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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Hazelwood.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, um seine zu schütteln, nichts, was man bei Frauen in diesem Teil des Landes häufiger sieht, nicht einmal heute. »Aus St. Louis.«
    »Aber nicht ursprünglich«, fügte ich hinzu, Gott allein weiß, wieso. Ich war inzwischen den Fängen der Couch entflohen. Wir begegneten uns auf Augenhöhe. Und ihr Blick war härter als die Couch.
    »Wir kommen von dem Ort unserer Wahl. Und sind das, was wir sein möchten.«
    Sie wandte sich wieder Don Lee zu und fuhr fort.
    »Ich suche meinen Bruder. Er ist vor fast einem Jahr … ausgestiegen … ich denke, das ist wohl das richtige Wort … er verschwand.«
    »Aus St. Louis.«
    »Fort Smith. Er lebt … lebte … noch zu Hause, bei unserem Vater. Und das hier ist auf jeden Fall nicht das erste Mal dass er es schafft, verlorenzugehen. Aber früher tauchte er jedes Mal nach ein oder zwei Wochen wieder auf. Wir erhielten einen Anruf von einer Notaufnahme in Clarksdale oder West Memphis, oder von der Polizei unten in Vicksburg, und dann sind wir runtergefahren, um ihn abzuholen.«
    »Und jetzt glauben Sie, er ist hier bei uns?« Ich wieder.
    Erneut waren diese Augen auf einer Höhe mit meinen. »Sie sind noch mal …?«
    Don Lee stellte uns einander vor und erklärte meine Funktion als Berater. Das Wort hing irgendwie in der Luft, verformte Buchstaben, von denen die Farbe tropfte.
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass dem vielleicht so ist.«
    Don Lee hatte sich selbst einen Kaffee eingeschenkt und streute gerade Zucker rein, als es ihm auffiel: »Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Miss Hazelwood?«
    »Nein, aber dennoch vielen Dank.«
    »Und der Grund dafür ist?«, fragte ich. »Zu glauben, dass er hier ist, meine ich.«
    »Ich arbeite als Rechtsanwaltsgehilfin für die Kanzlei Scott und Waldrop. Wir befassen uns mit Erbschaften, Treuhandfonds, Stiftungen. Solche Art von Dingen.«
    »Gute Mandate, sofern man rankommt«, sagte ich, ohne eine Idee, warum ich diese Frau provozierte.
    »Bei der Firma arbeiten neun Anwälte, Mr. Turner. Zwei arbeiten auf eigenen Wunsch ganztägig im Bereich Einwanderung, unrechtmäßige Kündigungen und Bürgerrechtsfragen, meistens kostenlos.«
    »Ich entschuldige mich. Manchmal stehe ich morgens auf und stelle fest, dass ich mich abends zusammen mit diesem totalen Dummkopf schlafen gelegt habe.«
    »Wie findet der Dummkopf das?« Einen Augenblick später fügte sie hinzu: »Ich nehme Ihre Entschuldigung an.«
    Don Lee räusperte sich. »Sie sind den ganzen weiten Weg von St. Louis gekommen?«
    »Ich bin gestern Nachmittag nach Memphis geflogen.
Und heute Morgen sind wir mit dem Auto von Fort Smith aus hierhergefahren.«
    »Wir?«
    Eine Farbige in einem langen Kleid, das an beiden Seiten bis zu den Oberschenkeln geschlitzt war, trat durch die Tür, blieb dort stehen und blinzelte. Erdige Farben, bedruckter Stoff, dezent afrikanisches Design.
    »Entschuldige, wenn ich unterbreche, aber Dad geht’s da draußen nicht so besonders.«
    Das kurz geschnittene Haar lenkte den Blick auf den langen, anmutigen Bogen ihres Nackens, die hohen Wangenknochen - ein schön geformter Kopf. Das Kleid war ärmellos und zeigte ihre geraden Schultern und die wohlgeformten Oberarme.
    Kurz darauf schob die zweite Frau - Adrienne, wie ich bald erfahren sollte - einen Rollstuhl durch die Tür, die von Miss Hazelwood aufgehalten wurde. Darin saß ein Mann mit einer Art militärischem Bürstenhaarschnitt. Haben Sie jemals eine Veranda gesehen, an deren einem Ende die Stützpfeiler fehlten? Daran erinnerte er mich. Alles auf seiner rechten Seite, von der Stirn abwärts über seinen Mund bis zu den Füßen, hing herunter. Ein wenig dichter an der Erde, in der wir alle landen.
    »Daddy, darf ich dir Deputy Sheriff Don Lee vorstellen. Und dies ist Mr. Turner. Memphis Police Department, nehme ich an.«
    Adrienne schob den Rollstuhl in eine Ecke weit ab von der Hitze des Morgenlichts.
    »In Ordnung, Mr. H.?«
    Er drehte den Kopf, um ihr zuzunicken und sie anzulächeln.
Die rechte Seite machte den Eindruck, als wolle sie bleiben, wo sie war, bewegte sich mit einem Tick Verzögerung, selbst als er sich drehte. Das Gleiche mit dem Lächeln. Die linke Seite stimmte für Ja, die rechte Seite enthielt sich ihrer Stimme.
    Adrienne und Sarah Hazelwood tauschten wortlos Blicke aus, angefüllt mit Nachrichten.
    »In St. Louis«, sagte Miss Hazelwood, »bei Scott und Waldrop, erledigen wir eine Menge juristischer Arbeit für den Bezirk.

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