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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Gaumen verrottet sind. Vermutlich existierten früher eine ganze Reihe dieser Bauten, vielleicht Unterkünfte für Doktoranden und Assistenten, von denen nur noch dieses eine Haus übrig geblieben war. Es war jedoch in einem makellosen Zustand, frisch gestrichen in einem jungfräulichen Weiß, die Fenster und Verzierungen in hellem Mintgrün.
    Damals wurde alles erheblich lockerer gehandhabt. Als ich auf mein Klopfen hin keine Antwort erhielt, ging ich
hinten rum, klopfte dort noch einmal und versuchte dann mein Glück an der Küchentür. Später könnte ich immer noch sagen, die Tür wäre nur angelehnt gewesen, ich hätte Stimmen gehört und Einbrecher vermutet.
    Drei Räume. Eine Küche mit blitzblankem Tresen und Herd, das Bad gleich zur Rechten, das Wohnzimmer geradeaus, das Schlafzimmer links. Dort fand ich sie. Sie saß aufrecht, durch Kissen gestützt, und trug ein hellrosafarbenes Nachthemd mit kleinen blauen Blümchen an Kragen und Saum und größeren blauen Blumen als Knöpfe. Ihr Haar, sauber und glänzend, lag auf dem Kissen und umrahmte ihr Gesicht, dessen Augen ständig rollten, rechts, links, rechts. Schleim rann aus einem Nasenloch runter zu ihrem erschlafften Mund.
    »Bitte tun Sie ihr nicht weh«, sagte eine Stimme hinter mir.
    Ich sagte, das würde ich nicht, und erklärte, wer ich sei.
    »Ich war einkaufen. Ich lasse sie nie länger allein als unbedingt nötig.« Er stellte seine Einkäufe neben der Tür auf dem Boden ab. »Sie muss gewindelt werden. Ist es in Ordnung, wenn ich das jetzt mache?«
    Ja.
    Er ging zum Bett, knöpfte das Nachthemd auf und heftete das Handtuch los, das als Windel diente. Der strenge chemische Geruch ihrer Fäkalien durchzog den Raum. Er brachte die Windel ins Badezimmer, in einen geschlossenen Eimer. Dann ließ er das Wasser laufen, bis es warm war, nahm einen Waschlappen und feuchtete ihn an. Brachte ihn mit, hob sie ohne Anstrengung mit einem Arm an und wischte sie sauber. Er legte den Waschlappen zurück ins Bad, spülte
ihn aus, hängte ihn über eine Stange und wusch sich die Hände. Er erneuerte die Windel, knöpfte ihr Nachthemd zu und strich es glatt. Dann schnipste er mit seinem Finger gegen die intravenöse Nahrungsversorgung, kontrollierte die Durchgängigkeit, die Tropfgeschwindigkeit, den Füllstand.
    »Ich dachte, so hätte ich mehr Zeit mit ihr. Nur wir zwei.«
    »Es tut mir leid.«
    Er habe das so nicht beabsichtigt, erklärte er mir, während er dort stand und auf sie niedersah, in ihr Gesicht, und er wolle auch keine Schwierigkeiten machen. Er wollte nur für sie sorgen. Das war das, was er in Parkview, der Reha-Klinik, getan hatte, seit langem schon. Sie waschen und baden, sich um ihre Ernährung kümmern. Aber es gab immer zu viel anderes zu tun, zu viele andere, die ebenfalls seine Aufmerksamkeit benötigten. Sie verdiente Besseres.
    »Was wird jetzt mit ihr passieren?«
    »Sie kommt zurück ins Krankenhaus.«
    »Sie meinen nach Parkview?«
    »Richtig.«
    »Und ich gehe ins Gefängnis.«
    »Für eine Weile.«
    »Irgendeine Vorstellung, wie lange?«
    »Schwer zu sagen.« Gott weiß, weswegen sie ihn anklagen würden. Menschenraub, Gefährdung? Übermäßige Güte? »Ein Jahr, achtzehn Monate, irgendwas in dem Rahmen. Danach werden Sie auf Bewährung sein.«
    Er nickte.
    »Sobald ich wieder draußen bin, werde ich sie besuchen können.«

Kapitel Neun
    Das Frühstück bestand aus starkem Kaffee und Bagels. Im Gefrierschrank lagen fünf verschiedene Sorten Bagels in einer Papiertüte (angeliefert aus Memphis? Little Rock?), Butter, hausgemachte Feigenmarmelade und Frischkäse mit Schnittlauch. Wir fanden auch ein Paket Lachs, von dem wir übereinstimmend meinten, dass er seine letzte Ruhe finden solle.
    Ich wusch mir das Gesicht und putzte die Zähne, so gut es eben ging, während Val den Tisch deckte. Nachdem wir gefrühstückt hatten, kümmerte ich mich um den Abwasch, während sie duschte und sich anzog.
    Als wir in ihrem gelben Volvo zurück in die Stadt fuhren, dankte ich ihr.
    Sie lächelte. »Jederzeit und gerne wieder. Es ist schön, sich mit jemandem unterhalten zu können. Gefällt Ihnen mein Haus?«
    »Ihr Haus gefällt mir sehr.«
    Auf dem Revier holte sie den Spurensicherungskoffer ab und versprach, sich zu melden, sobald sie Neuigkeiten hätte. Ich begleitete sie zum Auto.
    »Sollten Sie wieder mal in der Stadt hängen bleiben, steht Ihnen mein Gästezimmer jederzeit offen«, sagte sie.
    »Das behalte ich im Kopf. Danke.«
    »Passen Sie

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