Turrinis Bauch - Kriminalroman
Whiskey in der Pappen. Aber eh ohne Eis.
Trotzdem macht der Joe gleich noch einen Fehler. Wie er die Gucki beim Krawattl packt und aushebt. So dreißig Zentimeter werden es schon sein. Das Indianerinnengewand aus Rauleder hält das locker aus. Nicht einmal die Nähte krachen. Nur der Joe hält es nicht aus. Wie sich die Gucki an seinen breiten Schultern festhält und ihm mit aller Kraft ihr rechtes Knie in die Eier rammt. Da lasst er sie dann gern wieder aus.
Wird der Pezi zur Abwechslung einmal blass. Wie ihm die Gucki die Szene schildert. Und rückt ein paar Zentimeter weg von ihr. Mit der Frau sollte er sich besser nicht anlegen! Auch wenn er nach dem dritten Bier schon überlegt hat, wie er das anstellen könnt, dass er der Gucki ihren Busen ein bisserl mit der Hand streift: quasi unabsichtlich.
Jetzt aber kein Hindenken mehr an ein Anstreifen! Ist ihm die Schneid vergangen, dem Pezi. Hätte er sich nie träumen lassen, dass er schon fünf Minuten später der Gucki ihre Hüften fest umklammern wird. Bleibt ihm aber nichts anderes über. Hätt ihn ja sonst von der Enfield hinuntergeprackt. Bei dem brutalen Start, den die Gucki jetzt hinlegt.
Hat die Gucki doch glatt seinen Zündschlüssel, seinen Helm, vor allem aber seine Enfield beschlagnahmt. Und ihm grad noch ein winziges Fuzerl Beifahrersitz gelassen.
„Da kannst du gleich einmal was lernen!“, hat sie gesagt. Hat sie das jetzt im journalistischen Sinn gemeint – oder im motorradfahrerischen? Vorläufig kriegt der Pezi einmal ein bisserl Nachhilfeunterricht im Fahren. Wobei er nicht recht weiß, wie er der Gucki ihren Fahrstil einordnen soll: wie eine gesengte Sau – oder doch schon eher Kamikaze?
„Was ist denn jetzt schon wieder los?“, wird man sich fragen. Da sind die Gucki und ihr Praktikant grad noch im Büro gesessen – und jetzt brettern sie auf einmal den Freistädter Stadtberg hinauf, dass die Fußraster in jeder Kurve die schönsten Funken schlagen, dabei aber ein ziemlich ein schiaches Geräusch machen.
Das war so: Wie die Gucki letzten Donnerstag im Altersheim in St. Hans gewesen ist und die alten Herrschaften ein bisserl ausgefratschelt hat, hat sie zum Schluss noch allen ihre Visitenkarte gegeben. Mit ihrer Telefonnummer. Und hat ihnen eingeschärft, dass sie sofort anrufen sollen, wenn ihnen noch was einfallt. Und hat natürlich auch eine Flasche Eierlikör als Belohnung in Aussicht gestellt.
Und wirklich! Grad wie die Gucki dem Pezi erklärt, dass er jetzt sämtliche Vereinsnachrichten redigieren darf, während sie den Leitartikel schreibt, beginnt der Gucki ihre Lederjacke erbärmlich zu kreischen. Natürlich nicht die Jacke, sondern das Handy, das da drinnen ist. Kreischen ist aber kein bisserl übertrieben. Weil sich die Gucki als Klingelton ein Stromgitarrensolo von einem gewissen Alvin Lee ausgesucht hat. Eine Live-Aufnahme von dem berüchtigten Konzert in Woodstock – wenn das wer kennt.
„Bist es du, Gucki? Ich bin’s, der Steidl Gerhard! Kennst mich noch?“
„Eh klar: der Steidi, der alte Geilspecht!“
Die Gucki kennt den Steidi wirklich. Vom letzten Dämmerschoppen vom Musikverein St. Moritz. Da hat er aushilfsweise Tuba gespielt. Weil der Höllerer Leo grad auf Urlaub war. Passiert eh nur alle heiligen Zeiten. Weil der Leo grundsätzlich nur auf Kriegsschauplätze fährt, wo die deutsche Wehrmacht eine gute Figur gemacht hat. So viele Urlaubsziele bleiben ihm da wirklich nicht. Beim Dämmerschoppen war er halt grad in Monte Cassino. Drum hat der Steidi dann die Gucki unsittlich belästigen können. Trotz seiner zweiundachtzig Jahre. Und letzte Woche hat er sie in St. Hans wieder ein bisserl belästigt. Der alte Saubartl, der!
Und jetzt belästigt er sie telefonisch. „Einen Eierlikör hab ich mir auf jeden Fall verdient. Wenn nicht sogar ein Busserl!“, schreit der Steidi in sein Handy. Wie wenn die Gucki genau so terrisch wär wie seine Mitbewohner im Altersheim.
„Und mit was? Ist dir jetzt nach langer reiflicher Überlegung doch noch der Mörder eingefallen?“ Ziemlich schnippisch, die Gucki – wenn du mich fragst. Dabei muss man gerade mit älteren Herrschaften ziemlich eine Geduld haben, wenn man von ihnen was erfahren will. Das sollte sie eigentlich wissen, die Gucki!
Aber der Steidi ist so stolz auf seine Neuigkeit, dass er der Gucki ihre Bosheit komplett überhört. „Mörder hab ich keinen, aber eine neue Leich kann ich anbieten!“
„Hn?“ Hat es der Gucki zuerst die Sprache verschlagen.
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