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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Kammer. In der Mitte der Höhle befand sich eine kleine Öffnung im Boden. Will legte sich an den Rand des Schachts und schaute hinein. Er entdeckte die Reste eines Eisenrosts, der längst zerfressen war.
    »Was ist da unten?«, keuchte Cal.
    »Nichts. Jedenfalls kann ich nichts erkennen«, erwiderte Will niedergeschlagen und hockte sich hin. Müde wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Ich schätze, wir werden genau das machen, was Tam gesagt hat: runterklettern.«
    Cal warf einen Blick über die Schulter, sah dann zu Will und nickte. Vor Erschöpfung fast bewegungsunfähig, rührten sich beide ein paar Minuten nicht von der Stelle.
    »Okay, wir können ja nicht ewig hier hocken bleiben«, seufzte Will schließlich. Er schwang die Beine in den Schacht, stemmte sich mit Füßen und Rücken an den Gesteinswänden ab und arbeitete sich langsam nach unten.
    »Was ist mit dem Kater?«, rief Will nach ein paar Metern. »Kommt er mit diesem Abschnitt zurecht?«
    »Mach dir keine Sorgen um ihn«, erwiderte Cal lächelnd. »Alles, was wir schaffen, das …«
    Doch Will sollte den Rest von Cals Worten nicht mehr hören. Er verlor den Halt, rutschte ungebremst durch den Schacht und landete mit einem riesigen Platscher in schneidend kaltem Wasser, das über ihm zusammenschlug. Hektisch ruderte Will mit den Armen; dann fanden seine Füße den Grund, und er richtete sich auf und spuckte einen Schwall eisiger Flüssigkeit. Er stand brusthoch im Wasser. Nachdem er sich die Augen gerieben und die nassen Haare aus dem Gesicht gewischt hatte, schaute er sich um. Er war sich nicht sicher, meinte aber, in der Ferne ein schwaches Leuchten zu erkennen.
    Plötzlich hörte er über sich Cals verzweifelte Rufe: »Will! Will! Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich hab nur ein kurzes Bad genommen!«, rief Will zurück und lachte matt. »Bleib erst mal da oben. Ich muss was überprüfen.« Einen Moment lang ignorierte er seine Erschöpfung und seine Schmerzen, starrte angestrengt in Richtung des schwachen Scheins und versuchte zu erkennen, was da vor ihm lag.
    Bis auf die Haut durchnässt kletterte er aus dem Wasser und schlich vorsichtig durch den niedrigen Tunnel auf das Licht zu. Nach ein paar hundert Metern konnte er die kreisrunde Öffnung des Tunnels deutlich erkennen. Sein Herz machte einen Satz, und er stürmte los. Doch plötzlich stürzte er über einen Meter tief über eine Kante, die er nicht bemerkt hatte, und landete hart auf dem Boden. Als er sich umschaute, stellte er fest, dass er sich unter einer Art Landungssteg oder Hafenmole befand, und durch einen Wald von seetangbewachsenen Holzpfählen sah er die gesprenkelte Reflexion von Licht auf einer Wasseroberfläche.
    Kiesel knirschte unter seinen Schuhen, als er hinaus ins Freie trat. Er spürte die belebende Kühle des Winds auf seinen Wangen. Er atmete tief ein und saugte die frische Brise in seine schmerzende Lunge. Die Luft war einfach wundervoll. Langsam sah er sich um und versuchte, sich ein Bild von seiner Umgebung zu machen.
    Nacht. Lichter spiegelten sich auf einem Fluss vor ihm – einem breiten Fluss. Ein Vergnügungsdampfer tuckerte vorbei; leuchtend bunte Laserlichter strahlten pulsierend von beiden Decks, während das gedämpfte Wummern von Tanzmusik über das Wasser dröhnte. Und dann entdeckte Will die Brücken, die sich links und rechts von ihm über den Fluss spannten, und in der Ferne die erleuchtete Kuppel der St. Paul’s Cathedral – der Kathedrale, die er kannte. Ein roter Doppeldecker überquerte eine der Brücken. Der Strom vor ihm war nicht irgendein alter Fluss. Überrascht und erleichtert setzte Will sich ans Ufer.
    Das war die Themse.
    Will lehnte sich zurück, schloss die Augen und lauschte auf den dröhnenden Lärm des Straßenverkehrs. Er versuchte, sich an die Namen der Brücken zu erinnern, aber im Grunde spielte das keine Rolle – er war entkommen, die Flucht war geglückt und nichts anderes zählte in diesem Moment. Er hatte es geschafft. Er war zu Hause. Wieder in seiner eigenen Welt.
    »Der Himmel«, sagte Cal mit Ehrfurcht in der Stimme, »so sieht er also aus.«
    Will öffnete die Augen und sah, wie sein Bruder sich fast den Hals verrenkte, während er zu den verwischten Wolkenfetzen hinaufschaute, die im bernsteingelben Schein der Straßenbeleuchtung schimmerten. Obwohl Cal vor Wasser triefte, grinste er über beide Wangen. Doch dann rümpfte er die Nase. »Bäh, was ist das?«, fragte er laut.
    »Was meinst du?«, fragte Will.
    »Na,

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