seelen, die du mit deiner Klinge tötetest, verbessert deine Lage nicht gerade.« Klerris macht eine Pause. »Ich verstehe deine Verzweiflung. Sie ist der Grund, warum die Schwarzen nirgendwohin gehen können. Wir werden mit diesen Schwierigkeiten nicht fertig.«
Creslin springt auf. »Dunkelheit! Genau, was ich brauche! Jetzt, da ich es halbwegs geschafft habe, erklärst du mir, dass ich nichts tun kann. Wenn ich Ordnung benutze, mache ich der Gefahr den Hof. Wenn ich meine Klinge benutze, ist auch das gefährlich. Und wie soll ich uns aus dieser misslichen Lage herausbringen?«
»Vorzugsweise ohne weiteres Töten und ohne Gewalt«, erklärt der Schwarze Magier kurz und bündig. »Auch nicht gegen mich.«
»Tut mir leid.«
»Es tut dir nicht leid, Creslin. Du bist wütend auf mich, weil ich keine magischen Antworten habe. Doch es gibt keine.«
Creslin begreift, dass der Magier ihm die Wahrheit sagt, so, wie er sie sieht. Doch ihm dreht sich der Magen dabei um. »Eigentlich kam ich wegen des Wetters …«, sagt er schließlich.
»Ich glaube nicht, dass wir noch mehr tun müssen. Die letzten Berichtigungen der Nordwinde in mittlerer Höhe scheinen zu halten. Doch das weißt du besser als ich.«
»Sie halten.«
»Wir sollten am Ende des Sommers mehr Sonnentage haben.«
»Was ist mit …«
Obgleich sie danach nur noch über das Wetter reden, dreht sich Creslin weiterhin der Magen um, und er hat Kopfschmerzen, als er Klerris verlässt.
Beim Ritt zur Herberge, wo Megaera ihn erwartet, lässt er die Augen über Landende schweifen.
Die Feste ist dreimal größer als bei seiner Ankunft. Sämtliche leeren Hütten wurden repariert und sind jetzt bewohnt. Außerdem wurden mehrere größere Häuser gebaut, obgleich man das Holz dafür aus dem kleinen Fichtenwald holen musste, der sechs Meilen südlich liegt. Dadurch hat alles viel mehr Zeit erfordert als in Montgren.
An der Pier schaukelt die Morgenstern, endlich mit Segeln. Laut Freigr soll sie in den nächsten Tagen auslaufen. Die Greif ist bereits auf dem Weg nach Renklaar. Gössel hat behauptet, dort habe er Kunden für die Gewürze
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