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Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hatte schon immer ihren eigenen Kopf.«
    »Manche würden sagen, das ist auch gut so.«
    »Manche würden jedes gottverdammte Wort sagen, das ihnen in den Sinn kommt.«
    Doc Oldham ging draußen am Fenster vorbei, sah mich und machte zur Begrüßung ein paar flotte Tanzschritte. Dann richtete er unerklärlicherweise einen Finger auf mich und fixierte mich.
    Sy sah zuerst den Doc an, dann mich. Ich zuckte die Achseln. Sy fuhr fort, mir Geschichten von Sissy Dickkopf zu erzählen.
     
    Doc Oldham trat an diesem Abend eine halbe Stunde nach mir durch die Tür der Blockhütte. Kein Anklopfen, und aus irgendeinem Grund hatte ich ihn nicht kommen gehört - was schon ziemlich erstaunlich war, wenn man bedenkt, was für eine alte Klapperkiste sein Ford-Pick-up war, den er bereits fuhr, seit Nixon und McCarthy ein Herz und eine Seele gewesen waren.
    »So eine Fahrt macht ordentlich durstig«, meinte er.
    Ich schenkte Whisky in ein altes Dessertglas und reichte es ihm. Die Gläser mit ihren dicken Rändern und Kugelfüßen hatten unter der Spüle gestanden, als ich das Haus kaufte. Ich hatte keine Dessertgläser mehr gesehen, seit ich von Zuhause ausgezogen war.
    »Was führt Sie hierher in die Einöde?«
    Er kippte den Bourbon in einem einzigen Schluck
hinunter und linste in das Glas, auf den letzten Tropfen, der aussah wie eine Linse.
    »Bin wegen Ihrer ärztlichen Untersuchung hier.«
    »Sie machen Witze.«
    »Nein. In den Vorschriften steht, zweimal pro Jahr. Wann haben wir die Letzte durchgeführt?«
    »Noch nie.«
    »Genau.«
    Ich hatte schon vor langer Zeit gelernt: Wenn Doc sich trotz all seiner vermeintlichen Unbekümmertheit einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab es kein Zurück. Als er verschiedene Instrumente aus seiner alten Gobelin-Reisetasche zog (»Die ist echt! Noch aus der Zeit nach dem Krieg. Ein paar gute alte Jungs haben den ursprünglichen Besitzer unten in Hattiesburg erschossen«), entledigte ich mich daher, auf Anweisung, der meisten meiner Kleidungsstücke.
    Während er mich piekte und abklopfte und dabei vor sich hin brabbelte, standen wir es irgendwie gemeinsam durch: Ich mit Hilfe von routinierter Tapferkeit, Doc mit Hilfe meines Bourbons. »Nicht schlecht«, meinte er danach, »für einen Mann von … oh, wie alt zum Teufel Sie auch immer sind. Achten Sie darauf, was Sie essen, trinken Sie weniger« - während er den Rest des Bourbons in sein Dessertglas schüttete - »und vielleicht sollten Sie auch über ein Hobby nachdenken, möglichst was mit körperlicher Bewegung. Tanzen zum Beispiel.«
    »Hm? Tanzen?«
    »Jepp.«

    »Wäre es eine körperliche Bewegung, einen alten Mann zu schnappen und in den See zu schmeißen?«
    Er überlegte. »Nun, wenn es was bringen soll, müssten Sie es regelmäßig tun.« Er pfefferte Stethoskop und Reflexhammer in die Tasche, und als er bemerkte, dass die Blutdruckmanschette noch um meinen Arm geschlungen war, nahm er diese ab und schmiss sie auch hinein. »In ein, zwei Tagen bringe ich Ihnen eine Kopie meines Berichts ins Büro. Die Laborsachen dauern ein bisschen länger, die muss ich ins Krankenhaus nach Greer’s Bay schicken. Früher hab ich die Blutuntersuchungen noch selber gemacht, aber jetzt fehlt mir dazu einfach die Geduld.«
    Doc setzte sich Richtung Tür in Bewegung, leichtfüßig wie immer: Die Wände der Holzhütte wackelten.
    »Das musste unbedingt heute erledigt werden, was?«
    Er drehte sich um. »Ich schiebe Sachen ein, wenn’s gerade gut passt.«
    »Klar, das tun Sie.«
    Unsere Blicke begegneten sich. Einen Moment lang sagte keiner ein Wort.
    »Hab gehört, dass Val vielleicht ihre Zelte abbricht.«
    »Schätze mal, nicht nur vielleicht. Tun Sie mir nur einfach einen Gefallen, Doc. Fragen Sie mich bitte nicht, wie’s mir dabei geht, okay?«
    »Käme mir nicht in den Sinn. Trotzdem, tut mir leid.«
    Die Wände wackelten noch ein wenig mehr. Ich blickte durchs Fliegengitter und sah ihn reglos in seinem Truck sitzen. Dann hörte ich, wie der alte Ford hustend
und schnaufend zum Leben erwachte. Ich lauschte, wie er den Weg hinunter und weiter um den See herum fuhr.
    Kurz darauf klingelte das Telefon. Ich ließ mir Zeit, um von der Veranda hineinzugehen. Das Ding verstummte, als ich es gerade erreichte, fing dann aber wieder an, als ich mir einen Drink einschenkte, den ich mit hinaus auf die Veranda nehmen wollte.
    »Du hast den Pieper vergessen«, sagte J.T., als ich den Hörer abhob.
    »Ich hoffe, du hast nicht -«
    »Vergiss es. Wir

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