Turrinis Bauch - Kriminalroman
fragen.
Ganz einfach! Weil die Milli beim besten Willen nicht mehr zwei Wochen lang durcharbeiten hat können. Weil ihre Tochter, die Diana, jedes Mal komplett durchgedreht hat, wenn die Mama fortgefahren ist. Da hat nicht einmal die Erni der Milli so viel zahlen können, was die ganzen Psychiater für die Diana gekostet haben.
Weil aber die Leni auch aufgehört hat – sie hat ja auch unbedingt diese blöde Ausbildung machen müssen, ist die Erni wieder allein dagestanden. Hat sich monatelang mit einer unfähigen Pflegerin nach der anderen herumgeärgert. Und ist dann zum Schluss auch nach St. Hans übersiedelt. Damit sie wieder bei der Milli und bei der Leni sein kann.
Und bis vor kurzem war eh alles in bester Ordnung. Die Milli hat sich rührend um sie gekümmert, die Leni auch. Und alle anderen Pflegerinnen haben auch gespurt. Weil sie ihnen das Trinkgeld nur so in den Arsch hineingeschoben hat. Aber grad wie alles gepasst hat, hat er zugeschlagen. Wieder einmal zugeschlagen muss man sagen. Er, der Tod!
„Zuerst hat er mir den Horsti genommen, dann den Horst, dann die Milli und zum Schluss auch noch die Leni. Und jetzt bist du mein einziger Lichtblick!“, hat die Erni ihre traurige Geschichte beendet. Und hat die Gucki dabei so hoffnungsvoll angeschaut, dass der Gucki ganz anders geworden ist.
Sicher, sie hat in letzter Zeit schon öfter überlegt, ob sie nicht auf ihre sinnlose Arbeit bei den Mühlviertler Nachrichten scheißen soll. Und sich eine sinnvolle Arbeit suchen soll. Wo sie wirklich gebraucht wird. In der Altenpflege – zum Beispiel. Die dreijährige Ausbildung zur Altenfachbetreuerin macht sie doch mit links!
Nur hat die Gucki in den drei Wochen Praktikum halt auch gemerkt, dass die alten Menschen mehr brauchen als professionelle Pflege. Was sie wirklich brauchen, ist Zuwendung, Zuneigung und Zärtlichkeit. Also ganz schön viel! Ist sich die Gucki nicht so sicher, ob sie das auf die Dauer bringen kann.
Auch wenn sie dafür von den Alten ziemlich viel zurückkriegt. Dankbarkeit und Zuneigung. In welchem Beruf kriegst du das schon? Wegen dem Geld brauchst du allerdings nicht in der Altenpflege arbeiten. Sprich: Bezahlung hundsmiserablig!
Und wird auch garantiert nicht besser werden. Ist nur eine ganz einfache Rechnung, die die Gucki da anstellen muss. Die Anzahl der alten Leute, die in ein Heim müssen, wird in den nächsten Jahren rapid ansteigen. Weil sie keiner mehr daheim pflegen will. Wird der Staat dann mehr Geld zur Verfügung stellen? Nein, sicher nicht!
Werden die Altenpflegerinnen daher noch mehr am Fließband arbeiten müssen. Und schlechter zahlen wird man sie auch. Sprich: billige Hilfskräfte statt teure Fachkräfte mit Diplom! Hat ja schon längst angefangen. Dass das Arbeitsamt arbeitslose Frauen einfach in die Altenpflege steckt. Ganz egal, was sie vorher gemacht haben – ganz egal, was sie können – ganz egal, was sie wollen!
Braucht sich die Gucki ja nur die Hammerer Elfi anschauen. Nicht mehr vermittelbar. Weil sie achtunddreißig Jahre alt ist. Genau so alt wie die Gucki. Aber als Sekretärin nicht mehr tragbar. Zu alt und zu dick. Da nutzen ihr auch die schönen aufgepickten Fingernägel nix, auf die die Elfi so stolz ist!
Die macht jetzt seit einer Woche ein Praktikum in St. Hans. Geplant sind drei Monate. Aber die Gucki weiß heute schon, dass die Elfi nicht einmal drei Wochen durchhalten wird. Weil sie für diese Arbeit ganz einfach nicht geeignet ist. Und nicht nur wegen den hinigen Bandscheiben, die sie sich vom vielen Sitzen vor dem Computer geholt hat – weil sie für den Umgang mit alten Menschen ganz einfach nicht geeignet ist.
Schon eigenartig, was der Gucki jetzt so alles durch den Kopf geht. Ich mein: Wenn ich schon bei einem Notar einbreche und vor dem geöffneten Tresor steh, dann such ich mir schnell die Papierln heraus, die ich brauch, mach mir vielleicht noch eine Kopie und verschwind dann wieder so schnell wie möglich.
Hat die Gucki auch vorgehabt. An sich. Ist aber dann doch irgendwie ins Sinnieren gekommen. Wie das halt so ist, wenn man den Kopf voll hat. Da kann man es sich nicht aussuchen, wann die Erinnerungen daherkommen. Die kommen und gehen sowieso, wie es ihnen passt.
Und außerdem hat es die Gucki eh nicht trawig. Weil der Canetti sowieso Posaune spielt. Nicht einmal so schlecht! Man hört ja die Blasmusik vom Marktplatz herüberwehen. Hört die Gucki akkurat die Posaunen heraus. Überlegt sogar, ob sie nach dem Testament-Kopieren
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