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Turm der Hexer

Turm der Hexer

Titel: Turm der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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hatten.
    Tante Pol lehnte, erschöpft aussehend, am Fensterrahmen.
    »Geht es dir gut?« fragte Garion besorgt.
    »Es ist sehr schwierig, Lieber«, sagte sie und fuhr sich mit müder Hand über das Gesicht.
    Aber da war noch ein Flackern in den Tiefen des Eises, und die vertraute Gestalt des blauen Wolfes erschien, des Wolfes, der Belgarath in Kampf mit Grul, dem Eldrak in den Bergen von Ulgo beigestanden hatte. Der Wolf betrachtete sie einen Moment, verwandelte sich dann kurz in eine schneeweiße Eule und schließlich in eine braunhaarige Frau mit goldenen Augen. Sie glich Tante Pol so sehr, daß Garion nicht anders konnte, als zum Vergleich rasch zwischen den beiden hin- und herzusehen.
    »Du hast es offengelassen, Polgara«, sagte die goldäugige Frau sanft. Ihre Stimme war warm und weich wie ein Sommerabend.
    »Ja, Mutter«, erwiderte Tante Pol. »Ich schließe es gleich.«
    »Es ist schon gut, Polgara«, sagte die Wolfsfrau zu ihrer Tochter.
    »Es gab mir Gelegenheit, ihn kennenzulernen.« Sie blickte direkt in Garions Gesicht. »Ein oder zwei Spuren sind immer noch da«, meinte sie. »Ein bißchen um die Augen herum und am Kinn. Weiß er es?«
    »Nicht alles, Mutter.«
    »Das ist vielleicht gut so«, meinte Poledra.
    Wieder tauchte eine Gestalt aus den dunklen Tiefen des Eises auf. Die zweite Frau hatte Haare wie Sonnenstrahlen, und ihr Gesicht war Tante Pols noch ähnlicher als das Poledras.
    »Polgara, liebe Schwester«, sagte sie.
    »Beldaran«, erwiderte Tante Pol mit einer vor Liebe überwältigten Stimme.
    »Und Belgarion«, sagte Garions Urgroßmutter, »die letzte Blüte meiner und Rivas Liebe.«
    »Auch unseren Segen, Belgarion«, sagte Poledra. »Lebewohl für jetzt, doch wisse, daß wir dich lieben.« Dann waren die beiden verschwunden.
    »Hilft es?« fragte Tante Pol mit bebender Stimme und Tränen in den Augen.
    Garion war zu betäubt von dem, was er gesehen und gehört hatte. Dann nickte er stumm.
    »Dann bin ich froh, daß die Mühe nicht vergebens war«, sagte sie.
    »Bitte schließe das Fenster, Lieber. Es läßt den Winter herein.«

14
    E s war der erste Frühlingstag, und König Belgarion von Riva war schrecklich nervös. Er hatte das Herannahen von Prinzessin Ce’Nedras sechzehntem Geburtstag mit einer ständig wachsenden Besorgnis erwartet, und jetzt, wo der Tag schließlich gekommen war, befand er sich nahezu in Panik. Das tiefblaue Brokatwams, an dem ein halbes Dutzend Schneider wochenlang gearbeitet hatten, saß ihm nicht richtig. Irgendwie war es an den Schultern etwas eng, und der steife Kragen kratzte ihn am Hals. Außerdem schien seine goldene Krone an diesem Tag besonders schwer zu sein, und sein Thron kam ihm noch unbequemer vor als sonst.
    Die Halle des Rivanischen Königs war für den Anlaß prächtig geschmückt worden, aber selbst die Banner und Girlanden aus zarten Frühlingsblumen konnten die düstere Strenge des Saals nicht ganz verbergen. Die versammelten Edlen jedoch plauderten und lachten miteinander, als ob nichts Besonderes wäre. Garion war erbittert über ihren herzlosen Mangel an Interesse angesichts dessen, was ihm bevorstand. Tante Pol stand zur linken Seite seines Thrones, in ein neues, silbernes Gewand gekleidet, einen Silberreif im Haar. Belgarath stand lässig zu seiner Rechten, in einem grünen Wams, das obwohl ebenfalls neu, bereits zerknittert aussah.
    »Nun winde dich nicht so, Lieber«, sagte Tante Pol.
    »Du hast leicht reden«, erwiderte Garion vorwurfsvoll.
    »Versuche, nicht daran zu denken«, rief Belgarath. »Bald ist es vorbei.«
    Dann kam Brand, mit eher noch finsterem Gesicht als üblich, durch eine Seitentür in den Saal und zur Empore. »Am Tor der Zitadelle ist ein Nyissaner, Eure Majestät«, sagte er leise. »Er sagt, er sei der Gesandte von Königin Salmissra und möchte der Zeremonie beiwohnen.«
    »Ist das nicht unmöglich?« fragte Garion Tante Pol, verblüfft durch die überraschende Ankündigung des Wächters.
    »Nicht ganz«, antwortete sie. »Wahrscheinlich ist es aber eher eine diplomatische Erfindung. Ich könnte mir vorstellen, daß die Nyissaner Salmissras jetzigen Zustand lieber geheimhalten möchten.«
    »Was soll ich tun?«
    Belgarath zuckte die Achseln. »Laß ihn herein.«
    »Hier herein?« Brands Stimme klang schockiert. »Ein Nyissaner im Thronsaal? Belgarath, das kann nicht Euer Ernst sein.«
    »Garion ist Großkönig des Westens, Brand«, erwiderte der alte Mann, »und das schließt Nyissa mit ein. Ich kann mir nicht

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