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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Kautium zu übersättigen. Das euphorisierende Eka-Actinoid würde ins riesenhafte Gehirn einsickern und jene Spannung erzeugen, die es Momed erlaubte, kraft seines Willens die GELFAR von einem Ort zum anderen zu versetzen, oftmals über hunderte Lichtjahre hinweg.
    Was für ein armes, armseliges Geschöpf!, dachte Turil nicht zum ersten Mal. Es wird immer Kind bleiben. Die Treiber verhindern ein Interagieren bestimmter Nervenbahnen. Momed darf niemals lernen, niemals erwachsen werden. Denn dann würde es seine überbordende Fantasie verlieren, die es ihm erlaubt, die Sprünge der GELFAR herbeizudenken, so dass sie Realität werden.
    »Habt ihr alles unter Kontrolle?«, fragte er Licht leise.

    »Selbstverständlich«, flüsterte die Avatar-Frau mit rauer Stimme. Sie drückte ihren Leib gegen den seinen und schob ihm ihre lange Zunge ins Ohr. »Wir wissen, wie wir mit Momed umgehen müssen. Er wird uns punktgenau ins Faurum-System bringen. Du hast deine Sache gut gemacht, kleiner Totengräber. Ich bin stolz auf dich. Soll ich dich heute Nacht belohnen?«
    Licht überschüttete ihn mit einem Bündel sexueller Reizsignale. Düfte, Aromen, Berührungen - sie alle erzeugten dieses überaus angenehme Gefühl in ihm, das von der Leibesmitte ausging. Turil konnte sich der Wirkung der Avatar-Frau kaum erwehren. Er wäre getaumelt, hätte ihn Schatten nicht abgestützt. »Nimm an!«, forderte der Mann. »Nimm sie. Nimm dir, was du brauchst. Ist gut für dich.«
    »Nein danke!«, wehrte Turil ächzend ab. Er drückte Schattens Arme beiseite. »Ich will nicht.«
    »Und ob du willst!« Licht umschlang ihn. Aus zwei Händen wurden vier, sechs, zehn. Sie berührten ihn überall, massierten und kneteten ihn. »Lass mich dir helfen. Du zeigst mir, wozu du in der Lage bist. Du darfst mit mir machen, was du willst. Ich unterwerfe mich. Ich werde dein Spielzeug sein, deine Hure, dein Eigentum. Erzähl mir von deinen schmutzigsten Gedanken …« Licht redete weiter auf ihn ein. Sie gab sich ordinär und billig, um Turil im nächsten Moment darauf mit Kälte und Abstand zu begegnen. Die Psycho-Frau beherrschte alle Elemente sexueller Stimulation, die Humanes-Frauen jemals angewandt hatten. In ihr steckten Erfahrungen mehrerer Generationen von Verhaltensforschern.
    Turil durfte nicht mit ihr schlafen, keinesfalls! Licht würde ihn in einen Rausch der Ekstase versetzen, in dem er nicht mehr er selbst war - um ihm dann, wenn er kraftlos in
den Seilen hing, all seine Geheimnisse zu entreißen. Schon öfter war er knapp davor gestanden, sich ihr zu öffnen, diesem Archetypus aller Frauen, der Liebhaberin, Mutter und Freundin zugleich sein konnte.
    »Überleg es dir«, schnurrte Licht. »Ich werde am Abend bei dir anklopfen. Ein einziges Wort reicht - und ich bin dir zu Diensten.«
    Turil schob die Avatar-Frau unter Aufbietung aller Willenskraft beiseite. Die Berührungen ebbten ab, die zehn Hände reduzierten sich auf ein einziges Paar. »Nein!«, sagte er bestimmt. »Ich habe keine Lust.«
    Er wandte sich ab, achtete nicht auf das so liebenswert scheinende, schmollende Kunstgeschöpf. Er musste sich ablenken. Das Reflektorium würde ihm wie immer Zuflucht sein. Dort fühlte sich Turil wohl, dort waren Licht und Schatten am schwächsten. Umgeben von seinen Erinnerungsstücken würde er den schmerzhaften Sprung nach Faurum über sich ergehen lassen. Bevor er durch das Tor der Reisekreide flüchtete, meinte er, ungezügelte Wut in Lichts Gesicht zu erkennen.
     
    »Hattest du jemals Angst?«, fragte er Shmau Pendrix.
    »Ich war Admiral«, antwortete der Kreavatar und gähnte ausgiebig. »Ich war einer der Befehlshaber einer riesigen Flotte, deren einziger Zweck die Eroberung war.«
    »Das beantwortet nicht meine Frage.«
    »Selbstverständlich hatte ich Angst, Turil. Ich musste sie überwinden, bei jeder Entscheidung, die ich traf.«
    »Und hattest du jemals das Gefühl, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben.«
    »Was sind schon Gefühle?« Shmau Pendrix zuckte mit den Achseln. »Frage einen Ramaischen Treiber, was er von
Romantik hält, und er wird dich auslachen. Oder bitte eine Lystein-Insekte um Gnade; sie wird nicht einmal verstehen, was du damit meinst.« Der Admiral machte ein paar unruhige Schritte durch die Halle der Erinnerungen. Seine Blicke huschten von einer Seite des hell erleuchteten Raumes zur anderen. Irgendwo, zwischen den Säulengängen versteckt, hielten sich andere Kreavatare auf und kicherten leise. Endlich blieb

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