Turrinis Jagd: Kriminalroman
Achtung!
Trotzdem muss die Gucki zuerst einmal lachen, wie sie den Dagobert Duck sieht. Weil oben Enten-Maske, Zylinder und Gehrock, unten aber die Hosen hinuntergelassen. Praktisch ein nackerter Mann. Denkt die Gucki natürlich sofort an so ein Spiel, so ein Sado-Maso-Spiel halt. Weil das Perverse heutzutag eh schon normal ist.
âSuch die strenge Herrin !â, sagt sie also zum Turrini. Muss man jetzt dazusagen, dass ihr kleiner Hund mit seinen elf Jahren eigentlich schon ein alter Herr ist und schlecht sieht und schlecht hört. Riechen tut er aber noch immer eins a. Praktisch Spürhund. Findet auch gleich eine Spur, führt zum Parkplatz neben der Friedhofsmauer. Dort stehen zwar haufenweis Autos, aber keine einzige strenge Herrin weit und breit. Bleibt der Gucki nichts anderes über, als dass sie den Dagobert Duck selber befreit. Ist ja bis zur BewegungsÂlosigkeit mit Kabelbindern an die graniterne Säule vom Windgschliefer Pranger gefesselt.
Muss ich vielleicht doch einmal erklären, was ein Pranger ist. Besser gesagt: war, gibt es ja seit ein paar hundert Jahren nimmer. Hat es früher aber in jedem Ort gegeben, wo ein Gericht war. War sozusagen das Symbol für die Gerichtsbarkeit und gleichzeitig ein fester Bestand des Gerichtsurteils. Weil bei harmloseren Vergehen die Strafe darin bestanden hat, dass der Verurteilte an den Pranger gestellt wurde. Das heiÃt aber nichts anderes, als dass der arme Hund an irgendeine Säule gefesselt worden ist. Je schlimmer das Vergehen war, desto länger hat er dort stehen müssen. Und desto länger haben ihn seine lieben Mitmenschen dann straflos ausspotten, anspucken oder verdreschen dürfen. Eigentlich praktisch: Hat sich die Justiz gar nicht selber die Hände schmutzig machen müssen.
Jetzt ist der Pranger von Windgschlief aber ein wirklich ein schönes Exemplar. Aus dem Spätmittelalter. Eine runde Säule aus Granit, zweieinhalb Meter hoch, drauf ein quadratischer Sockel mit einem so genannten Pranger-Mandl. Ein Ritter mit Schild und Schwert. Das Wappen am Schild erklärt, wer da Recht gesprochen hat, das Schwert steht für die Strafe. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Drum besteht das Pranger-Mandl auch nur aus einem Oberkörper. Mehr braucht es ja nicht.
Irgendwie passt es sogar zusammen, ergibt ein schönes Gesamtbild: oben das Mandl aus dem Mittelalter und unten das Comic-Mandl aus Entenhausen. Beide nur Oberkörper. Weil ja ein nackerter Unterkörper von einem Mann zu einer Ente nicht dazupasst.
Kann sich die Gucki das Lachen nicht verbeiÃen. Vergeht ihr aber ziemlich schnell, wie sie dem Dagobert Duck den Zylinder und die Enten-Maske abnimmt. Aber nicht, weil ihr der Herr Raika-FilialÂleiter in die Augen schaut, dem sein arrogantes Gschau kennt sie ja eh schon. Nur jetzt schaut er so starr, dass der Gucki sofort klar ist: Leben tut der nimmer!
Den Puls fühlen muss sie aber trotzdem. Und schreckt sich gleich noch einmal. Weil die Haut noch warm ist. Praktisch normale Körpertemperatur. Kann also noch nicht lang her sein, dass er tot ist. Jetzt fällt der Gucki auch wieder ein, wie er heiÃt, der Herr Filialleiter von Windgschlief: Leonhard Gierlinger.
Zieht sie ihm also die Enten-Maske wieder übers Gesicht und setzt ihm den Zylinder wieder auf. Für den Foto-Termin. Weil die Gucki für die Mühlviertler Nachrichten ein paar Fotos gut brauchen kann. So eine bizarre Sex-Spielchen-Story kommt beim Leser immer gut an.
âUnd wenn es gar nicht um Sex geht, sondern um die Raika?â, fragt die Gucki dann ihren kleinen Turrini.
Weil der alles versteht, was sein Frauli sagt, und gleich bellt, also: zustimmend bellt, bleibt es der Gucki nicht erspart, dass sie die Leiche noch einmal angreift und den Gehrock aufknöpfelt. Ob der Gierlinger irgendwo eine Verletzung hat. Praktisch: Todesursache?
Kann aber nix finden. Bis auf die Narbe von einer Blinddarmoperation, und an der wird er nicht gestorben sein. Da sind die Blutergüsse an den Unterarmen und an den FuÃknöcheln schon aufschlussreicher. Sprich: Der Mörder hat den Gierlinger gefesselt, dann zum Pranger geschleppt und dann mit einem Haufen Kabelbinder an der Säule fixiert.
Fällt der Gucki natürlich sofort der Hias ein. Ist ja nach zweitägigem Verhör wieder auf freiem FuÃ, wie das so schön heiÃt. Verwirft den Gedanken aber gleich wieder, traut sie ihm einfach nicht zu, dem Hias.
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