Türme Der Dämmerung
wenn man alles auf einmal verkauft, sinken die Preise. Die Schiffe kommen jedoch nicht sehr oft. Deshalb blühen die Handelshäuser. Sie lagern Gewürze, Seide und Juwelen – und verkaufen stets nur kleine Mengen. So bleiben die Preise hoch. Nach dem Erlass der Weißen Magier nehmen nur ein paar Schmuggler unsere Ware ab, und deren Preise sind viel niedriger und würden nicht einmal unsere Kosten decken.«
»Soviel haben wir nicht verloren«, erklärt Creslin.
»Alle zwei Jahre geht eins von drei Schiffen unter.«
»Willst du damit sagen, dass wir zwar eine kurze Zeit lang mit den Schmugglern Handel treiben können, das aber die Kosten in die Höhe treiben würde?«
»Sehr in die Höhe. Denn dann müsst Ihr der Mannschaft einen Bonus zahlen. Ferner braucht Ihr Wachen an Bord. Ohne diese entern die Schmuggler das Schiff und nehmen sich alles.«
Creslin schüttelt den Kopf. »Die Weißen sind wahrlich gerissen. Bestrafen jeden, der unsere Ware annimmt. Das ist der Tod eines jeden ehrlichen Handels, und der Schmuggel geht ebenfalls zugrunde.«
»Das verstehe ich nicht. Seit Jahrhunderten gibt es Schmuggel«, wirft Megaera ein.
»Und was wird geschmuggelt, Euer Gnaden? Waffen, Drogen, Juwelen. Vielleicht auch Kunstgegenstände für einen Reichen in Austra, der nicht sehr wählerisch ist, Branntwein oder sonstige destillierte Produkte. Aber wir kaufen Waffen und besitzen keine Juwelen, von Kunst ganz zu schweigen.« Gössel hebt das Glas. »Also, wenn Ihr aus diesem grünen Saft oder Wein, oder was immer das für ein Zeug ist, Branntwein machen könntet, dann …« Er zuckt mit den Schultern. »Aber wir haben nicht viel, was Schmuggler wollen.«
»Verstehe«, murmelt Megaera nachdenklich.
»Lasst uns darüber nachdenken«, sagt Creslin und steht auf. Dann greift er nach seiner nicht mehr prallen Börse.
»Nein, Herr. Ich will das Gold nicht. Ihr habt mich zum Kapitän eines Schiffes gemacht, das ist mehr wert als Gold«, erwidert Gössel stolz.
»Gut, Gössel, wir werden etwas unternehmen und wissen deine Aufrichtigkeit und deine Warnungen zu schätzen«, erklärt Creslin.
Dann verlassen die Regenten die Kajüte. Gössel schenkt sich noch ein Glas ein und leert es auf einen Zug.
Auf Deck blickt Megaera Creslin an. »Warum bist du so zornig? Wir haben unsere Ernte und sogar etwas Wolle. Avalari stellt recht schöne Gläser her. Wenn wir sie jetzt noch einfärben, dürften sie sich in Suthya und vielleicht in Südkyphros verkaufen lassen. Dort kümmert man sich nur wenig um die Weißen.«
Creslin nickt. Zwei Seeleute grüßen achtungsvoll die Regenten.
»Gut, Megaera, ihr fertigt wunderschöne Glaswaren an, der Großteil der Gewürzernte ist uns sicher. Wir schicken sie nach Süden und erzielen die Hälfte ihres Wertes. Was hindert die Hamoraner daran, die Morgenstern zu kapern, wenn wir sie nach Osten schicken? Schließlich hat sie einst ihnen gehört.«
»Glaubst du, dass sie das tun?«
»Nein, ich weiß es nicht. Doch können wir uns das Risiko leisten? Solange wir kein Schiff verlieren, können wir uns noch eine Zeitlang halten.«
»Hat das, was Fiera gebracht hat, geholfen?« fragt Megaera.
Creslin lacht gequält. »Geholfen? Ohne ihre Truhen stünden wir am Rand des Abgrunds. Können wir aber mit weiteren Wundern rechnen? Und um welchen Preis?« Er schüttelt den Kopf. »In mancher Hinsicht ist Fiera gescheiter als Shierra.«
»Oh … warst du deshalb einmal in sie verliebt?« Megaera blickt durchs offene Fenster in den Schankraum, als sie zum Stall gehen, wo Vola und Kasma warten.
»Ist da jemand eifersüchtig? Zumindest hat sie einen scharfen Verstand, im Gegensatz zu diesem parfümierten Laffen Dreric.«
»Liebster, ich weiß, was du für Fiera empfunden hast. Wie konnte ich es nicht spüren … auf der Pier?«
Die Mischung aus Schmerz und Zorn lähmt seine Zunge mehr als die Kälte in Megaeras Worten. »Verzeih, aber es tut noch immer weh. Sie hat uns alles gegeben und … womit kann ich mich erkenntlich zeigen?«
»Du hast ihr etwas gegeben. Jeder auf der Pier sah den Schmerz um die verlorene Liebe auf deinem Gesicht. Das wird ihr mit der Zeit helfen.«
»Als ich sie sah, wurde mir klar, dass Westwind verloren war. Und sie hat klug und tapfer alles hergebracht, was möglich war«, verteidigt er sich.
»War Westwind tatsächlich dem Untergang geweiht?«
»Ja. Sie hatten nicht mehr genügend Geld für die Wintervorräte. Die Weißen haben auch die meisten Schafe getötet, und innerhalb
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