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Turils Reise

Turils Reise

Titel: Turils Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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schoben sie vor sich her, hinein in den Dschungel, einem unbekannten Ziel entgegen.
    »Beeindruckend, nicht wahr?«
    Turil drehte sich um. Er starrte einem einbeinigen Faurumer ins riesige Auge. Der Karantiker mit den räudigen Brustfedern wirkte wie das Zerrbild eines Laufvogels. Ein Kropf hing schlabbrig vom stark behaarten Kinn, die rudimentär
vorhandenen Flügel endeten in sensibel wirkenden Greifpodien.
    »Ja. Beeindruckend«, bestätigte der Totengräber.
    »Du kommst von außerhalb, Zweibeiner?«
    »Stimmt.«
    »Von den Sternen?«
    »Von den Sternen, ja.«
    »Und was führt dich hierher?« Mit kräftigen Sprüngen kam der Faurumer näher.
    »Ich habe Geschäfte zu erledigen.«
    »Händler, wie?«
    »Ja.«
    »Du hast in Karums Steige zu tun?«
    In Karums Steige existiert ein Ankerplatz der Oroptiden, wisperte ihm der Zeremonienmantel zu. Folge dem Einbein-Hüpfer, dann folgst du auch den Spuren, die zum Steingott Loap führen. »Ja«, bestätigte Turil.
    »Ausgezeichnet, mein lieber Freund! Was für ein glücklicher Zufall, der uns hier zusammenführt! Ich kenne Karums Steige wie kein anderer. Ich bringe dich bei der Schwester meines Leibeigenen unter. Kostet nicht viel, die Hütte ist billig, ist geräumig, und das Essen schmeckt ausgezeichnet.«
    »Es ehrt mich, deine Familie kennenlernen zu dürfen«, sagte Turil.
    »Dann folge mir. Ich heiße übrigens Garscht, und ich bin Zweiter Steigenwächter.« Der Faurumer sagte es voll Stolz.
    »Freut mich, Garscht. Ich bin Turil der Totengräber.«
    »Ein Totengräber.« Garscht schnalzte entzückt mit seiner langen Zunge, die aus dem hornhäutigen, von tiefen Kerben gezeichneten Schnabel hervorzuckte. »Was für eine ausgezeichnete, krisensichere Arbeit in trockenen Zeiten wie diesen!
Du zerlegst also Aas und bereitest es für Mahlzeiten vor? Benötigst du einen Assistenten? Der Cousin väterlicherseits meines Leibeigenen stampft allmählich ins arbeitsfähige Alter …«
    »Ich brauche keinen Helfer«, sagte Turil reserviert. »Was ich umso mehr suche, sind Informationen.«
    »Ihr Götter des Glücks!« Garscht sprang aufgeregt hoch und nieder. »Mein Leibeigener ist Informationsspezialist, und ich bin sein Handelsagent! Wir freuen uns, dir dienen zu dürfen, Turil. Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag wäre ich sogar bereit, dir meinen Sklaven zu verkaufen.«
    »Ich denke darüber nach.« Turil bedeutete dem Kleinen, vorneweg zu hüpfen. »Reden wir weiter, wenn wir Karums Steige erreicht haben.«
    »Selbstverständlich, Turil der Totengräber, selbstverständlich.« Garscht wollte sich gar nicht mehr einkriegen. Er roch wohl das Geschäft seines Lebens. »Die Halbschwester der Großcousine meines Leibeigenen steht übrigens auch zum Verkauf …«
     
    Die Behausungen der Karantiker waren einfach, fast primitiv. Hölzerne Pfähle, die mit rostigen Metallelementen verbunden waren, umgaben das Dorf. Zwei Wächter links und rechts des Eingangstores stützten sich auf uralte Strahlwaffen und schnarchten laut vor sich hin, müde Wachttiere mit unterarmlangen Rüsseln ruhten in Kuhlen, die sie wohl selbst ausgehoben hatten.
    »Ihr faulen Schanebatzen!«, brüllte Garscht. Mit kaum nachvollziehbarer Geschwindigkeit trat er den Wächtern mit seinem einzigen Fuß in die breiten Hintern. »Achtet gefälligst besser auf meine Leibeigenschaft!«
    Beide Wächter reagierten träge, als müssten sie diese
Demütigung Tag für Tag über sich ergehen lassen. Sie ließen Turil und Garscht anstandslos passieren, um sich gleich darauf wieder ihrem Schlummer hinzugeben.
    Die kleine Siedlung starrte vor Schmutz. Überall lagerte Unrat, die Anwohner lungerten in den Schatten ihrer kargen Hütten. Zwei Weiblein, fast doppelt so groß wie die männlichen Karantiker, trieben eine Herde zittriger Vierbeiner zu einer schlammigen Wasserstelle. Sobald die Tiere sich niederließen, um zu saufen, begannen die beiden Frauen, ihre prallvollen Zitzen zu melken. Die Milch spritzte in schmutzige tönerne Gefäße.
    »Wacht auf!«, keckerte Garscht laut, als sie das Zentrum des Dorfs erreichten. »Wir haben einen Ehrengast in unserer Mitte. Einen Mann von den Sternen! Kommt herbei, unnützes Gesindel! Ich verkaufe Turil den Totengräber an den Meistbietenden!«
    Eine unglaubliche Kakophonie aus Geschrei, Gepiepse und Gekrächze hob an. Unzählige Faurumer drängten sich eng an Turil, betasteten und begrabschten ihn ohne jede Scheu. Ihre Schnäbel rieben über den Zeremonienmantel, geilten sich an ihm

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