Türme Der Dämmerung
Hylin und Derrild treffen.
Doch seine Augen huschen zurück zum Kopfkissen, als er die Stiefel überzieht. Seine Gedanken kreisen um einen Spiegel, obgleich er nicht weiß, warum.
XXI
I m Gegensatz zu dem Eisregen und verhangenen Himmel des gestrigen Tages zieht der Morgen hell und klar herauf. Die Sonne wirft ihre Strahlen durch die einzige Lücke zwischen den östlichen Gipfeln der Westhörner, noch ehe in der Herberge die Hälfte der Gäste aufgestanden ist.
Im Stall mustert Creslin das Pferd. Es ist höher und schlanker als die Bergpferde der Garde von Westwind. Schließlich berührt er die Schulter des kastanienbraunen Wallachs, um das Tier an sich zu gewöhnen und zu beruhigen. Dann untersucht er Zaumzeug und Sattel.
»Ich weiß deinen Namen noch nicht … oder wie man dich nennen soll, falls der Name eine Schwierigkeit bedeutet.« Hylin beobachtet Creslin beim Satteln, ehe er selbst seinen jüngeren Grauen sattelt. »Derrild wird gleich da sein.«
»Ich werde bereit sein.« Creslin trägt das Schwert im Schulterharnisch, wie man es ihm beibrachte, auch wenn es den Menschen im Osten fremdländisch vorkommt. Nur bei zeremoniellen Anlässen trägt die Garde Schwertgurte. »Nenn mich Creslin.«
»Creslin …« Der Dünne lässt den Klang auf der Zunge zergehen. »Ohne den Bart und dein Silberhaar könnte man dich ohne weiteres für eines dieser Teufelsweiber der Garde halten.«
»Teufelsweiber?«
»Hast du von ihnen noch nichts gehört? Die Kriegerinnen auf dem Dach der Welt. Vor zwei Jahren haben sie Jerliall zerstört.«
»Jerliall?« Der Name ist Creslin nicht bekannt, aber es gibt so vieles, was er nicht weiß.
»Du hast tatsächlich keine Ahnung?«
Creslin schüttelt den Kopf.
»Hört mit dem Quatschen auf. Lasst uns aufbrechen.« Der Händler Derrild weist mit seinem muskulösen Arm in Richtung der offenen Stalltür.
»Hilf mir mal, Creslin«, sagt Hylin.
Creslin reicht Hylin die Packen mit den Waren, die Hylin auf den Maultieren verstaut. Der Händler führt das erste Maultier auf den Hof. Creslin und Hylin beladen das nächste, während Derrild Kisten und Säcke auf den Wagen lädt. »Verfluchte Kälte. Verdammt schlecht fürs Geschäft. Ich muss verrückt sein, als Händler herumzufahren.«
Creslin blickt erst zu dem Dicken, dann zu Hylin.
»Achte nicht auf ihn.« Hylin überprüft die Zügel. »Er führt oft Selbstgespräche, aber er ist vorsichtig. Er betrinkt sich nie und zahlt pünktlich. Das kann man nicht von vielen Händlern behaupten. Das Leben der Händler ist hart.«
»Als Wächter muss es noch härter sein.«
»Manchmal, aber er bezahlt uns, ganz gleich, ob er Geschäfte macht oder nicht.«
Creslin runzelt die Stirn. Ihm ist der Gedanke nicht gekommen, dass ein Händler auch Geld einbüßen kann. »Verdient er viel?«
»Weiß ich nicht. Aber er ist seit langem im Geschäft und besitzt in Jellico ein Haus mit Stall. Seinen Sohn nimmt er auf kürzere Strecken mit, nach Sligo im Norden oder nach Hydlen im Süden.«
Creslin nickt und reicht Hylin den letzten Packen. »Was ist mit dem Osten?«
»Ha … mit Handel ist da kein Geld zu machen. Kein großes Risiko. Selbst jemand wie Frosee legt sich nicht mit den Posten an der Straße der Magier an.« Der Dünne führt die beiden Maultiere aus dem Stall. »Für den Westen gilt das gleiche. Zwischen den Teufeln der Berge und der Tyrannin gibt es nicht viele Diebstähle. Jeder kann da ein Händler sein.«
»Sie halten sich nur für Händler«, meint Derrild mürrisch. »Da karrt einer Kohlköpfe fünfzehn Meilen weit, und schon ist er ein Händler. Pah!«
Creslin hält die Zügel des Grauen und des Kastanienbraunen. Sein Bündel hat er hinter den Sattel geschnallt, zwischen die beinahe leeren Satteltaschen, in denen sich wohl nur noch ein paar Getreidekuchen für das Pferd befinden.
»Los. Je früher wir aufbrechen, desto früher kann ich mich zu Haus am Kamin wärmen.« Derrild steigt auf den Kutschbock. Mit der rechten Hand berührt er den mit Leder umwickelten Griff einer Waffe.
Creslin schwingt sich in den Sattel. Hylin brummt nur vor sich hin.
»Wohin?« fragt Creslin.
»Du bist noch nicht dort gewesen?«
»Ich war nie weiter östlich als hier.«
Der Söldner zieht die Brauen unter der Kapuze seines fleckigen Lederumhangs hoch, sagt jedoch nichts.
Creslin reitet dicht hinter ihm. Das Gewicht des Schwertes an den Schulterriemen erinnert ihn daran, dass er jetzt eine Art Wächter ist, auf einem Pferd, das ihn viel
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