Turrinis Bauch - Kriminalroman
dem Canetti seine Beziehungen hätte der Gucki nämlich auch das schönste Alibi nix genutzt – wär trotzdem in U-Haft gesessen, bis sie schwarz geworden wär. Weil sich die Frau Gruppeninspektor Punzenberger halt einmal auf die Gucki versteift hat. Die und keine andere ist die Mörderin!
Ganz einfach, weil ihr diese Wurm unsympathisch ist. Nicht nur wegen der Watschen, die sie von ihr gefangen hat: von Anfang an! Und jetzt muss sie diese heimtückische Mörderin laufenlassen, nur weil da auf einmal so ein gerissener Anwalt antanzt und für beide Tatzeitpunkte ein bombensicheres Alibi präsentiert?
Und was ist dann mit den DNA -Spuren von dieser Wurm? Seit die Helli beim deutschen Bundeskriminalamt in Wiesbaden ein DNA -Seminar gemacht hat, ist sie felsenfest davon überzeugt, dass man praktisch jeden Kriminalfall mit DNA -Spuren aufklären kann.
Hat aber dieser schmierige Anwalt schon wieder eine fadenscheinige Erklärung: Die Wurm hätte am 1. Juni am Nachmittag – also nachweislich vor dem Tatzeitpunkt – den Friedhof in St. Anton aufgesucht, um am Kriegerdenkmal ein Gebet für ihren verstorbenen Großvater zu sprechen. Weil Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg. So eine schwachsinnige Behauptung!
Aber nein, der Staatsanwalt zieht den Schwanz ein, und der Untersuchungsrichter fällt auch um! Typisch Männer: feig und dumm! Aber die Frau Gruppeninspektor Punzenberger wird es ihnen allen noch zeigen! Weil: Wenn sie sich einmal in was verbissen hat, dann lässt sie nimmer locker, die Helli. Bei einem Kampfhund tät man das Kiefersperre nennen.
Der Turrini ist zwar eher das Gegenteil von einem Kampfhund, leidet aber auch an Kiefersperre. Hat seit Sonntag keinen Bissen gefressen. Weil es ihm im Tierheim so überhaupt nicht taugt. Vielleicht leidet er aber nur unter Entzugserscheinungen. Weil sie dir in so einem Tierheim zum Fressen nur Wasser servieren. Und der Turrini ist halt einmal ein kühles Bier gewohnt.
Meingott, ist das ein Hallo, wie ihn die Gucki abholt! Begrüßt er sein Frauli so stürmisch, dass ihre weißen Strümpfe nachher zum Wegschmeißen sind. Mehr Löcher als sonst was! Kann sich der Canetti gar nicht recht aufs Autofahren konzentrieren. Weil er nicht weiß, wo er zuerst hinschauen soll: nach vorn, auf der Gucki ihre nackerten Haxen – oder doch lieber nach hinten? Ob der narrische Hund die Lederpolsterung von seinem Jaguar zerfetzt?
Muss aber recht an der Gucki interessiert sein, der Herr Notar. Sonst hätt er nicht an diesem Dienstagvormittag alle Termine abgesagt. Wird sich vielleicht Hoffnungen machen, dass er der Gucki beim Duschen oder wenigstens beim Abtrocknen ein bisserl helfen darf. Weil sie nach zwei Tagen U-Haft doch ein bisserl streng riecht. Auch nicht viel besser als wie der Hund.
Werden aber nicht erfüllt, dem Canetti seine Hoffnungen. Wie es im Leben halt öfter so ist. Weil dann daheim nicht die Badewanne auf die Gucki wartet, sondern der Pezi. Den hat die Gucki ja gleich nach ihrer Entlassung telefonisch herbestellt.
Weil Dienstag. Ist gleich: Redaktionsschluss der Mühlviertler Nachrichten . Weil die Gucki eine super Geschichte für die Zeitung hat. Praktisch nach dem Motto: Wenn einer in der U-Haft sitzt, dann kann er was erzählen. Sprich: Der haben sie doch ins Hirn geschissen, der depperten Kripo!
Jetzt ist der Pezi aber nicht allein gekommen, sondern hat auch gleich die Diana angeschleppt. Was hätt er denn sonst mit ihr machen sollen? Ist das Mädel auf einmal dagestanden. In der Redaktion der Mühlviertler Nachrichten. Und hat geplärrt. Hat nur mit der Gudrun Wurm reden wollen. Weil sie so eine schöne Geschichte geschrieben hat. Über ihre Mama.
Dabei war der Gucki ihr Leitartikel mehr so allgemein gehalten. Der, der vor einem Monat in den Mühlviertler Nachrichten erschienen ist. Anlässlich vom Tod der Milena. Über die Schwerstarbeit, die die slowakischen Hauskrankenpflegerinnen leisten. Und über die traurigen Kinder in der Slowakei, die immer vierzehn Tage lang auf ihre Mama warten müssen.
Hat die Diana natürlich geglaubt, dass da sie gemeint ist. Wie sie die Zeitung in die Hände gekriegt hat. Hat ja gut Deutsch können. Lernt sie ja in der Schule. Hat sie nicht lang überlegt und ist nach Freistadt gefahren. Allein! Per Autostopp! Aus der Slowakei!
Hat ja der verständnisvollen Journalistin unbedingt den Brief zeigen müssen. Den Drohbrief, den die Mama gekriegt hat. Eine Woche vor ihrem Tod. Den Brief, über den sie noch miteinander gelacht haben.
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