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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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jedoch eine nach der anderen nachgaben und abbrachen – bis er endlich Halt fand und sich abstützen konnte.
    »Du lieber Himmel! Alles in Ordnung?«, fragte Cal, der nun neben ihm stand. Als Will nicht antwortete, wuchs seine Sorge. »Was ist los?«
    »Mir … mir ist so schwindlig«, gestand Will mit krächzender Stimme. Sein Atem ging flach und stoßweise; er hatte das Gefühl, als würde er durch einen verstopften Strohhalm atmen. Er kletterte ein paar Stufen hinauf, musste sich dann aber erneut festhalten, da ihn ein schrecklicher, nicht enden wollender Hustenanfall zum Stehen zwang. Vornübergebeugt hustete und hustete er und spuckte schließlich Schleim. Er drückte eine Hand gegen die feuchte Stirn, auf der kalter Schweiß stand, und wusste in dem Moment, dass er es seinem Bruder nicht länger verheimlichen konnte.
    »Ich brauch eine Pause«, sagte er heiser und stützte sich auf Cal, als der Husten etwas nachließ.
    »Nicht jetzt«, erwiderte Cal drängend, »und nicht hier.« Dann nahm er Wills Arm und half ihm durch den Steinbogen in den dahinter liegenden dunklen Treppenaufgang.

32
    Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem der Körper nicht mehr kann – wenn Muskeln und Sehnen nichts mehr zuzusetzen haben, wenn nur noch die Zähigkeit, die reine Willenskraft den Menschen aufrechterhält.
    Will hatte genau diesen Punkt erreicht. Er fühlte sich ausgelaugt und entkräftet, doch er schleppte sich weiter, getrieben von seinem Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Bruder. Schließlich war es seine Pflicht, ihn in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig nagten unerträgliche Schuldgefühle an ihm, weil er Chester im Stich gelassen und ihn ein zweites Mal in die Hände der Kolonisten hatte fallen lassen.
    Ich bin zu nichts gut, zu verdammt noch mal gar nichts. Die Worte hallten wie ein Endlosband durch Wills Kopf, immer und immer wieder. Doch weder er noch Cal waren in der Lage, irgendetwas zu sagen, während sie die nicht enden wollende Wendeltreppe hinaufkletterten. Obwohl Will am Ende seiner Kräfte war, zwang er sich weiter, Schritt für Schritt, Meter für Meter. Seine Oberschenkel schmerzten mindestens so sehr wie seine Lunge. Während er strauchelnd eine glitschige Stufe nach der nächsten in Angriff nahm, versuchte er, den entmutigenden Gedanken daran zu unterdrücken, welch weiter Weg noch vor ihnen lag.
    »Ich würd jetzt gern Pause machen«, hörte er Cal schnaufen.
    »Geht nicht … ich komm … sonst nicht … wieder hoch«, keuchte Will im Rhythmus seiner stapfenden Schritte.
    Die Stunden zogen sich qualvoll dahin, bis Will irgendwann nicht mehr wusste, wie lange sie bereits kletterten, und bis es um ihn herum nichts mehr gab als den zermürbenden Gedanken, dass er die nächste Stufe bezwingen musste und die nächste und die nächste … Doch in dem Moment, als Will dachte, es wäre nun endgültig alles vorbei und er könnte keinen einzigen Schritt mehr weitergehen, spürte er plötzlich eine ganz zarte Brise auf seiner Haut und wusste instinktiv, dass es sich um Frischluft handelte. Er hielt inne und sog die kühle, saubere Luft ein, in der Hoffnung, dass sie die schwere Last von seiner Brust nehmen und das endlose Rasseln in seiner Lunge lindern würde.
    »Nicht mehr nötig«, schnaufte er und zeigte auf Cals Atemschutzgerät. Cal nahm die Haube ab und steckte sie unter seinen Gürtel; der Schweiß lief ihm in Strömen über das Gesicht, und seine Augen waren rot gerändert.
    »Puh«, keuchte er. »Verdammt warm unter dem Ding.«
    Die beiden Brüder kletterten weiter, und wenig später erreichten sie das Ende der Treppe und betraten einen Abschnitt mit schmalen Durchgängen. Alle paar Meter führte der Weg über rostige Eisenleitern, die ihre Hände orange färbten, weil sie an jeder Sprosse rüttelten und sie erst erklommen, wenn sie sicher waren, dass sie hielt.
    Schließlich standen sie vor einer steil aufwärts verlaufenden Rampe von knapp einem Meter Breite. Mithilfe eines dicken Kletterseils, das sie an der Seite entdeckten (Cal war sich sicher, dass Tam es dort angebracht hatte), hievten sie sich mühsam die Steigung hoch, Hand über Hand, während ihre Füße in den schmalen Ritzen und Bruchlinien des Gesteins Halt suchten. Die Rampe wurde immer steiler, und es kostete sie unglaubliche Kraft, die letzten, algenüberwucherten Meter zu überwinden. Doch obwohl sie ein paarmal den Halt verloren, schafften sie es schließlich ans obere Ende und zogen sich schwerfällig in eine kreisförmige

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