Turner 01 - Dunkle Schuld
Größtenteils Büroarbeiten, Routineangelegenheiten. Fristgerechte Beantragung von Unterlagen, Formulare ausfüllen. Aber wir haben auch Sheriff Landsdale in einem Fall von widerrechtlicher Tötung vertreten, als ein sechzehnjähriges Mädchen an Asthma starb, während sie in seinem Gefängnis saß.«
»Schwarz?« Mein Blick streifte Adrienne. Keine Reaktion.
Miss Hazelwood nickte. »Wir haben seitdem eine besondere Beziehung zu ihm. Dave Strong leitet die IT-Abteilung. Er hat das Computersystem und die Datenbank erstellt und betreibt es praktisch allein. Er ist mein Verbindungsmann.«
»Sie sind also per Anhalter über die Datenautobahn gefahren«, sagte ich.
Diesmal lächelte sie beinahe.
»Vor zwei Tagen markierte sein Computer anhand der Parameter, die er gesetzt hatte, eine Pressemitteilung. Ein nicht identifiziertes Mordopfer, dessen Beschreibung auf meinen Bruder passte. Dave zog sich die Fingerabdrücke, und auch die passten.«
»Die Pressemitteilung hab ich rausgeschickt«, sagte Don
Lee. »Wir hatten unter anderem seine Fingerabdrücke ins Netz gestellt, erhielten aber keine Reaktion darauf.«
»Bei einer von Carls Aufnahmen in eine Psychiatrie wurden seine Abdrücke genommen, ausdrücklich nur für den internen Gebrauch des Krankenhauses. Sheriff Lansdales Leute haben sie für uns miteinander verglichen.«
Später, im hinteren Raum des Empfangszimmers von Dunnes Beerdigungsinstitut, das auch als Leichenschauhaus diente, stand sie neben ihrem Vater, eine Hand leicht auf seiner Schulter, sagte: »Ja. Das ist Carl«, und schaute - nicht schnell oder nervös, aber vorsichtig - von Adrienne zu ihrem Vater. Jeder trug es so gut, wie man erwarten konnte. In Anbetracht der Umstände sogar besser als das.
»So, dann hat ja nun mindestens einer von uns armen Schluckern die ewige Ruhe gefunden«, kommentierte Doc Oldham. Er trank einen Schluck Kaffee und schnupperte dann mit säuerlicher Miene an seinem Becher. Der war verziert mit dem Gesicht eines Mannes, das sich, wenn man heißes Wasser in den Becher schüttete, allmählich in einen Totenkopf verwandelte. »Die verdammte Milch ist mindestens schon einen Tag den Bach runter. Wenn ich Buttermilch gewollt hätte, hätte ich ein Maisbrot dazu bestellt.«
»Sie haben gesagt, zu Hause hätte er den halben Morgen draußen auf der Veranda gesessen und auf die Post gewartet.«
»Dann lagen Sie ja richtig«, sagte Bates. »Als sie meinten, er hielt sich wahrscheinlich für einen Briefträger. Denke nicht, dass er besonders viel Post bekommen hat.«
»Aber er hätte gekonnt. Darum geht es doch. Annahmen,
Versprechen. Als hielte die Welt ihren Atem an, und in diesem einen Moment kann alles passieren, ist alles möglich.«
»Hörte sich aber nicht so an, als wäre sein Leben ein Berg an Möglichkeiten gewesen.«
»Okay, okay. Was ihr hier zu tun hattet, ist jetzt erledigt«, verkündete Doc Oldham plötzlich. »Alle Lebenden, die sich noch bewegen können, verschwinden jetzt von hier - sofort. Auf die toten Leute und mich wartet jetzt Arbeit.«
Kapitel Vierzehn
Randy war der witzigste Typ, den ich je gekannt habe. Damals, am Anfang, mit all seinen »Die Haare bleiben so lange wie Kakerlaken und Zigarettenstummel«-Sprü chen. Ich habe versucht, mit ihm mitzuhalten, hab’s auch eine Weile geschafft, aber er machte mich einfach fertig. Bevor Randy kam, hatte ich einen ganzen Schwung von temporären Partnern, unter ihnen Gardner, der in einem billigen Motel starb, während er sich die traurige Lebensgeschichte einer Prostituierten anhörte. Und Bill, der, glaube ich, in der ganzen Zeit ungefähr dreißig Worte mit mir gewechselt hat, davon zwanzig an dem Tag, als er Sammy Lee Davis bewusstlos schlug, nachdem wir all diese alleingelassenen Kinder gefunden hatten. Dann habe ich eine Weile wieder allein gearbeitet. Randy sollte auch nur vorübergehend sein. Vielleicht vergaßen die Bürohengste, wo sie ihn hingepackt hatten, oder vielleicht dachten sie sich, nachdem Randy und ich ein paar Wochen zusammengearbeitet hatten: Was soll’s, zum Teufel, es schadet keinem …
Der Junge war Jude, bei Gott problematisch in jenen Tagen, sofern man nicht gerade einen Juwelierladen oder ein Möbelgeschäft sein Eigen nannte. Aber nicht einmal Gott war anderen Bullen eine große Hilfe, wenn sie sich entschieden, das zum Thema zu machen. Sie fanden sich plötzlich mit Spitznamen wieder, die sie nicht mehr abschütteln
konnten und genug Witzen auf ihre Kosten, um sie lebendig
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