Turrinis Jagd: Kriminalroman
jetzt auf ein Bier freut! Wenn es nur kein Brau AG ist! Aber so was Letztklassiges traut sie der Nona eigentlich nicht zu.
IX
âBumsen ist nicht bumsen!â
Da trau ich mir wetten: Jeder, der beim Wort bumsen an Geschlechtsverkehr denkt, ist in den SiebzigerÂjahren des 20. Jahrhunderts aufgewachsen. Und hat im BRAVO den Dr. Sommer gelesen. Das BRAVO war damals die beliebteste Jugendzeitschrift, hauptsächÂlich bunte Bilderl von den Stars der Hitparade. Die beliebteste Kolumne dieser Zeitschrift aber war der Dr. Sommer, der Sex-Ratgeber. So wie heute die Gerti Senger in der Kronen Zeitung . Nur dass die für Erwachsene schreibt.
Aufgebaut war die Kolumne als Frage-und-Antwort-Spiel. Ein Leserbrief-Schreiber stellt eine Frage zum Thema, der Herr Doktor gibt Antwort. Heute lacht man natürlich über die depperten Fragen, die damals gestellt wurden. Wie: Kann man vom Küssen Kinder kriegen? Aber damals, wie die Jugend kein bisserl aufgeklärt war, weil die Eltern und Lehrer alle miteinander total verklemmt waren, damals hat der Dr. Sommer wirklich elementare Aufklärungsarbeit geleistet.
Nur halt leider in deutscher Sprache. Ist ja aus Deutschland gekommen, das BRAVO . Und damit mein ich Piefkinesisch . Haben auch bei uns im Mühlviertel die Jugendlichen nur mehr bumsen gesagt. Oder vögeln . Pudern haben damals nur mehr die gesagt, die kein Taschengeld fürs BRAVO gekriegt haben.
Die Gucki denkt bei bumsen sowieso an ganz an was anderes. Aber nicht nur, weil sie den Dr. Sommer nie gelesen hat â nein, weil bumsen eines der Lieblingswörter vom Opa war. Beziehungsweise eine seiner Lieblingsbeschäftigungen. Aber natürlich nicht im Sinn von Geschlechtsverkehr â einen Geschlechtsverkehr mit der Oma hat sich die Gucki sowieso nie vorstellen können â, nein, bumsen im Sinn von: etwas zur Explosion bringen, etwas in die Luft sprengen. Das hat dem Opa getaugt.
Erstens war er ein Freund der so genannten SüdÂtiroler Bumser . Das waren so Fanatiker, die in den Sechziger- und auch noch in den Siebzigerjahren Strommasten und Denkmäler in Südtirol in die Luft gejagt haben. Angeblich, weil sie den Anschluss von Südtirol an Ãsterreich wollten. Aber wahrscheinlich wird es ihnen einfach gefallen haben, wenn es ordentlich gekracht hat.
Eine Leidenschaft, die sie mit der Gucki ihrem Opa geÂteilt haben. Nur hat sie der nie richtig ausleben können. Was hat er denn von dem Sprengmeisterkurs geÂhabt? Gar nix hat er davon gehabt! Weil der Herr Ingenieur Wagner beim StraÃenbauamt der oberösterÂreichischen Landesregierung Karriere gemacht hat. Und als Herr Amtsdirektor musst du halt einmal im Büro sitzen und kannst nimmer fröhlich in der Gegend herumsprengen.
Hat der Opa halt in seiner Freizeit gesprengt, was nur gegangen ist. Besser gesagt: was die Oma erlaubt hat. Viel war es nicht. Hat ja als Spreng-Areal nur das Wochenendhaus in St. Anton gehabt, der Opa. Das Haus, in dem die Gucki jetzt seit elf Jahren wohnt. In dem man heute noch die Risse sieht, die entstanden sind, wie der Opa in den Felsen, auf dem das Haus steht, einen Erdkeller hineinsprengen wollte. Wenn die Oma damals nicht rechtzeitig von der Kur in BadÂ- gastein heimgekommen wär, ich bin mir sicher, dass die Gucki heut kein Haus hätt.
Nach dieser Keller-Geschichte hat sich der Opa dann mit bescheidenen Sprengungen begnügen müssen. Dort und da einmal eine freche Wühlmaus, hie und da einmal ein knorriger Wurzelstock. Im besten Fall ein lästiger Granitbrocken. Trotzdem wird die Gucki diese Bumsereien nie vergessen. Obwohl die Oma nur alle zwei Jahre für drei Wochen auf Kur gefahren ist und der Opa daher nur in diesen drei Wochen in Ruhe sprengen hat können, kommt es der Gucki vor, wie wenn ihre ganze Kindheit ein einziges groÃes Bumsen gewesen wär.
Drum ist ihr auch sofort klar, was da gespielt wird, wie es jetzt kracht. Wie sie jetzt die Druckwelle spürt. Da bumst einer! Und wie! Ein echter Profi noch dazu. Weil sie das Reisig fliegen sieht, mit dem du das SprengÂobjekt abdecken musst, dass keine Steine oder Betonbrocken in der Luft herumsausen.
âWie du hörst, sind wir schon fast daâ, bemerkt die Nona so nebenbei. Wie wenn das Bumsen für sie das Normalste auf der Welt wär.
Und wirklich, im nächsten Moment taucht auch schon ein stattlicher Dreiseithof vor ihnen auf. Mit SteinbloÃ-Mauern, typisch für das
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