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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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dass die langen Ärmel zurückgleiten und die weißen Narben sichtbar sind. »Du hast sie zuvor schon gesehen. Leugne es nicht.«
    »Das tue ich gar nicht.« Er könnte die Narben heilen, doch wäre das sinnlos, solange die seelischen Narben darunter nicht abheilen.
    »Eisen, kaltes Eisen, immer … seit dem Tag, als ich aufhörte, ein kleines Mädchen zu sein. Weißt du, wie das ist? Nun?«
    »Nein.«
    »Und dann haben meine teure Schwester Ryessa und Dylyss das kalte Eisen gegen glühendes ausgetauscht. Dein Blut für meine Fesseln, und mein Leben ist mit deinem verbunden. Weißt du, wie sich das anfühlt, deine Fähigkeiten zu spüren, sich ihrer jedoch nie bedienen zu können? Zumindest nicht in vollem Maß. Nicht ohne Schmerzen.«
    Wessen Fähigkeiten konnte sie sich nicht bedienen? Seiner oder ihrer? »Sprich weiter.«
    »Du willst doch gewiss nicht noch mehr hören.«
    »Warum …?« Er blickt ihr in die Augen. »Bitte, sprich weiter.«
    »Nein.« Sie schaut beiseite. »Ich tue dir nicht den Gefallen, obwohl du eigentlich ganz nett bist, wenn auch langsam im Denken.«
    »In Ordnung«, stößt Creslin verärgert hervor. »Sag mir aber zumindest, warum du den Soldaten der Magier gezeigt hast, wo ich war. Das hat mich beinahe das Leben gekostet.«
    »Was?«
    »Du weißt genau, was ich meine. Du und dein verfluchter weißer Vogel, der genau über mir kreiste, bis der Magier mich sehen konnte.«
    »Hast du das so gesehen?« Megaera klingt überrascht.
    »Weißt du das denn nicht?«
    »Woher sollte ich das wissen?« Sie hebt wieder die Arme und zeigt Creslin die Narben. »Wie konnte ich das wissen? Wenn jeder Flug am Himmel mir Haut und Seele verbrannt hat? Wenn man tagelang die Sonne nur durch eiserne Gitterstangen sieht? Erst seit der letzten Jahreszeit konnte ich wirken, ohne mich zu verbrennen.«
    »Du hast wirklich keine Ahnung? Du hast den verdammten Vogel nicht gesehen, als du nach mir gegriffen hast?«
    »Selbstverständlich nicht, du Narr! Mir hat niemand etwas gesagt. Bist du stark genug, um deine Hände über einen glühenden Rost zu halten, um deine Unwetter herbeizurufen?«
    Hinter Megaera taucht ein Schatten auf. Florin. Der Führer der Garde des Herzogs nickt ihm stumm zu und lächelt ein wenig.
    »Verstehst du das denn nicht?« Megaera lässt nicht locker.
    »Was soll ich sagen? Wenn ich sage, dass ich es verstehe, behauptest du gewiss, dass dem nicht so ist. Gebe ich zu, dass ich es nicht verstehe, verdammst du mich. Aber niemand kann deine Qualen nachempfinden.« Creslin schluckt, aber die Worte haben sich zu lange in ihm aufgestaut. »Du hast doch darauf bestanden, dich in kaltes Eisen legen zu lassen. Du hattest die Wahl. Keine sehr große, aber du hattest eine. Es gab Zeiten, wo du hättest weggehen können, wie damals beim Festmahl. Welcher Wachposten hätte dich aufgehalten?« Die Worte kommen wie eine Sturzflut. »Du musstest dir nicht jeden winzigen Schritt erkämpfen. Du musstest dich nicht gegen die Garde von Westwind beweisen. Du musstest nicht zu Fuß im Winter die Westhörner überqueren. Dir haben die Weißen Magier nicht den Verstand geraubt und dir zweimal beinahe den Schädel gespalten. Ich habe nie eine Dummheit begangen, die dich in Gefahr brachte. Vielleicht hat deine Schwester das getan oder die Marschallin, doch nicht ich. Hör daher auf, all deine Sorgen mir aufzubürden, so als hätte ich sie verursacht.«
    Megaeras Mund steht offen. »Du … du begreifst immer noch nichts. Dein Verstand – falls du einen besitzt – ist so unzugänglich wie Westwind. Du wurdest zum Krieger ausgebildet. Wer hätte dich aufhalten können? Du bist einer der mächtigsten Sturm-Magier, die je geboren wurden. Wer könnte dich aufhalten? Die einzigen Fesseln, die du je getragen hast, sind die in deinem Kopf – und du trägst sie noch immer!« Hoch aufgerichtet steht sie vor ihm, und ihre Augen lodern stärker als der Sonnenuntergang.
    Welche Fesseln? fragt sich Creslin.
    »Ich hatte Fesseln, doch sie vermochten mich nicht zu halten«, fährt Megaera fort. »Du weißt nicht einmal, dass du Fesseln trägst. Licht, steh mir bei!« Rotes Feuer umspielt ihre Fingerspitzen und verlöscht sogleich wieder. Sie ist leichenblass geworden. »Sei verdammt! Sei verdammt!«
    Dann hört er nur noch ihre Schritte auf dem Wehrgang-Fesseln? Welche Fesseln? Hat Megaera sich nur etwas eingebildet?
    Er legt die Arme auf die warmen Steine. Megaera sagt die Wahrheit, so wie sie diese sieht, und das ist für ihn

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