Turils Reise
Hoffnung dar.
»Mit ein wenig Glück können wir uns den Flug ins System der Loga-Wanica ersparen«, sagte er.
»Wie das?«
»Wir haben jemand an Bord, der uns helfen könnte.«
»Ich dachte, du und wir beide wären die einzigen lebenden Wesen an Bord der GELFAR.«
»Das ist richtig. Aber da gibt es noch die Kreavatare …« Turil verließ das Reflektorium und machte sich auf den Weg in die Halle der Erinnerungen. Er musste jemanden besuchen, der ihm Freund und Ratgeber geworden war.
»Da warst einer der Besten«, sagte Turil. »Irgendwann hätten dich meine … Verwandten abgezogen und zum Friedenshof Grau abkommandiert, damit du in der Stadt des Gesternmorgen deine Arbeit verrichtest. Du hättest all deine Erfahrung und dein Genie als Stratege in die Waagschale werfen können, um den Schiffssphären und ihrer Muttereinheit Paroli bieten zu können.«
»So?« Shmau Pendrix zeigte sich eher desinteressiert, obwohl ihn Turil längst mit allen Informationen über den Kampf zwischen Thanatologen und Schiffssphären versorgt hatte. »Ich fühle mich eigentlich sehr wohl an Bord der GELFAR.«
»Du wirst sie verlassen, und zwar schon sehr bald.«
Shmau Pendrix schüttelte verwundert den Kopf. »Und warum?«
»Du weißt, wo wir uns befinden?«
»Selbstverständlich.«
»Du kennst Habercain?«
»Ich glaube, mich vage an den Namen erinnern zu können …«
»Spar dir deine Lügen! Du warst Admiral Shmau Pendrix,
einer von drei Kommandanten der Loga-Wanica, die in einer konzertierten Aktion unter dem Kennwort Tausendfeuer Habercain angriffen und einem schleichenden Zerfall preisgaben.«
»Du überschätzt meine Bedeutung, Turil.«
»Und du unterschätzt meine Intelligenz! Versuche nicht weiter, mich zum Narren zu halten.« Turil ballte die Hände zu Fäusten. Er fing Feuer. Ein kleiner Teil jener Wut, die in ihm ruhte, loderte auf. »Ich hätte schon vor langer Zeit die Informationen über dich genauer in Augenschein nehmen sollen, Shmau. All deine schönen Worte, deine ach so ehrlich gemeinten Ratschläge, die du mir gabst, sind Fassade, hinter der du dein eigentliches Ich verborgen hältst. Das eines skrupellosen, machtgierigen Wesens, das sein Volk aufhetzte und es zu sinnlosen Eroberungsfeldzügen trieb.« Turil redete sich immer mehr in Rage. Er musste sich beruhigen, wollte er nicht die Kontrolle über das Gespräch verlieren. »Selbst nach deinem Tod treibst du an Bord der GELFAR manipulative Spielchen. Du hast mir den guten Freund vorgespielt, um hinterrücks mein Wesen auszuspionieren und deine Informationen an die Schiffssphäre weiterzugeben …«
»Aber du musst zugeben, dass ich gut war«, sagte Shmau Pendrix, plötzlich mit einem satten Lächeln auf den Lippen.
»So gut, dass ich nicht einmal einen Hauch von Verdacht hegte. Ich gratuliere dir.«
»Danke schön.« Der Admiral verbeugte sich. »Es tut mir fast leid, dass meine kleine Charade aufgeflogen ist.«
»Was hat dir die GELFAR als Entlohnung versprochen?«
»Das tut nichts zur Sache.«
»GELFAR?« Turil verlor die Geduld. Er hatte keine Zeit
für endlose Diskussionen. »Welches Angebot hast du ihm gemacht?«
»Es gibt nur eines, das ein Wesen seines Kalibers wirklich interessiert.«
»Du meinst: Macht?«
»Selbstverständlich.« Die GELFAR gab sich weiterhin friedlich und kollaborierte ohne Widerrede. Turils Paranoia, jahrzehntelang gepflegt, ging so weit, dass er dies als schlechtes Zeichen interpretierte. Er durfte keinen Augenblick in seiner Wachsamkeit nachlassen, wollte er die Kontrolle über die GELFAR aufrechterhalten.
»Er wünschte sich, über die Kreavatare in der Halle der Erinnerungen zu regieren«, sagte die Schiffssphäre. »Ich tat ihm den Gefallen. Er lieferte mir mehr Informationen und Analysen über dich, als ich jemals von meinen anderen Helfern erfahren hätte. Shmau Pendrix ist ein Experte, was deine Psyche angeht.«
Turil zeigte seine grenzenlose Enttäuschung nicht, als er sich wieder dem Kreavatar zuwandte. Er musste sich eingestehen, dass sein Nervenkostüm längst nicht so gefestigt war, wie er es gerne gehabt hätte.
»Macht ist das Einzige, das dich interessiert?«
»Gibt es denn noch etwas anderes von Bedeutung?« Der Admiral betrachtete kritisch seine virtuellen Fingernägel.
»Ja.«
»Lächerlich!«, fuhr Shmau Pendrix unvermutet hoch. Endlich, endlich zeigte er sein wahres Gesicht. »Du bist der Auswurf eines Lebewesens, eine erbärmliche Kreatur ohne Weg und Ziel. Du weißt nicht, woher du
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