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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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festen Dienstzeiten.«
    »Warum sollte er dann also die Telefonrechnung vom Büro aus bezahlen? Gibt es vielleicht einen Grund, weswegen er nicht wollte, dass seine Frau die Rechnungen sieht? Ich nehme an, es gibt eine Frau?«
    »Oh«, sagte Bates, »es gibt ganz sicher eine Frau.«
    »Können wir eine richterliche Anordnung zur Einsichtnahme in seine Telefonrechnungen bekommen? Um zu sehen, wen er anrief und wer ihn sprechen wollte?«
    »Die brauchen wir nicht.« Er griff nach dem Telefon und wählte, sprach zwei, drei Minuten und legte auf. »Die faxen es rüber. Wir sollen ihr eine halbe Stunde geben, sagt Miss Jean.«
    »Einfach so.«
    »Sieht für Sie einfach aus, stimmt’s?«
    Ich begriff. Als Polizist auf den Straßen der Großstadt lernt man, Dingen auszuweichen, den Kopf einzuziehen, sich einzupassen oder anzutäuschen. Man findet raus, was funktioniert, und macht davon Gebrauch. Das Gleiche hier, nur dass eben andere Sachen funktionieren.

    »Wo wohnt der Bürgermeister?«
    »Draußen in Sycamore. Am anderen Ende der Stadt.«
    »Gibt es noch jemanden auf der Strecke, der seine Post vermisst?«
    »Es gibt nur diese eine Straße. Und wenn ja, hat’s keiner bemerkt.«
    »Oder es nicht gemeldet.«
    Den Becher in beiden Händen haltend, schwang Bates den Stuhl ein paar Grad nach rechts und hob das rechte Knie auf einen nordöstlichen Punkt gerichtet an, dann schwang er mehrere Grad nach links, wobei das rechte Knie sich senkte und das linke im spitzen Winkel nach Nordwesten zeigte. »So schwer es Ihnen wahrscheinlich fällt, das zu glauben, Detective, aber wir sind noch nicht dazu gekommen nachzufragen. Hat wohl ein paar Tage gedauert, bis wir überhaupt draufkamen. Haben es wahrscheinlich sogar irgendwo aufgeschrieben.«
    »Ich will wirklich nicht respektlos sein, Sheriff. Ich bin nur hier, weil Sie es so wollten, und erledige nach bestem Wissen und Gewissen den Job, den zu tun Sie mich gebeten haben.«
    Unsere Blicke trafen sich.
    »In Ordnung«, sagte er schließlich.
    »Sie haben also die Post des Bürgermeisters in der Tasche von diesem Typen gefunden?«
    »Richtig.«
    »Aber keine Brieftasche und keine Papiere?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Don Lee hat ein Notizbuch erwähnt.«
    »Steht nicht viel drin, soweit wir das sagen können.«

    »Und er hat einen Teil dieser Post wie lange genau zurückgehalten? Drei, vier Monate?«
    »Richtig.«
    »Hielt sich wohl für so was wie einen Postzusteller«, sagte ich.
    »Der Post nicht zustellte.«

Kapitel Zehn
    Ich kannte Sally Gene seit zwei oder drei Jahren. Sie war ein paar Mal mitgefahren, damals, als sie bei »Kind und Familie« angefangen hatte. Ich erinnere mich, dass ich sie mit der Behauptung nervte, sie könne nicht viel älter sein als die Kinder, wegen derer sie ermittelte, worauf sie immer konterte: »Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.« Mein Partner kapierte den Witz einfach nicht. Sally Genes und meine Wege kreuzten sich fünf, sechs Mal beruflich. Ihre Arbeit war für sie die wichtigste Sache der Welt. Ich denke, tief drinnen war es vielleicht die einzige Sache, für die sie sich wirklich interessierte. Viele Menschen, die in dem, was sie tun, herausragend sind, scheinen so zu sein. Der Rest von uns steht nur da und gafft, gleichzeitig bewundernd und kritisierend; irgendwie beschämt über uns selbst und unser missratenes Leben.
    An jenem Sonntag wartete sie draußen vor dem Polizeirevier auf mich.
    »Denkst du, ich könnte mitfahren, Detective?«
    »Aber klar doch, meine Kleine.«
    Sie hatte es bereits mit unseren Vorgesetzten abgeklärt. Bill warf uns beiden nur einen Blick zu, dann gab er mir die Schlüssel und setzte sich nach hinten. »Was soll’s. Dann verzichten wir eben auf zwei aufregende Stunden An-Türen-klopfen-und-kluge-Fragen-stellen.«
    Das Department hatte den Fuhrpark unlängst um ein
halbes Dutzend brandneuer blauer Plymouth-Limousinen verstärkt. Wir fanden uns unheimlich schlau und ausgebufft, aber zwei Typen, die aussahen wie der Fernsehbulle Joe Friday und außerdem noch in einem ober-unauffälligen Auto ohne Chromleisten, mit schwarzen Reifen und ohne Radio durch die Gegend kurvten, waren schon ziemlich auffällig.
    »Und in welchen entzückenden Vorort der Stadt machen wir drei heute einen kleinen Ausflug?«, fragte Bill.
    Wie es aussah, in die Nähe des Flughafens, damals noch eine unerschlossene Gegend mit billigen Hotels und miesen Fresslokalen. Wir fuhren den Highway Richtung Mississippi runter und bogen ab in

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