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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Will wusste, dass es nie wieder so werden würde wie früher. Es war einfach zu viel passiert – Dinge, die sich nicht ungeschehen machen ließen.
    »Komm schon«, sagte er, schüttelte die trüben Gedanken ab und stieg in den Tunnel, wo Cal ihn bereits ungeduldig erwartete. Mit einem einzigen Blick erfasste Will die widersprüchlichen Gefühle, die sich im Gesicht seines Bruders spiegelten: Neben der offensichtlichen Sorge zeichnete sich dort auch noch die Spur von etwas anderem ab – ein Gefühl tiefer Erleichterung darüber, dass er bald in die Unterwelt, in seine Heimat zurückkehren würde.
    Will dachte einen Moment darüber nach, was für ein schrecklicher Fehler es gewesen war, Cal mit an die Oberfläche zu nehmen – auch wenn die Umstände ihn dazu gezwungen hatten. Cal würde Zeit brauchen, um sich an das Leben in Übergrund zu gewöhnen, und diesen Luxus konnten sie sich nicht leisten. Ob es ihm gefiel oder nicht, Wills Bestimmung lag darin, Chester zu retten und seinen Vater zu finden. Und Cals Bestimmung war untrennbar mit der seinen verbunden.
    Es ärgerte Will, dass er durch das Fieber so viele Tage verloren hatte. Er hatte keine Ahnung, ob es vielleicht längst zu spät war, um Chester zu retten. War sein Freund bereits in die Tiefen in die Verbannung geschickt worden oder hatte er durch die Hand der Styx ein schreckliches Ende gefunden? Ganz gleich, wie die Wahrheit aussah, er musste es herausfinden. Er musste weiterhin daran glauben, dass Chester noch lebte; er musste zurückkehren. Ohne diese Gewissheit würde er nicht leben können.
    Nach ein paar Hundert Metern stießen die drei auf den senkrechten Schacht, und Will ließ sich widerstrebend in das darunterliegende Becken mit eiskaltem Wasser hinab. Cal kletterte auf Wills Schultern, damit er in den Schacht gelangen konnte. Dann schob er sich hinauf und zog dabei ein Seil hinter sich her. Als sein Bruder unbeschadet oben angelangt war, knotete Will das andere Ende des Seils um Bartlebys Brust, und Cal begann damit, ihn hochzuziehen. Diese Maßnahme erwies sich jedoch als vollkommen unnötig, da der Kater seine kräftigen Beine dazu nutzte, um mit erstaunlichem Geschick den Schacht hinaufzuklettern. Anschließend warf Cal Will das Seil zu, der sich daran in die Dunkelheit hinaufhievte. Oben angelangt, hüpfte er von einem Bein auf das andere, um das Wasser abzuschütteln und sich aufzuwärmen.
    Gemeinsam rutschten sie die schräge Rampe hinab, kletterten die diversen Eisenleitern hinunter und landeten mit einem dumpfen Sprung auf dem Absatz, hinter dem die unebenen Steinstufen begannen. Bevor sie ihren Weg fortsetzten, zogen sie Bartleby vorsichtig die gestrickten Wollsachen aus und ließen diese auf einem Mauersims zurück – sie konnten sich jetzt nicht erlauben, unnötiges Gewicht mitzuschleppen. Will hatte zwar im Moment noch keine Ahnung, was er tun sollte, wenn sie erst einmal wieder in der Kolonie waren, aber er wusste ganz genau, dass er nun vollkommen praktisch vorgehen musste … Er musste denken und handeln wie Tam.
    Die Jungen legten ihre Gasmasken an, schauten sich kurz an, nickten sich zu und begannen mit dem langen Abstieg.
     
    Da die Stufen durch das ständige Sickerwasser und den schwarzen Algenteppich gefährlich rutschig waren, kamen sie zunächst nur mühsam voran. Will stellte fest, dass er sich kaum noch an ihren Aufstieg erinnern konnte, und er erkannte, dass dies wohl daran lag, dass die mysteriöse Krankheit ihn damals bereits in ihrem Griff gehabt hatte.
    Scheinbar wie im Flug gelangten sie an die Öffnung in der Höhlenwand der Ewigen Stadt.
    »Was zum Teufel ist das denn?«, rief Cal in dem Moment, als sie den Treppenabsatz erreichten und sofort nach unten auf die Stadt schauten. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. In etwa dreißig Metern Tiefe verschwanden die Stufen aus ihrem Sichtfeld.
    »Das ist das, was man früher wohl als echte Waschküche bezeichnet hat«, sagte Will leise, während sich der hellgrüne Lichtschein in den Gläsern seiner Gasmaske spiegelte.
    Von ihrem Standort hoch über der Stadt blickten die beiden Brüder auf etwas hinab, das wie die wellige Wasseroberfläche eines riesigen opalfarbenen Sees aussah. Dichter Nebel hüllte die gesamte Höhle ein; durchdrungen von einem unheimlichen Licht, wirkte er wie eine gewaltige radioaktive Wolke. Es war fast unvorstellbar, dass die riesengroße Stadt unter dieser lichtundurchlässigen Decke liegen sollte. Instinktiv wühlte Will in seinen

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