Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
Vom Netzwerk:
Schlange kroch sie durch den Torbogen am Rande des Trichters und war beinahe an der ersten der ins Nichts führenden Steinstufen angelangt. Durch das Seil mit ihr verbunden, hatte Chester sich ebenfalls auf den Weg gemacht und folgte dicht hinter ihr.
    Will versuchte, sich zusammenzureißen, und warf die Erde in seiner Hand weg. Erneut schaute er zu Chester hinüber; er wusste, dass er ihm folgen sollte, konnte sich aber nicht dazu überwinden. Benommen stellte er fest, dass er nicht in der Lage war, sich zu bewegen, gefangen in einem alles lähmenden Gefühl der Unschlüssigkeit. Sollte er das Spiel verloren geben und kapitulieren? Sich opfern in dem Versuch, das Leben seiner Freunde zu retten? Das war das Mindeste, was er tun konnte … schließlich war er dafür verantwortlich, dass sie in dieser Situation steckten. Denn wenn er sich nicht ergab, waren sie wahrscheinlich alle dem Untergang geweiht.
    »Also, wie sieht es aus, Bruderherz?«, hakte ein Rebecca-Zwilling nach. »Wirst du dich für den richtigen Weg entscheiden?«
    Elliott war nun durch die Stufen vollkommen der Sicht entzogen, hörte aber offensichtlich, was die Zwillinge sagten.
    »Tu es nicht, Will. Das macht überhaupt keinen Unterschied«, rief sie ihm leise zu.
    »Wir warten!«, schrie die andere Rebecca nun ohne jede Spur von Humor in der Stimme. »Du hast zehn Sekunden!« Die Zwillinge begannen, im Wechsel herunterzuzählen – jede Zahl verkündete eine Sekunde.
    »Zehn!«
    »Neun!«
    »Oh Gott«, murmelte Will und warf einen weiteren Blick auf Cal.
    »Acht!«
    Unter Schluchzen stammelte Cal irgendetwas Unverständliches in Richtung seines Bruders, der daraufhin nur verzweifelt den Kopf schüttelte.
    »Sieben!«
    Vom Rand des Trichters drängte Elliott die beiden Brüder, sich in Bewegung zu setzen.
    »Sechs!«
    Chester, der sich inzwischen am oberen Ende der Stufen befand, redete ununterbrochen auf Will ein.
    »Fünf!«
    »Komm schon, Will!«, blaffte Elliott ihn an, wobei ihr Kopf über den Rand des Trichters hinausragte.
    »Vier!«
    In dem ganzen Durcheinander der verschiedenen Stimmen, die gleichzeitig versuchten, mit ihm zu reden, hörte Will lediglich, wie die Zwillinge in einem kühlen Ton die Sekunden verkündeten und dabei fast das Ende ihres Countdowns erreicht hatten.
    »Drei!«
    »Will!«, brüllte Chester und zog ruckartig am Seil, um ihn näher heranzuziehen.
    »Will!«, schrie Cal.
    »Zwei!«
    Will rappelte sich auf.
    »Eins!«
    »Null!«, riefen die Zwillinge gleichzeitig.
    »Deine Zeit ist abgelaufen.«
    »Das Angebot gilt nicht länger.«
    »Noch mehr Tote, die du auf dem Gewissen hast, Will!«
    Alles, was nun geschah, schien sich binnen Sekundenbruchteilen abzuspielen.
    Will hörte Cal rufen und wirbelte zu ihm herum.
    »NEIN! WARTET!«, schrie sein Bruder gellend. »ICH WILL NACH HAUSE!«
    Cal war hinter dem Menhir hervorgesprungen und wedelte mit den Armen, in voller Sicht der Grenzer und in das gleißende Licht der Scheinwerfer getaucht. Direkt in der Schusslinie.
    In diesem Augenblick ertönte eine Salve von Gewehrschüssen, die vom gesamten oberen Hang zu kommen schien. Es waren so viele in so kurzer Zeit, dass es wie ein Trommelwirbel klang.
    Das Sperrfeuer traf Cal mit vernichtender, tödlicher Präzision. Er hatte keine Chance. Als hätte ihm eine unsichtbare Hand einen harten Schlag versetzt, fegte die Wucht der Einschläge ihn von den Füßen.
    Will konnte nur zusehen, wie sein Bruder am äußersten Rand des Trichters zusammensackte wie eine Marionette, deren Fäden durchgeschnitten waren.
    Dann kippte Cal einfach über den Rand des Abgrunds. Das Seil um Wills Hüfte straffte sich ruckartig, der plötzliche Druck riss an ihm und zwang ihn, mehrere Schritte zu machen.
    Bartleby, der gehorsam dort gewartet hatte, wo Cal ihn zurückgelassen hatte, rappelte sich mit einem scharrenden Kratzen seiner Pfoten auf, sprang seinem Herrchen mit einem Satz hinterher und verschwand im Trichter. Der Zug an Wills Seil nahm zu, und er erkannte, dass der Kater sich an Cals Körper festgekrallt haben musste.
    Will war für die Scharfschützen der Grenzer zum Teil sichtbar. Schüsse zischten nun durch die Lichtstrahlen der Suchscheinwerfer, die so schnell hin und her zuckten, dass sie einen stroboskopartigen Effekt erzeugten. Überall um ihn herum prasselten Kugeln nieder wie ein Metallregen, prallten jaulend von den Menhiren ab und wirbelten zu seinen Füßen Staub auf.
    Doch Will versuchte gar nicht mehr, sich zu verbergen. Die

Weitere Kostenlose Bücher