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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Ungeduld zügeln. Seine ganze Zukunft schien von diesem Szeptinat abhängig zu sein. Nur dieser Diskus wies ihn als Angehörigen des Kitar-Volkes aus. Wie sonst, fragte er sich, sollte er sich seinen Landsleuten gegenüber zu erkennen geben? Sie suchten nach ihm, waren ihm mehrmals ganz nahe gewesen - und hatten ihn nicht als einen der Ihren erkannt.
    Die GELFAR ging tiefer, um in einer Orbit-Parkspur gemächlich um Habercain zu treiben. Aus einer Höhe von fünfhundert Kilometern wurde das ganze Ausmaß der Schäden gut sichtbar. Braune Flecken erkalteten Gesteins zogen bizarre Spuren durch das Rot der Feuerozeane; da
und dort zeigten sich gestrandete Lavaburgen, winzige, schwarze Stätten, die wie Leberflecken auf dem Antlitz dieser Welt wirkten. Nur noch wenige rote Pünktchen zeugten vom Feuer, das aus dem Inneren Habercains durch breite Kamine nach oben schoss und für jenes Ambiente sorgte, das die Xalifen für ihr Überleben benötigten. Die GELFAR recherchierte und hielt zugleich Kontakt mit den misstrauischen Autoritäten Habercains. Man war Fremden gegenüber längst nicht mehr so aufgeschlossen wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Die Xalifen waren müde geworden im Kampf um ihren Heimatplaneten.
    »Ich habe Ergebnisse«, gab die Schiffssphäre wortkarg bekannt.
    »Ja?«
    »Es gibt Überlebende, die von Gracht stammen. Unter ihnen sind auch solche, die Pschoim begegnet sind - und einer, der vom Szeptinat wissen müsste. Der damals regierende Mafati der Lavaburg Gracht war mit Sicherheit in die Geschehnisse rings um die Versenkung des Kitar-Schiffs eingeweiht.«
    »Drira Tongon«, sagte Turil nachdenklich. »Er lebt also noch.«
    »Ja. Noch. Er ist sehr alt …«
    »Nimm mit ihm Kontakt auf. Sofort.«
    Die GELFAR gehorchte. Sie argumentierte oder widersprach nicht, folgte bedingungslos seinen Anweisungen. Sie hatte sich rasch in ihre Rolle als sein Werkzeug gefunden, und sie würde es niemals wieder wagen, sich gegen ihn zu stellen.
    Oder?

    Turil betrat die Wohnhöhle des ehemaligen Mafati. Ofenau und Sorollo hatte er an Bord der GELFAR zurückgelassen. Die Schiffssphäre würde die beiden Xeniathen nicht angreifen, wollte sie nicht eine weitere schmerzhafte Demütigung riskieren.
    Drira Tongon trug eines dieser unsäglichen Zweitgesichter um den Hals, das die Ausdrucksweise einer fremden Physiognomie in leicht verständliche Emotikons übertrug.
    »Ehrenwerter Drira Tongon«, sagte Turil leise und deutete einen Knicks an, »es ist mir eine Ehre, dir leibhaftig zu begegnen.«
    »Du bist dieses - oder dieser - Queresma«, krächzte das steinalte Wesen, ohne auf seine zeremonielle Begrüßungsformel einzugehen. »Ich kann es fühlen. So wie damals, nur deutlich intensiver.«
    »Ach ja?« Turil sah sich den vom Tod gezeichneten Mafati näher an. Sechs Beine trugen einen ausgemergelt wirkenden Leibsack, dessen Unterseite in dunklen Tönen schillerte; zwei weitere Glieder waren nur noch rudimentär vorhanden und lagen eng an dem eigentlichen Körper. Auf dem Turil zugewandten »Bein« saß ein »Kopf«. Ein verzogen und verbeult wirkender Sinnesklumpen, mit dessen Hilfe Drira Tongon Kontakt zur Außenwelt hielt. Die Xalifen machten tatsächlich, wie es Pschoim in seinem Bericht angedeutet hatte, eine evolutionäre Mutation durch. Ihr spinnenähnlicher Körper war dem einer überdimensionierten Zecke mit einem chitinverstärkten Oberleib gewichen, während die Unterseite weich und semitransparent wirkte.
    »Bist du gekommen, um dieses diskusförmige Ding einzufordern?«, brummte der Alte. Auf dem Zweitgesicht zeigte sich milde Neugierde.
    »J…ja.«

    »Ich dachte es mir. Eigentlich wundert es mich, dass du erst jetzt auftauchst.« Übergangslos wechselte Drira Tongon das Thema. »Wie ich sehe, hat dich Pschoim sehr, sehr gut getarnt.« Der Sinnesklumpen drehte sich ein wenig. Augen waren darin keine auszumachen. »Hätte ich mich nicht an deine Ausstrahlung erinnert, hätte ich dich niemals wiedererkannt.«
    »Du hast eine sehr feine Nase.« Seltsam. Warum konnte ihn dieser Greis problemlos identifizieren, während die Kitar ein ums andere Mal gescheitert waren?
    »Kein Nasorgan.« Drira Tongon machte ein paar kurze, leichtfüßig wirkende Schritte. Das Emotikon-Zweitgesicht formte ein Bild aus, das der Bitte um Diskretion entsprach. »Ich verrate dir ein Geheimnis, Turil, und ich tue es nur, weil ich spüren kann, wie sehr du dich vom Gedankengut deiner Zieheltern entfernt hast.« Die Lungen, langgezogene

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