Turner 01 - Dunkle Schuld
auf sich auf, Turner.«
Ich sah dem Volvo nach, bis er außer Sichtweite war.
Alle Augen richteten sich auf mich, als ich ins Büro zurückkehrte.
»Ich glaube, ihr zwei versteht euch blendend«, meinte Don Lee.
»Das sehe ich auch so.«
»Haus sieht gut aus?«, kam die Frage von Sheriff Bates.
»Das kann man wohl laut sagen«, antwortete ich und berichtete ihm, was ich gesehen hatte. Fußböden abgeschliffen bis zum blanken Holz, fehlende Teile vom Treppengeländer und Zierleisten ersetzt, Lagen von alter Farbe sorgsam abgeschliffen.
»Wünschte, es gäbe mehr von ihrer Sorte«, sagte Bates. »Die meisten dieser alten Häuser wurden inzwischen abgerissen. Oder sie fallen auseinander. Wir werden dergleichen wohl nie wieder sehen. Kaffee?«
»Aber sicher.« Ich kämpfte mich durch eine halbe Tasse. Es war ein belebter Tag in der Stadt. Alle vier oder fünf Minuten fuhr draußen ein Auto vorbei. Nebenan beim Immobilienmakler klingelte das Telefon in einer Tour.
»Die Post des Bürgermeisters?«
»Wie bitte?«, sagte Don Lee.
»Was Sie bei der Leiche gefunden haben. Abgehende oder eingehende Post? Rundschreiben? Kontoauszüge? Persönliche Briefe?«
»Hauptsächlich Rechnungen.Das,was er draußen zur Abholung deponierte. Klemmte sie mit einer Wäscheklammer an die Vorderseite seines Briefkastens. Seit acht oder neun Jahren ist es ein und dieselbe Wäscheklammer da draußen.«
»An seinem Briefkasten zu Hause?«
»Richtig.«
»Auf der Veranda oder an der Straße?«
»In diesem Teil der Welt stehen sie alle an der Straße.«
Als Bates sich Kaffee nachschenkte, zog eine Frau in den Vierzigern die Tür auf und trat ein. Sie machte nur einen Schritt herein, blieb dann stehen und blinzelte. Knöchellange Hosen, die ursprünglich mal schwarz gewesen und vom vielen Waschen nun grau-lila waren, ein rot-blaues Flanellhemd über einem bräunlichen T-Shirt. Sie war groß. Ihre Hemdsärmel waren nicht zugeknöpft und reichten ihr nur halb bis zum Unterarm.
»Billie«, sagte Don Lee. »Wie geht’s dir?«
»C.R. ist schon wieder weg.«
»Liebling, er wird zurückkommen. Er kommt immer zurück. Das weißt du doch.«
»Diesmal nicht.«
»Meinst du?«
Bates ging zu ihr. Für einen Moment, kurz bevor sie wegsah, traf sich ihr Blick.
»Dachte, er mag seinen neuen Job.«
»Der Job war schon okay, Sheriff. Was er nicht mochte, war ich.«
Während er sie zu seinem Schreibtisch lenkte, fragte Bates: »Hast du schon gefrühstückt? Ich kann drüben anrufen und etwas rüberbringen lassen.«
»Die Kinder haben heute Morgen gut gegessen.«
»Das tun sie doch immer.«
»Pfannkuchen.«
»Billie macht großartige Pfannkuchen«, klärte mich Don Lee auf.
»Hab Pekannüsse reingetan, so wie sie’s mögen.« Ihre
Augen glitten über die Zimmerdecke. »Woodie muss heute sein Erdkunde-Projekt abgeben. Ich habe aufgepasst, dass er es schön einpackt.«
»Hast du denn etwas schlafen können, Süße?«, fragte Bates.
»Ich glaube nicht. Ich hab Brownies gebacken, für die Kinder. C.R. mag die auch. Es war dunkel draußen. Ich glaube, sie sind mir angebrannt.«
»Don Lee, warum bringst du Billie nicht nach Hause und kümmerst dich ein bisschen um sie? Wäre das okay für dich, Billie?«
Für eine Weile guckte sie verwirrt auf die Tür, das Fenster, den Boden und nickte dann.
»Er geht mit ihr rüber ins Baseballstadion«, sagte Bates, als sie fort waren. »Sie sitzen eine Weile auf der Tribüne. Weiß nicht, warum, aber das scheint sie immer zu beruhigen.«
»Ist mit ihr alles okay?«
»Im Prinzip ja. Du findest keine bessere. Nur manchmal, alle sechs bis acht Wochen, wird ihr alles zu viel. Jedem von uns wird’s manchmal zu viel, oder?«
Ich nickte.
»Wir nehmen an, das ging schon seit drei, vier Monaten so - das mit der fehlenden Post. Das ist der Zeitraum, in dem der Bürgermeister mit seinen Rechnungen in Rückstand kam. Gas, Wasser, Elektrizität. Soweit wir das beurteilen können, wusste er nichts davon.«
»Was uns sagt, dass ihn sein Kontostand nicht weiter kümmert.«
»Mm-hm.«
»Aber es wurde nichts abgestellt?«
»Hier in unserer Gegend wird nicht so oft was abgestellt. So halten wir das hier nicht. Und er ist immerhin der Bürgermeister.«
»Was ist mit Kreditkarten?«
»Anscheinend hat er die vom Büro aus beglichen, übrigens genau wie die Telefonrechnungen.«
»Arbeitet er zu Hause?«
»’ne Stadt dieser Größe braucht nicht wirklich einen Bürgermeister. Gibt kein großen Bedarf an
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