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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Taschen nach dem Kompass.
    »Das wird uns das Leben nicht gerade leichter machen«, sagte er und runzelte hinter seiner Maske die Stirn.
    »Wieso?«, konterte Cal. Ein verschmitztes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und verursachte viele kleine Fältchen um seine Augen. »In dieser Suppe können sie uns doch gar nicht sehen, oder?«
    Doch Will zog weiterhin eine grimmige Miene. »Das stimmt zwar, aber wir werden sie auch nicht sehen.«
    Cal hielt Bartleby fest, während Will ihm ein Halsband anlegte. Bei dieser schlechten Sicht durften sie es nicht riskieren, dass er irgendwohin verschwand.
    »Halte dich lieber an meinem Rucksack fest, damit du nicht verloren gehst. Und ganz egal, was du tust, lass auf keinen Fall den Kater los«, beschwor Will seinen Bruder, während sie sich vorsichtig in den Nebel wagten und langsam in die Schwaden einstiegen wie Tiefseetaucher, die in Meereswellen versinken. Sofort verringerte sich ihre Sichtweite auf unter einen halben Meter. Sie konnten nicht einmal mehr ihre eigenen Schuhe sehen und mussten sich Schritt für Schritt bis zur Kante jeder Stufe vortasten.
    Zum Glück erreichten sie ohne Zwischenfälle den Fuß der Treppe. Als die Marschflächen vor ihnen auftauchten, wiederholten sie das Ritual mit der schwarzen Algenmasse und rieben einander mit der stinkenden Brühe ein – dieses Mal, um die Gerüche des Londoner Übergrunds zu kaschieren.
    Nachdem sie das Sumpfland durchquert hatten, stießen sie schließlich auf die Stadtmauer und folgten ihrem Verlauf. Die Sicht wurde nun noch schlechter, und es dauerte eine Ewigkeit, bis sie einen Weg hinein fanden.
    »Ein Torbogen«, flüsterte Will und blieb so abrupt stehen, dass sein Bruder um ein Haar gegen ihn geprallt wäre. Das uralte Bauwerk nahm vor ihnen kurzzeitig Gestalt an, bis die Nebelwand sich wieder schloss und es erneut verbarg.
    »Oh, gut«, erwiderte Cal ohne jede Spur von Begeisterung.
    Innerhalb der Stadtmauern mussten sie sich die Straßen entlangtasten und hielten sich dabei ganz dicht beieinander, damit sie bei diesen miserablen Bedingungen nicht getrennt wurden. Der Nebel war fast greifbar, verschluckte sie und trieb sie mit sich fort wie Blätter im Wind; gelegentlich riss er kurz auf und gewährte ihnen einen flüchtigen Blick auf einen Mauerabschnitt, auf eine Fläche durchweichten Erdboden oder auf das glänzende Kopfsteinpflaster unter ihren Füßen. Das quatschende Geräusch ihrer feuchten Schuhe auf den schwarzen Algen und ihr schweres Atmen unter der Gasmaske erschien Will und Cal furchtbar laut. Die Art und Weise, wie der Nebel mit ihren Sinnen spielte, ließ alles vertraut und zugleich doch so fremd erscheinen.
    Cal berührte Will am Arm, woraufhin beide mucksmäuschenstill stehen blieben. Jetzt nahmen sie andere Geräusche um sich herum wahr, die nicht von ihnen verursacht wurden. Zunächst vage und undeutlich, wurden diese Geräusche bald lauter. Während sie lauschten, hätte Will schwören können, ein kratzig klingendes Flüstern aufgeschnappt zu haben – und zwar so nah, dass er zusammenzuckte. Hastig zog er Cal ein paar Schritte zurück, davon überzeugt, dass sie bereits genau das getan hatten, was er befürchtete: nämlich blindlings in eine Patrouille der Styx zu stolpern. Cal versicherte jedoch, dass er überhaupt nichts gehört hätte, und nach einer Weile setzten sie ihren Weg nervös fort.
    Dann war aus der Ferne plötzlich das grauenerregende, dumpfe Gebell eines Hundes zu hören – diesmal gab es keinen Zweifel. Als Bartleby den Kopf hob und die Ohren spitzte, verstärkte Cal den Griff um das Halsband des Katers. Obwohl keiner der Jungen etwas sagte, dachten beide das Gleiche: Sie mussten zusehen, dass sie schnell aus der Stadt herauskamen.
    Während sie mit wild klopfendem Herzen vorwärtsschlichen, schaute Will auf Tams Karte und warf immer wieder einen prüfenden Blick auf seinen Kompass, um ihre Position zu bestimmen. Tatsächlich war die Sicht jedoch so schlecht, dass er nur eine ungefähre Vorstellung davon hatte, wo sie sich befanden. Er hielt es sogar für möglich, dass sie im Kreis liefen. Sie schienen überhaupt nicht voranzukommen, und Will war mit seiner Weisheit am Ende. Was für ein toller Anführer er doch war!
    Schließlich gab er Cal ein Zeichen, stehen zu bleiben. Sie kauerten sich in den Schutz einer zerfallenden Mauer und besprachen flüsternd, was sie als Nächstes tun sollten.
    »Wenn wir rennen würden, wäre es egal, ob wir auf eine Patrouille

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