Turm der Hexer
sofort von der jubelnden Begrüßung des Fohlens umgeworfen. Das kleine Pferd schnupperte an ihm und stieß ihn mit dem Kopf, sprang davon, nur um sogleich zurückgaloppiert zu kommen. Als Garion dem Tier die Hand auf den Hals legte, um es zu beruhigen, zitterte das Fohlen vor Freude über diese Berührung.
»Es hat auf dich gewartet«, erzählte Hettar. »Es scheint gewußt zu haben, daß du kommst.«
Der Wagen kam näher und hielt. Die Tür ging auf, Tante Pol sah heraus.
»Es ist alles bereit, Polgara«, sagte Königin Silar.
»Danke, Silar.«
»Wird er sich jemals wieder ganz erholen?«
»Es scheint ihm besser zu gehen, aber zu diesem Zeitpunkt kann man noch nichts Genaues sagen.«
Botschaft, der vom Wagendach alles mit angesehen hatte, kletterte plötzlich die Stufen herunter, hüpfte auf die Erde und lief zwischen den Beinen der Pferde hindurch.
»Hol ihn, Garion«, sagte Tante Pol. »Er bleibt wohl besser drinnen bei mir, bis wir in der Feste sind.«
Als Garion hinter dem kleinen Jungen herlief, sprang das Fohlen davon, und Botschaft lief ihm vor Freude lachend nach.
»Botschaft!« rief Garion. Das Fohlen hatte mitten im Galopp kehrtgemacht und kam plötzlich auf das Kind zugerannt, daß die kleinen Hufe nur so flogen. Der kleine Junge stand, ohne Anzeichen von Angst, lächelnd mitten in seinem Weg. Verblüfft versteifte das Fohlen seine Beine und kam rutschend zum Stehen. Botschaft lachte und streckte die Hand aus. Die Augen des Fohlens wurden groß, als es neugierig an der Hand schnupperte, dann streichelte das Kind den Kopf des Tieres.
In den Gewölben seines Geistes schien Garion wieder den seltsamen, glockenähnlichen Klang zu hören, und die trockene Stimme murmelte mit einem eigenartig zufriedenen Tonfall: »Geschafft.«
»Was soll das heißen?« fragte Garion schweigend, bekam jedoch keine Antwort.
Er zuckte die Achseln und hob das Kind hoch, um eine zufällige Kollision zwischen ihm und dem kleinen Pferd zu verhindern. Das Fohlen starrte die beiden mit erstaunten Augen an, und als Garion Botschaft zum Wagen zurücktrug, trottete es neben ihnen her, schnupperte und liebkoste das Kind. Wortlos reichte Garion das Kind Tante Pol hinauf und sah sie an. Sie sagte nichts, als sie das Kind auf den Arm nahm, aber ihre Miene drückte aus, daß gerade etwas sehr Wichtiges geschehen war.
Während er sich umdrehte, um wieder auf sein Pferd zu steigen, spürte er, wie er beobachtet wurde. Rasch blickte er zu der Reitergruppe hinüber, die Königin Silar aus der Feste begleitet hatte. Direkt hinter der Königin saß ein hochgewachsenes Mädchen auf einem Rotschimmel. Sie hatte langes dunkelbraunes Haar, und die Augen, mit denen sie Garion fixierte, waren grau, ruhig und sehr ernst. Ihr Pferd tänzelte nervös, und mit einem leisen Wort und einer sanften Berührung beruhigte sie es, dann ruhte ihr Blick wieder offen auf Garion. Er hatte das seltsame Gefühl, sie kennen zu müssen.
Der Wagen quietschte, als Durnik die Zügel schüttelte, um das Gespann anzutreiben. Alle folgten König Cho-Hag und Königin Silar durch ein schmales Tor in die Feste. Garion sah sofort, daß es innerhalb der mächtigen Festung keine Gebäude gab. Statt dessen war dort ein Labyrinth von Mauern, die vielleicht acht Meter hoch und nach keiner architektonischen Logik angelegt waren.
»Aber wo ist Eure Stadt, Majestät?« fragte Mandorallen verblüfft.
»Innerhalb der Mauern selbst«, antwortete Cho-Hag. »Sie sind dick und hoch genug, um uns Raum zu bieten.«
»Aber welchem Zweck dient dies alles dann?«
»Es ist eine Falle.« Der König zuckte die Achseln. »Wir erlauben Angreifern, durch die Tore zu brechen, und dann rechnen wir hier drin mit ihnen ab. Wir gehen hier lang.« Er führte sie durch eine schmale Gasse.
In einem Hof neben einer gewaltigen Mauer stiegen sie ab. Barak und Hettar lösten die Riegel und klappten die Seiten des Wagens herunter.
Barak zupfte nachdenklich an seinem Bart und betrachtete den schlafenden Belgarath. »Wir würden ihn vermutlich weniger stören, wenn wir ihn mitsamt Bett und allem hineintragen würden«, schlug er vor.
»Gut«, stimmte Hettar zu. Dann kletterten die beiden in den Wagen, um das Bett des alten Zauberers herauszuheben.
»Eckt bitte nirgends mit ihm an«, warnte Tante Pol. »Und laßt ihn nicht fallen.«
»Wir haben ihn sicher, Polgara«, beruhigte Barak sie. »Ich weiß, daß du es kaum für möglich halten wirst, aber wir machen uns fast genausoviel Sorgen um ihn wie
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