Turm der Hexer
du dann?«
»Das würdest du nie verstehen, Lieber«, sagte sie. Dann schlang sie ihre Arme um ihn und drückte ihn in einer heftigen Umarmung an sich.
Die Krönung fand am Mittag des folgenden Tages statt. Die Halle des Rivanischen Königs quoll über vor Edelleuten und königlichen Hoheiten, und in der Stadt wurden alle Glocken geläutet.
Garion konnte sich später nie so recht an seine Krönung erinnern.
Er konnte sich daran erinnern, daß der hermelinverbrämte Umhang sehr warm war und die goldene Krone, die der Rivanische Diakon ihm aufsetzte, sehr schwer. Was sich ihm am tiefsten eingeprägt hatte, war das Auge Aldurs, das den ganzen Saal mit einem intensiven, blauen Licht erfüllte, das heller und heller wurde, als er sich dem Thron näherte, in den Ohren den überwältigenden, jubelnden Gesang, den er immer hörte, wenn er in die Nähe des Auges kam. Das Lied des Auges war so laut, daß er kaum den aufbrandenden Jubel hörte, als er sich, angetan mit Robe und Krone, der Menge in der Halle des Rivanischen Königs zuwandte.
Eine Stimme hörte er jedoch sehr klar.
»Heil, Belgarion«, sagte die Stimme in seinem Geist leise.
13
K önig Belgarion saß der Verzweiflung nahe auf seinem Thron in der Halle des Rivanischen Königs und lauschte der endlos leiernden Stimme Valgons, des tolnedrischen Botschafters. Es war keine leichte Zeit für Garion gewesen. Es gab zu vieles, das er nicht wußte. Zum einen war er unfähig, Befehle zu erteilen, zum anderen hatte er feststellen müssen, daß er keine Zeit mehr für sich hatte. Außerdem hatte er auch nicht die geringste Ahnung, wie er die Diener entlassen sollte, die ständig um ihn herum waren. Wo immer er hinging, folgte man ihm, und er hatte es sogar aufgegeben, dem übereifrigen Diener oder Leibwächter aufzulauern, der immer hinter ihm war. Seine Freunde schienen sich in seiner Gegenwart unwohl zu fühlen und beharrten darauf, ihn mit ›Eure Majestät‹ anzusprechen, obwohl er sie oft bat, das zu unterlassen. Er fühlte sich nicht anders, und sein Spiegel sagte ihm, daß er auch nicht anders aussah, aber jeder verhielt sich, als ob er sich irgendwie verändert hätte. Die Erleichterung, die sich auf ihren Gesichtern abzeichnete, wenn er ging, verletzte ihn, und er zog sich in ein schützendes Schneckenhaus zurück und pflegte schweigend seine Einsamkeit.
Tante Pol stand jetzt immer an seiner Seite, aber auch hier gab es Unterschiede. Vorher war er immer eine Art Anhängsel von ihr gewesen, jetzt aber war es eher umgekehrt, und das erschien ihm völlig unnatürlich.
»Das Angebot, wenn Eure Majestät mir verzeihen will, ist sehr großzügig«, bemerkte Valgon zum Abschluß der Lesung des jüngsten Vertrags, den Ran Borune anbot. Der tolnedrische Botschafter war ein sardonischer Mann mit Adlernase und aristokratischem Gebaren. Er war Honether, ein Mitglied der Familie also, die das Reich gegründet harte und aus der drei Kaiserdynastien hervorgegangen waren, und er empfand eine nur schlecht verhohlene Verachtung für alle Alorner. Kaum ein Tag verging, an dem nicht ein neuer Vertrag oder ein neues Handelsabkommen vom Kaiser eintraf. Garion hatte schnell erkannt, daß die Tolnedrer höchst bestürzt über die Tatsache waren, daß sie seine Unterschrift nicht auf einem einzigen Stück Pergament besaßen, und sie gingen nach der Theorie vor, daß jemand, dem sie ständig neue Dokumente unterbreiten, schließlich schon irgend etwas unterschreiben würde, nur um seine Ruhe zu haben.
Garions Gegenstrategie war sehr einfach: Er weigerte sich, überhaupt etwas zu unterschreiben.
»Es ist genau dasselbe wie letzte Woche«, sagte Tante Pols Stimme lautlos in seinem Geist. »Sie haben nur die Reihenfolge der Sätze verändert und ein paar Worte ausgetauscht. Sag nein.«
Garion sah den selbstgefälligen Botschafter mit fast offener Abneigung an. »Kommt nicht in Frage«, antwortete er knapp.
Valgon begann zu protestieren, doch Garion schnitt ihm das Wort ab. »Er ist identisch mit dem Vorschlag von letzter Woche, Valgon, und wir beide wissen das. Damals war die Antwort nein, und das ist sie heute auch noch. Ich werde Tolnedra keinen bevorzugten Status im Handel mit Riva einräumen, und ich bin nicht damit einverstanden, Ran Borunes Erlaubnis einzuholen, ehe ich einen Vertrag mit einer anderen Nation unterschreibe, und ich werde ganz bestimmt nicht irgendwelchen Abänderungen des Vertrages von Vo Mimbre zustimmen. Bitte Ran Borune, mich nicht mehr zu belästigen,
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