TURT/LE: Riskantes Manöver (German Edition)
halbwegs präsentabel zu wirken. Sie schämte sich nicht dafür, mit Chris geschlafen zu haben, aber es musste auch nicht jeder sofort sehen, sobald sie den Raum betrat.
Als sie fertig war, klopfte sie an die Tür zum Badezimmer. »Bist du fertig?«
Anstelle einer Antwort öffnete sich die Tür und Chris trat vollständig angezogen in ihren Raum. »Ja. Lass uns gehen.« Er legte seine Hand auf ihren Rücken und führte sie zur Tür.
Kyla blieb stehen und schüttelte seine Hand ab. »Wäre es nicht besser, wenn wir jeweils aus unserem eigenen Raum kommen?«
Amüsiert blickte Chris sie an. »Du denkst doch nicht wirklich, dass wir so irgendjemanden täuschen können, oder?«
»Nein, vermutlich nicht.« Kyla straffte ihre Schultern, öffnete die Tür und trat auf den Flur hinaus.
Jade hielt sich im Hintergrund, als I-Mac in seinem Rollstuhl ins Wohnzimmer rollte. Es schmerzte zu sehr, den früher so lebhaften SEAL in seiner Beweglichkeit so stark eingeschränkt zu sehen. Besonders da es ihre Schuld war, dass er die Verletzungen überhaupt erlitten hatte. Gut, genau genommen war Mogadir dafür verantwortlich, aber wenn I-Mac sich nicht in der Festung aufgehalten hätte, um sie zu retten, wäre er auch nicht in die Explosion geraten. Eine Hand legte sich um ihre Taille, und sie zuckte zusammen, bevor sie erkannte, dass es Hawks war. Mit Mühe entspannte sie sich und lehnte sich gegen ihn. Seine Wärme in ihrem Rücken gab ihr die Kraft, nicht zurückzuweichen und sich irgendwo zu verstecken, als I-Mac auf sie zukam, nachdem er die anderen begrüßt hatte.
Er wirkte schmaler als vorher, seine Gesichtszüge kantiger. Falten hatten sich in seine Haut gegraben, die wahrscheinlich von den Schmerzen herrührten. Seine blauen Augen, in denen sonst oft der Humor aufblitzte, hatten nun etwas von ihrem Glanz verloren und blickten wesentlich ernster. Nur seine Haare waren noch genauso leuchtend rot wie früher. Jade bemühte sich, ihn nicht ihr Mitleid spüren zu lassen, aber sie glaubte nicht, dass sie viel Erfolg damit hatte.
Trotzdem lächelte er sie an. »Hallo, Jade. Es ist schön, dich wiederzusehen.« Er hielt ihr nicht die Hand hin, vermutlich war er instruiert worden, dass sie Berührungen nicht ertrug.
Deshalb war sie selbst über sich erstaunt, als sie sich herunterbeugte und ihn auf die Wange küsste. »Es ist auch schön, dich zu sehen, John.«
Diesmal kräuselten sich auch seine Augenwinkel, als sein Blick zu Hawk glitt, der immer noch dicht hinter ihr stand. »Hallo, Hawk.«
»I-Mac.«
Bildete sie es sich nur ein, oder klang Hawk sehr kurz angebunden? Sie wollte sich zu ihm umdrehen, aber sein Griff um ihre Taille verstärkte sich. Da sie keine Szene machen wollte, ließ sie es geschehen und konzentrierte sich wieder auf I-Mac – oder vielmehr auf die Person, die hinter ihm stand. Sie trug westliche Kleidung, hatte aber ein Kopftuch um, das ihre Haare und den unteren Teil ihres Gesichts verdeckte. Jade starrte sie an. Nurja? Zwar hatte sie gehört, dass die Afghanin bei I-Mac lebte und sich um ihn kümmerte, aber sie hatte nicht erwartet, dass sie mitkommen würde.
»Ihr kennt euch ja noch, oder?« I-Mac blickte über seine Schulter, und die Frau nickte. »Nurja hat darauf bestanden, mich zu begleiten, weil ja einer darauf achten muss, dass ich die Anweisungen des Arztes einhalte.«
Nurja warf ihm einen undeutbaren Blick zu, bevor sie sich zu ihr umwandte. »Hallo, Jade.« Nurja sprach Englisch mit einem deutlich vernehmbaren Akzent.
Jade war ein wenig verlegen. Eigentlich wäre es richtig gewesen, Nurja zu besuchen, nachdem sie sich beide halbwegs von ihren Verletzungen erholt hatten, aber Jade hatte es nicht über sich gebracht. Zu groß war die Angst, von den Erinnerungen wieder in den Abgrund gerissen zu werden. Wahrscheinlich war das ein Fehler gewesen. Jetzt bedauerte sie es, denn sie konnte sich vorstellen, wie schwer es für Nurja gewesen sein musste, sich nach der Tortur und dem Verlust ihres Ehemannes mit ihren fünf Kindern plötzlich in einer völlig anderen Welt zurechtzufinden.
»Ich freue mich, dich zu sehen, Nurja. Wie geht es deinen Kindern?«
»Sehr gut, sie haben sich schon gut … eingelebt. Sie sind bei Rose, solange ich hier bin.« Ein Lächeln war in ihrer Stimme zu hören.
Offensichtlich hatte sich Nurja mit Rocks Lebensgefährtin angefreundet, was Jade freute. Die Expertin für fremde Kulturen wusste sicher genau, wie sie der Afghanin den Einstieg hier erleichtern konnte.
Weitere Kostenlose Bücher