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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Tunnels störten ihn – sie bedrängten ihn, kamen immer näher. Er wich in die Gangmitte zurück, stützte sich auf seine Knie und holte keuchend Luft. Nach einer Weile ging es ihm etwas besser, und er zwang sich, sich aufzurichten.
    »Was ist los?«, fragte Cal und musterte ihn besorgt durch die Glasscheibe in seiner Maske.
    »Nichts, alles in Ordnung«, erwiderte Will und suchte in seiner Tasche nach der Karte. Er wollte keine Schwäche zeigen, schon gar nicht gegenüber seinem Bruder. »Ich … ich muss nur mal unsere Position überprüfen.«
    Will hatte es auf sich genommen, sie durch die vielen Kurven und Abzweigungen zu manövrieren. Er wusste: Schon ein einziger Fehler konnte dazu führen, dass sie sich in diesem komplizierten Gewirr von Gängen hoffnungslos verirrten. Tams Worte fielen ihm wieder ein; er hatte das Tunnelsystem als »Labyrinth« bezeichnet und mit einem Bimsstein verglichen – voller unzähliger, miteinander verwobener Poren, die sich durch den Stein schlängeln. Damals hatte Will sich nicht viel dabei gedacht, doch jetzt wusste er genau, was sein Onkel gemeint hatte. Das schiere Ausmaß des Tunnelsystems nahm ihm den Atem, und obwohl sie gut vorwärtskamen, schätzte Will, dass noch ein ziemlich weiter Weg vor ihnen lag. Ihr Vorankommen wurde durch eine sanfte Neigung der Strecke zusätzlich begünstigt, was Will allerdings große Sorge bereitete: Er war sich nur allzu genau der Tatsache bewusst, dass jeder Meter, den sie nun hinabstiegen, irgendwann auch wieder aufwärtsgegangen werden musste, bevor sie die Erdoberfläche erreichten.
    Er schaute von der Karte zu den Wänden. Irgendwie erschienen sie ihm rosa getönt, vermutlich aufgrund von Eisenablagerungen – das erklärte auch, warum sein Kompass hier unten vollkommen nutzlos war. Die Nadel drehte sich schwankend im Kreis und verharrte nie lange genug an einer Stelle, um eine zuverlässige Ortsbestimmung zu ermöglichen.
    Als Will sich umsah, dachte er darüber nach, dass diese Tunnel durch Gase entstanden sein konnten, die unter irgendeinem verfestigten Gesteinspfropfen eingeschlossen waren und durch das noch flüssige Vulkangestein auszutreten versucht hatten. Ja, das war möglicherweise die Erklärung dafür, warum es hier keine vertikalen Schächte gab. Vielleicht waren die Tunnel aber auch durch Wasser ausgewaschen worden, das in den Jahrtausenden nach dem Auskühlen des Gesteins sein Werk verrichtet hatte. »Ich frage mich, was Dad zu alldem hier sagen würde«, überlegte Will unwillkürlich. Doch dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass er ihn vielleicht nie wiedersehen würde, und er nahm sich zusammen: Er durfte jetzt nicht darüber nachdenken – nicht jetzt.
    Auch Chesters Anblick, wie er hilflos über den Boden gerollt und den Styx erneut in die Hände gefallen war, wollte Will einfach nicht aus dem Kopf gehen, so sehr er sich auch bemühte. Er hatte seinen Freund ein weiteres Mal im Stich gelassen …
    Und dann Rebecca! Es gab keinen Zweifel – er hatte es mit eigenen Augen gesehen. Sie war eine Styx! Trotz der Tatsache, dass Will sich ziemlich schwach fühlte, kochte er vor Wut. Am liebsten hätte er laut losgelacht, als er sich daran erinnerte, wie viele Sorgen er sich um sie gemacht hatte.
    Aber jetzt war auch nicht der richtige Moment, um über Rebecca nachzudenken: Wenn sie es lebend durch dieses Labyrinth schaffen wollten, musste er dafür sorgen, dass sie nicht vom Weg abkamen. Er warf einen letzten Blick auf die Karte, steckte sie ein und setzte sich wieder in Bewegung.
    Eins zwei, eins zwei, eins, eins, eins zwei.
    Während ihre Schuhe gleichförmig über den feinen roten Sand knirschten, sehnte Will sich nach einer Abwechslung, einer Geländemarke, nach irgendetwas, das die Monotonie unterbrach und ihm bestätigte, dass sie sich noch immer auf dem richtigen Weg befanden. Allmählich stiegen in ihm Zweifel auf, ob sie jemals aus dem Labyrinth hinausfinden würden. Denn soweit er wusste, war es genauso gut möglich, dass sie die ganze Zeit im Kreis liefen.
    Daher war er enorm erleichtert, als sie schließlich an einem kleinen Felsbrocken an der Tunnelwand vorbeikamen, der wie ein Grabstein aussah – mit einer flachen Front und einer gewölbten Oberkante. Cal sah zu, wie Will sich vor den Stein hockte und mit der Hand über die Oberfläche wischte.
    Unter dem Staub kam ein Symbol zum Vorschein, das mittig in die rosafarbene Steinfront gemeißelt war. Es bestand aus drei separaten Linien, die sich wie

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