Turm der Hexer
bitten darf.«
»Du weißt, daß du nicht erst bitten mußt, Garion«, erwiderte der junge Asturier ernsthaft.
»Es muß aber unter uns beiden bleiben«, warnte Garion. »Ich will nicht, daß sonst noch jemand davon erfährt.«
»Mein Ehrenwort darauf«, sagte Lelldorin sofort.
Garion schob den Dolch über den Tisch seinem Freund zu. »Vor kurzem, als ich auf dem Weg hierher war, hat jemand das nach mir geworfen.«
Lelldorin schnappte mit weitaufgerissenen Augen nach Luft. »Verrat?« keuchte er.
»Entweder das oder etwas Persönliches«, erwiderte Garion. »Ich weiß nicht, warum.«
»Du mußt deine Wachen alarmieren«, erklärte Lelldorin und sprang auf.
»Nein«, widersprach Garion entschieden. »Wenn ich das tue, werden sie mich ganz einsperren. Ich habe schon so kaum Freiheit, und das bißchen möchte ich nicht auch noch verlieren.«
»Hast du ihn überhaupt gesehen?« fragte Lelldorin, setzte sich wieder und untersuchte den Dolch.
»Nur seinen Rücken. Er trug einen dieser grauen Mäntel.«
»Alle Rivaner tragen graue Mäntel, Garion.«
»Wir haben trotzdem etwas, womit wir arbeiten können.«
Garion zog den Stoffetzen unter seiner Tunika hervor.
»Nachdem er das Messer geworfen hatte, lief er durch eine Tür und schlug sie hinter sich zu. Sein Mantel verfing sich in der Tür, und das hier riß ab.«
Lelldorin betrachtete das Wollstückchen. »Sieht so aus wie eine Ecke vom Saum.«
»Das finde ich auch. Wenn wir beide unsere Augen offenhalten, sehen wir vielleicht jemanden, dem ein Stück vom Saum des Mantels fehlt. Wenn wir den Mantel dann in die Hand bekommen, können wir feststellen, ob beides zusammenpaßt.«
Lelldorin nickte zustimmend, sein Gesicht wurde streng.
»Aber wenn wir ihn finden, möchte ich mit ihm reden. Ein König sollte so etwas nicht persönlich regeln.«
»Vielleicht werde ich die Regeln außer Kraft setzen«, sagte Garion grimmig. »Ich mag es nicht, wenn man Messer nach mir wirft. Aber zuerst müssen wir herausfinden, wer es ist.«
»Ich fange sofort an«, sagte Lelldorin, sich erhebend. »Ich werde jeden Saum von jedem Mantel in ganz Riva untersuchen, wenn ich muß. Wir finden diesen Verräter, Garion. Das verspreche ich dir.«
Anschließend fühlte sich Garion besser, aber er war immer noch wachsam, als er in Begleitung eines Wachtrupps am Spätnachmittag zu den Privatgemächern des Rivanischen Hüters ging. Er blickte sich beim Gehen ständig um, und seine Hand war nie weit von seinem Schwert entfernt. Er fand Brand vor einer großen Harfe sitzend. Die großen Hände des Wächters liebkosten die Saiten des Instruments und entlockten ihm eine traurige, fließende Melodie. Das Gesicht des großen Mannes war weich und nachdenklich, als er spielte, und Garion fand die Musik um so schöner, weil sie so unerwartet war.
»Du spielst sehr gut, Herr«, sagte er respektvoll, als die letzten Noten des Liedes verklangen.
»Ich spiele oft, Eure Majestät«, antwortete Brand. »Manchmal kann ich über dem Spielen sogar vergessen, daß meine Frau nicht mehr bei mir ist.« Er stand auf und straffte die Schultern, und alle Sanftheit wich aus seinem Gesicht. »Wie kann ich Euch dienen, König Belgarion?«
Garion räusperte sich nervös. »Ich werde dies wahrscheinlich nicht sehr gut sagen«, begann er, »aber bitte nimm es so auf, wie es gemeint ist und nicht so, wie es vielleicht klingt.«
»Gewiß, Eure Majestät.«
»Ich habe nicht um all das gebeten, weißt du«, fuhr Garion mit einer unbestimmten Geste fort, die die ganze Zitadelle umfaßte. »Die Krone, meine ich, und König zu sein alles. Ich war ganz zufrieden, so wie ich war.«
»Ja, Eure Majestät.«
»Was ich versuche zu sagen, ist na ja, bis ich hierhin kam, warst du der Herrscher von Riva.«
Brand nickte nüchtern.
»Ich wollte eigentlich nicht König sein«, redete Garion schnell weiter, »und ich wollte dich ganz bestimmt nicht aus deiner Position verdrängen.«
Brand sah ihn an, dann lächelte er langsam. »Ich hatte mich schon gewundert, warum Ihr Euch anscheinend immer unwohl fühlt, wenn ich in den Raum kam, Eure Majestät. War es das, was Euch bedrückte?«
Schweigend nickte Garion. »Ihr kennt uns noch nicht richtig, Belgarion«, sagte Brand.
»Ihr seid erst seit gut einem Monat hier. Wir sind ein merkwürdiges Volk. Seit über dreitausend Jahren beschützen wir das Auge seit Eisenfaust auf diese Insel kam. Das ist der Grund, weshalb wir existieren, und ich glaube, eins der Dinge, die wir im Laufe
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