Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis
der Küchentür stand, während sie geschäftig hantierte und eine Teekanne aus einem Regal nahm.
»Bitte entschuldigen Sie, dass ich so unangemeldet hier auftauche«, sagte Dr. Burrows, in dem Versuch, die entstandene Pause zu füllen. »Wirklich sehr freundlich von Ihnen, mich zum Tee einzuladen.«
»Nein, nein, Sie sind sehr freundlich. Ich sollte eher Ihnen danken.«
»Ach wirklich?«, stotterte er, noch immer völlig ratlos, wer die alte Dame sein mochte.
»Ja, für Ihren sehr netten Brief. Ich kann zwar nicht mehr so gut sehen wie früher, aber Mr Embers hat ihn mir vorgelesen.«
Da endlich wurde Dr. Burrows alles klar und er seufzte erleichtert – eine kühle Brise der Erkenntnis hatte den Nebel der Verwirrung hinweggeweht.
»Die Leuchtkugel! Wirklich ein äußerst faszinierendes Objekt, Mrs Tantrumi.«
»Oh, gut, das freut mich.«
»Mr Embers hat Ihnen sicherlich erzählt, dass ich es noch untersuchen lassen muss.«
»Ja«, sagte sie. »Schließlich wollen wir nicht, dass alle radioaktiv verseucht werden, oder?«
»Nein«, pflichtete Dr. Burrows ihr bei und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken, »auf keinen Fall. Mrs Tantrumi, der eigentliche Grund für mein Kommen …«
Sie neigte den Kopf ein wenig, schwenkte die Teekanne und wartete gespannt darauf, dass er fortfuhr.
»… also, ich hatte gehofft, Sie könnten mir zeigen, wo Sie die Kugel gefunden haben«, beendete er seinen Satz.
»Oh, nein, nicht doch. Das war ich gar nicht, das waren die Gasmänner. Butterkekse oder Schokoplätzchen?«, fragte sie und streckte ihm eine zerbeulte Keksdose entgegen.
»Äh … Butterkekse, bitte. Sie sagten gerade, die Gasinstallateure hätten die Kugel gefunden?«
»Ganz genau. Und zwar im Keller.«
»Geht’s da nach unten?«, fragte Dr. Burrows und schaute in Richtung einer offen stehenden Tür, hinter der eine Treppe abwärtsführte. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mich dort mal schnell umsehe?«, fragte er, steckte den Butterkeks in die Sakkotasche und stieg auch schon die moosbewachsenen Ziegelsteinstufen hinunter.
Unten angekommen, konnte er erkennen, dass der Keller in zwei Bereiche aufgeteilt war. Bis auf ein paar Schälchen mit extrem dunklem eingetrocknetem Katzenfutter sowie etwas Bauschutt war der erste Raum vollkommen leer. Er betrat den zweiten Raum, der unter dem vorderen Teil des Hauses lag. Das Licht war hier noch schwächer. Ein paar Möbelstücke standen herum, und als er seinen Blick weiter durch den Raum wandern ließ, bemerkte er in einer Ecke ein Klavier, das den Eindruck machte, als würde es jeden Moment auseinanderfallen. In einer dunklen Nische entdeckte er schließlich einen Kleiderschrank mit gesprungenem Spiegel. Er öffnete eine der Schranktüren und erstarrte.
Alarmiert schnupperte er ein paarmal. Das war der gleiche muffige Geruch, den er bei dem Mann auf der Straße und im Lüftungsschacht in Penny Hansons Haus bemerkt hatte! Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er im Inneren des Schranks mehrere Mäntel – allesamt schwarz, soweit er das beurteilen konnte – sowie mehrere Schiebermützen und andere Kopfbedeckungen, die in den Fächern neben den Mänteln gestapelt waren.
Seltsamerweise fühlten sich die Kleidungsstücke in dem Schrank überhaupt nicht staubig an, im Gegensatz zu allen anderen Gegenständen im Raum, die mit einer feinen Staubschicht bedeckt waren. Und als er den Schrank von der Wand rückte, um nachzusehen, ob sich etwas dahinter verbarg, stellte er erstaunt fest, dass sich das Möbelstück in einem bemerkenswert guten Zustand befand. Da er jedoch nichts dahinter entdecken konnte, widmete er sich wieder dem Schrankinneren. Unter dem Hutfach entdeckte er eine kleine Schublade. Sie enthielt fünf oder sechs Sonnenbrillen. Er nahm eine der Brillen, zog einen der Mäntel von seinem Bügel und ging zur Treppe zurück, die hinauf in den Garten führte.
»Mrs Tantrumi«, rief er vom Fuß der Treppe. Die alte Dame kam an die Küchentür. »Wussten Sie, dass hier unten ziemlich viele Kleidungsstücke in einem Schrank lagern?«
»Tatsächlich?«
»Ja, mehrere Mäntel und Sonnenbrillen. Gehören die Sachen Ihnen?«
»Nein. Ich gehe kaum noch in den Keller. Der Boden ist mir zu uneben. Können Sie die Sachen mal herbringen, damit ich sie mir ansehen kann?«
Dr. Burrows stieg die Stufen hinauf und reichte ihr den Mantel. Die alte Dame nahm den Stoff des Mantels zwischen die Finger und strich darüber, als
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