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Turrinis Bauch - Kriminalroman

Turrinis Bauch - Kriminalroman

Titel: Turrinis Bauch - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Friedrich Altmann
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noch ein bisserl auf den Dämmerschoppen gehen soll. So auf ein, zwei Bier. Hat sich ja für den heutigen Abend außer dem Einbruch nichts vorgenommen. Na, die hat vielleicht Nerven!
    Aber was! So riskant ist die ganze Sache dann auch wieder nicht. Dem Canetti sein Haus steht ganz allein am Ortsrand. Weit und breit kein neugieriger Nachbar! Der Garten aber eine einzige Wildnis. Dass du das Haus von außen kaum siehst. Und dahinter auch schon der Wald. Durch den die Gucki gekommen ist. Und durch den sie wieder verschwinden wird.
    Für was soll sich die Gucki also tummeln? Zeit über Zeit! Kann sie sich die Kanzlei in Ruhe anschauen. Muss zugeben, dass dem Canetti sein Büro Stil hat. Ein graziler Schreibtisch aus Kirschholz, vermutlich josephinisch, mit einem dazupassenden Sessel. Nicht so ein protziger Polsterleder-Chefsessel, wie ihn die wichtigen Männer sonst haben.
    Das ist aber noch lang nicht alles! Ein bisserl kommt sich die Gucki vor wie in einem Museum. Möbel aus allen Epochen – vom Bauhaus bis zum Jugendstil. Aber so gruppiert, dass alles miteinander irgendwie zusammenpasst. Stil eben!
    Nur halt altmodisch. Computer, Kopierer und das ganze andere moderne Glumpert ist ins Sekretärinnen-Büro verbannt. Das einzige Ding im ganzen Canetti-Büro, das aus dem 20. Jahrhundert stammt, ist ein Telefon. Aber ein altes. Mit Wählscheibe. Die Gucki traut dem Canetti sogar zu, dass er Telephon schreibt. Statt Telefon . Weil an den Wänden ausschließlich zartblasse Biedermeier-Aquarelle hängen.
    „Scheiße! Warum gefällt mir sowas?“, muss sich die Gucki jetzt fragen. „Dieses Großbürgerliche-Stil-Getue ist doch sowas von abgefuckt! Genauso wie der Jaguar ! Genauso wie der ganze feine Herr Notar!“
    Ist schon berechtigt, dieser Gefühlsausbruch. Weil der Gucki alle diese Sachen kein bisserl imponieren, aber trotzdem gefallen. Wirklich gefallen. Genauso wie der Sommeranzug in Olivgrün. Leidet sie leicht an hormonbedingter Geschmacksverwirrung? Weil ihr der Canetti auch gefallen hat, wenn sie ganz ehrlich ist.
    Kann ich die Gucki aber beruhigen. Hormonmäßig. Für alte Sachen hat sie ja schon immer eine Vorliebe gehabt. Ihr Karmann Ghia ist Baujahr 1958, und die Bauernmöbel in ihrem Haus könnten auch in einem Museum stehen. Und außerdem hat sie schon immer für ältere Herren geschwärmt. Da ist ja der Herr Notar mit seinen zweiundfünfzig Jahren vergleichsweise direkt ein junger Hupfer.
    „Und was ist dann mit dem Pezi?“, wird man sich fragen. Zumindest wenn man aufgepasst hat.
    Meingott – der Pezi! Das ist mehr so ein einmaliger Ausrutscher. Im Suff halt. Wobei man eher sagen muss: im Delirium . Weil sich die Gucki beim besten Willen an nichts mehr erinnern kann. Nicht einmal: ob?
    Weil sie aber nicht weiß, ob sie mit dem Pezi ge­schnackselt hat, weiß sie natürlich auch nicht, ob sie jetzt schwanger ist. Muss sie vielleicht nach dem Einbruch beim Notar auch noch beim Apotheker von Weißenbach einbrechen und einen Schwangerschaftstest mitgehen lassen?
    So, jetzt aber wirklich! Jetzt nimmt sich die Gucki wirklich einen Stapel nach dem anderen vor – und spätestens in einer halben Stunde hat sie das Testament von der Erni in der Hand!
    Auf einmal funktioniert der Gucki ihr Hirnkastl wie ein Uhrwerk. Keine blöden Erinnerungen, keine blöden Gedanken – nur mehr geballte Konzentration! Arbeitet sich so konzentriert durch die turmhohen Stapel von Aktenmappen, dass ihr fast entgangen wär, dass die Musik aufgehört hat zu spielen. Macht nix! Eh erst acht! Wird halt Pause sein. Weiter!
    Endlich! Eine blassrosa Mappe mit der Aufschrift:
    Hungerbauer, Erna
    VERLASSENSCHAFTSANGELEGENHEITEN
    Eine ziemlich eine dicke Mappe. Trotzdem – in ein paar Minuten weiß sie ganz genau, was gespielt wird!
    Dauert aber gar nicht so lang, bis die Gucki das weiß. Weil in der atemlosen Stille, die nur vom zarten Schwingen einer Pendeluhr durchschnitten wird, hört die Gucki auf einmal so ein komisches knirschendes Geräusch. Fast so, wie wenn der Turrini in einen Knochen hineinbeißt. Nur halt irgendwie metallischer.
    Hat sich wirklich nicht geirrt, die Gucki. Das metallische Knirschen kann nur vom Hahn der Vorderlader-­Pistole gekommen sein, die jetzt auf sie gerichtet ist. Hat schon Stil, so ein Vorderlader. Und auch die schmale Lesebrille mit dem Goldrand steht ihm wirklich gut, dem Canetti.

XIV
    G’schickt ist eines der interessantesten Wörter, das ich kenn. Dabei ist es nicht einmal ein Dialektwort. Nur

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