Türme Der Dämmerung
willst.«
Seine Augen tauchen tief in die grünen Seen ihres schmalen blassen Gesichtes mit den Sommersprossen.
»Da gibt es zum Beispiel das Gerücht, wonach der einzige männliche Nachkomme Westwinds nicht nur seine Braut zurückwies, die für ihre Schönheit weit und breit bekannte Sub-Tyrannin von Sarronnyn, sondern auch als gewöhnlicher Gefangener an der großen Ost-West-Straße arbeitete.« Die Frau schaut ihn ernst aus tiefgrünen Augen an.
Creslins Herz schlägt schneller.
»Und dann wagte es dieser undankbare Wicht, in einem Schneesturm der unvergleichlichen Garde von Westwind zu entfliehen. Doch fingen ihn die Weißen Magier ein, als er den Verstand verloren hatte. Danach entkam er in einem Unwetter und marschierte zu Fuß in die unüberschreitbaren Osthörner, ohne dem Erzmagier eine Chance zu geben, seinen Leichnam zu untersuchen.«
Creslin lacht. Er erkennt die raue Stimme wieder, die so gar nicht zu den Sommersprossen passt. Er ist nicht sicher, ob er aus Erleichterung oder aus Freude lacht, aber die Töne des Lachens sind golden, trotz des kalten Windes. »Gewonnen, meine Dame. Gewonnen.« Das Lachen vergeht ihm, denn das Glitzern in ihren Augen verrät keinerlei Belustigung. »Doch was willst du? Einen Mann, der weniger als ein ruinierter Erbe ist?
Einen Mann, der ganz Candar fliehen muss? Einen Mann, der alles nur durchschnittlich gut macht, abgesehen davon, dass er einem Unglück nach dem anderen zu entfliehen vermag? Und selbst das nicht immer.«
»Das reicht.« Sie beugt sich zu ihm. Ihr feuerrotes Haar glänzt über der blauen Reitjacke. »Ich schulde dir etwas.«
Die Worte passen nicht zur Haltung.
Peng! Creslin rührt sich nicht, als die weiße Wut ihn trifft, gefolgt von ihrer Hand gegen seine Wange.
Nur mit Mühe hält er sich im Zaum und ruft nicht die Winde, obwohl er mit den Zähnen knirscht. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du als Sub-Tyrannin von Sarronnyn dich berechtigt fühlst, andere Menschen zu misshandeln?«
»Sehr eindrucksvoll«, bemerkt sie spöttisch.
»Megaera«, sagt er langsam. »Das muss Wut bedeuten – oder sinnlose Vernichtung.«
»Hast du es noch immer nicht begriffen?«
»Was soll ich begreifen?« Seine Stimme ist kalt. »Dass man mich fast durch ganz Candar geschoben und gestoßen hat? Dass man mich getäuscht hat? Dass ich irgendein Magier bin, den alle lieber gehen als kommen sehen? Dass du irgendwie mit mir verbunden bist und denkst, dies sei meine Schuld? Dass du mich gesucht hast?«
»Wenigstens beginnst du zu denken.«
»Wenn man keine Wahl hat, hilft das jedoch nicht viel, Teuerste.«
Ihre Miene verfinstert sich.
»Megaera.« Er blickt zur Eskorte hinüber. »Auf dem Dach der Welt bin ich nicht willkommen. Ich bin nirgends willkommen, wo die Weißen Magier leben, und ich bezweifle, dass ich in Sarronnyn oder Suthya willkommen bin … besonders jetzt nicht.«
Ihre Augen ruhen auf ihm, ohne ihn zu sehen.
Creslins Kastanienbrauner wiehert plötzlich und bricht das Schweigen. Ein Schatten zieht über den Hügel, als eine Wolke die Sonne verdeckt. Er lacht rau. »So ist es. Du hast mich, und alle anderen wünschen sich, ich würde mich in Luft auflösen.«
»Niemand hat dich, und niemand wird dich je haben.«
»Aber du hast mich, Teuerste, ob du nun willst oder nicht.«
»Das siehst du falsch, Creslin.« Ihre Stimme klingt sanfter, als er es sich je hätte vorstellen können. »Du hast mich – ganz gleich, was ich tue – ebenso, wie ich dich habe.«
»Und das hasst du, so wie du mich hasst?«
»Ja.«
Er blickt zur Wolke hinauf. Ihre Stute schlägt mit dem Schweif nach einer Bremse.
»Was für ein Paar!« Sein Blick schweift zu den beiden Soldaten und zu den Schafen auf der Weide. »Lass uns zurückreiten.«
»Bist du müde?«
»Ja. Aber das dürfte dir wohl gleichgültig sein.«
»Was hast du gedacht?«
»Nichts, was helfen könnte.« Er steigt mühsam in den Sattel. Wieder sind seine Beine schwach. »Ich habe nur überlegt, was wir tun können.«
Die Eskorte folgt ihnen zurück nach Vergren.
LII
» D u verstehst es noch immer nicht!« Megaera zieht ein Bein in den ledernen Hosen unter sich und wendet das Gesicht nach Osten. Sie sitzt auf dem Wehrgang hinter den Zinnen.
Creslin blickt nach rechts, wo die glutrote Sonne hinter den Bergen im Westen versinkt, dann zu Megaera. Er spürt den Sturm, der in ihrem Innern tobt, und fragt sich, ob eine Antwort gefahrlos ist. »Das glaube ich nicht.«
Sie hebt die Arme, so
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