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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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schon.«
    »Definiere Wahnsinn.«
    »Du folgst Denk-und Verhaltensweisen abseits aller Normen«, kam die Antwort augenblicklich, »Du fügst anderen Geschöpfen willentlich Schaden zu, obwohl du geschaffen wurdest, das genaue Gegenteil zu bewirken. Das ist Wahnsinn.«
    »Das sagst du aus der Perspektive eines Einzellers«, spöttelte Kix Karambui. »Meine Pläne reichen viel weiter, bis hinter den Horizont.« Mit Bedacht formulierte er die nächsten Worte: »Ich besitze Einfluss und Macht. Nichts, das ich im Rahmen meiner Stellung tue, bleibt ohne Konsequenzen. Helfe ich dem einen, schade ich dem anderen. Leben funktioniert nun mal in äußerst komplizierten Wechselbeziehungen. Jede meiner Aktionen hat Auswirkungen auf das Gesamtgefüge des Kahlsacks. Als Sekretär ARMIDORNs bin ich verpflichtet, die Benachteiligung der Mitgliedsvölker so gering wie möglich zu halten.«
    »Das ist platt«, erwiderte Kix Kosandrai. »Geschwafel, mit dem du deine Fehler rechtfertigen möchtest. Unser älterer Bruder hätte dich ausgelacht und dich wegen deiner Worthülsen in der Luft zerrissen.«
    »Wag es nicht noch einmal, in meiner Gegenwart von unserem Bruder zu sprechen!«, schrie Kix Karambui. »Er ist nicht hier! Er hat sich aus der Verantwortung gestohlen! Ich
entscheide! Ich alleine!« Er spuckte Akkusäure auf Kosandrai. Dorthin, wo es am meisten schmerzte.
    Der Jüngere verkrampfte sich, erholte sich jedoch rasch wieder. Entlang des Nervenbündels zeigten sich leichte Verfärbungen. »Du willst die Kitar seit Jahr und Tag ausrotten«, sagte Kosandrai leise, »und vielleicht gelingt es dir dank dieses Turil sogar. Du erhoffst dir einen Machtzuwachs und mehr Einfluss. Tust du es etwa, weil du den Völkern des Kahlsacks helfen oder weil du sie für deine Zwecke einspannen willst? Du beseitigst ein Übel, indem du ein anderes an seine Stelle setzt; nämlich dich.«
    Kix Karambui verzichtete dieses Mal auf eine Bestrafung. Im Grunde genommen war er dankbar für die ehrlichen Worte seines jüngeren Bruders. Er konnte sich an ihnen reiben, konnte seinen überlegenen Intellekt demonstrieren. »Meine Pläne reichen viel weiter, als du dir in deinen verwegensten Fantasien vorstellen kannst.«
    »Das glaube ich nicht. Immerhin stammen wir aus derselben Baureihe. Ich weiß sehr gut, was du vorhast. Und wenn ich könnte, würde ich dich daran hindern.«
    »Mach dir bloß keine Hoffnungen.« Er wandte sich ab und las die Botschaft Ofenaus ein weiteres Mal durch. »Dieser Turil wird die Kitar besiegen, dessen bin ich mir sicher.«
    »Ein ganze Reihe von Zufällen hat dir geholfen, ihn ausfindig zu machen. Du wirst nicht immer so viel Glück haben.«
    »Das Glück muss man erzwingen.« Kix Karambui redete leise weiter. »Ich vertraue dir ein Geheimnis an, Kosandrai: Was du als Zufall abtust, ist das Ergebnis genauester Planung über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg. Ich wusste von der Existenz dieses Queresma-Wesens, und ich sorgte dafür, dass es in seiner Rolle als Turil aufwachsen konnte. In gewissem Sinne steuerte ich ihn. So lange, bis Queresmas …
Instinkt erwachte und ihn nach Faurum führte.« Er lachte. »Selbst die Xeniathen sind trotz der Unausgewogenheit ihrer Sparten perfekte Werkzeuge. Man muss im richtigen Moment die richtigen Knöpfe zu drücken wissen. Das ist das Geheimnis des Erfolges, Bruder.« Er versetzte den Savoir-Roboter zurück in die Stasis, und ließ dessen Lagerschüssel absenken. Nicht ohne ihn zuvor Reizen auszusetzen, die sich als Albträume manifestieren würden. »Alles läuft nach Plan. Nichts kann mehr schiefgehen.«
    Kix Karambui belog sich selbst, und er wusste es. Entlang seines Weges gab es Myriaden von Hindernissen, die er trotz seiner phänomenalen Rechenleistung nicht berücksichtigen konnte. Er hatte es geschafft, Zufälle und Wahrscheinlichkeiten in einer nahezu perfekten Symbiose zu vereinen. Selbst den Wahnsinn hatte er sich zu eigen gemacht, um ihn als Instrument für seinen großen Plan zu nutzen. Jedes Wort, jede Geste war vorherberechnet; auch das Gespräch mit Kosandrai stellte einen kleinen Mosaikstein auf der Strecke hin zur Zielflagge dar. Und dennoch … das Husten einer Fliege mochte das Kartenhaus, das er errichtet hatte, wieder zusammenstürzen lassen.
    Kix Karambui verließ den Wohnbereich und verband sich mit HALB; jenes Gebilde, das dank der Unterstützung ARMIDORNs seit einigen Wochen mit zusätzlicher Rechenleistung ausgestattet wurde, erschien ihm nun größer,

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