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Turm der Hexer

Turm der Hexer

Titel: Turm der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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beleidigen, aber dein Königreich ist ein langweiliger Ort.« Er sah sich um. »Ich habe einen alten Freund, der nicht weit von hier wohnt. Sollen wir ihn nicht besuchen?«
    Er führte sie eine lange Treppe zur darunterliegenden Straße hinab. Ein kurzes Stück die Straße hinauf stand ein großes, solides Haus am Hang. Silk ging zur Tür und klopfte. Kurz darauf öffnete ein Rivaner in einer mit Brandflecken übersäten Lederschürze. »Radek, alter Freund«, rief er mit sichtlicher Überraschung. »Dich habe ich ja seit Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Torgan.« Silk grinste ihn an. »Ich dachte, wir schauen einmal vorbei und sehen, wie es dir geht.«
    »Kommt herein, kommt herein«, sagte Torgan und hielt die Tür weit auf.
    »Du hast dich etwas vergrößert, wie ich sehe«, stellte Silk fest, als er sich umschaute.
    »Der Markt war gut für mich«, antwortete Torgan bescheiden.
    »Die Parfümhersteller in Boktor kaufen praktisch jede Flasche, die sie bekommen können.« Der Rivaner war ein zuverlässig wirkender Mann mit eisengrauem Haar und rundlichen, rosigen Wangen. Er sah Garion neugierig an und runzelte die Stirn, als ob er versuchte, sich an etwas zu erinnern. Garion betrachtete eine Reihe hübscher kleiner Glasflakons, die ordentlich auf einem Tisch in der Nähe standen, und bemühte sich, sein Gesicht abzuwenden.
    »Du konzentrierst dich also darauf, Flaschen zu machen?« fragte Silk.
    »Ach, wir versuchen auch ein paar andere gute Stücke herzustellen«, antwortete Torgan etwas wehmütig. »Ich habe einen Lehrling, der ein wahres Genie ist. Ich muß ihm eine gewisse Zeit für seine eigene Arbeit zugestehen. Ich fürchte, wenn ich ihn den ganzen Tag Fläschchen blasen ließe, würde er mich verlassen.« Der Glasbläser öffnete einen Schrank und nahm vorsichtig ein kleines, in Samt gewickeltes Päckchen heraus.
    »Das ist eine seiner Arbeiten«, sagte er, als er das Tuch zurückschlug.
    Es war ein kristallener Zaunkönig mit halb ausgebreiteten Flügeln, der auf einem Zweig mit Blättern und Knospen saß. Das Stück war so fein gearbeitet, daß man sogar die einzelnen Federn deutlich sehen konnte. »Erstaunlich«, hauchte Silk bei der Betrachtung des gläsernen Vogels. »Das ist herrlich, Torgan. Wie hat er die Farben so perfekt hinbekommen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Torgan. »Er mißt nicht einmal ab, wenn er mischt, und doch stimmen die Farben jedesmal. Ich sagte ja schon, er ist ein Genie.« Behutsam wickelte er den Kristallvogel wieder ein und legte ihn in den Schrank zurück.
    Hinter der Werkstatt lagen die Wohnräume, und die Zimmer waren voller Wärme und Herzlichkeit und strahlenden Farben. Überall lagen leuchtend bunte Kissen, und in allen Räumen hingen Bilder an den Wänden. Torgans Lehrlinge schienen weniger Arbeitskräfte als Familienmitglieder zu sein, und seine älteste Tochter spielte für sie. Während sie sich auf ihr flüssiges Glas konzentrierten, entlockten ihre Finger den Saiten der Harfe eine wie Wasser dahinplätschernde Musik.
    »Es ist so anders als draußen«, stellte Lelldorin verblüfft fest.
    »Was?« fragte Silk.
    »Das Äußere ist so streng so starr und grau –, aber wenn man hereinkommt, ist alles voller Wärme und Farben.«
    Torgan lächelte. »Es ist etwas, das Fremde nicht erwarten«, gab er zu.
    »Unsere Häuser ähneln uns selbst sehr. Aus einer Notwendigkeit heraus ist das Äußere streng. Riva wurde erbaut, um das Auge zu verteidigen, und jedes Haus ist Teil der Befestigungen. Wir können das Äußere nicht verändern, aber im Innern haben wir Kunst, Dichtung und Musik. Wir selbst tragen den grauen Mantel. Er ist ein nützliches Kleidungsstück leicht, warm, nahezu wasserdicht –, aber der Stoff nimmt keine Farbe an, deshalb ist er immer grau. Aber auch wenn wir von außen grau sind, bedeutet das nicht, daß wir die Schönheit nicht lieben.«
    Je länger Garion darüber nachdachte, desto besser verstand er diese düster wirkenden Inselbewohner. Die steife Zurückhaltung der graugekleideten Rivaner war die eine Seite, die sie der Welt präsentierten. Die andere Seite zeigte jedoch ein ganz anderes Bild.
    Die meisten Lehrlinge bliesen die zarten Glasfläschchen, die den Hauptbestandteil des Handels mit den Parfümherstellern in Boktor ausmachten. Nur ein Lehrling arbeitete allein an einem gläsernen Schiff, das über eine kristallene Welle glitt. Es war ein hellhaariger junger Mann mit angespanntem Gesichtsausdruck. Als er von seiner Arbeit aufsah und

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