TURT/LE: Riskantes Manöver (German Edition)
Auge zugemacht hatte, war sie völlig fertig. Mit letzter Kraft schob sie die Schlüsselkarte in den Schlitz und stieß die Tür auf. Sie stolperte in das Zimmer, zog ihre nasse Kleidung aus und fiel auf das Bett. Kyla schaffte es gerade noch, unter die Decke zu krabbeln, bevor ihre Augen zufielen und sie in einen tiefen Schlaf versank.
Scheinbar Sekunden später setzte Kyla sich ruckartig auf. Für einen Moment wusste sie nicht mehr, wo sie sich befand, doch schließlich erinnerte sie sich daran. Es war stockdunkel im Zimmer und ein Blick auf den Radiowecker zeigte, dass es erst zwei Uhr nachts war. Dumm nur, dass sie plötzlich hellwach war, und sich zu allem Überfluss auch noch ihr Magen bemerkbar machte. Nach ihrer Ankunft hätte sie sich etwas zu essen besorgen müssen, weil sie ihre Vorräte schon während des Flugs vertilgt hatte, aber sie war einfach zu müde gewesen. Das rächte sich nun. Kyla schob mit einem tiefen Stöhnen die Beine aus dem Bett und schaute entnervt auf ihre nasse Kleidung, samt dreckigen Schuhen, die in einem Haufen auf dem Boden lagen. Kopfschüttelnd hob sie die Sachen auf, hängte sie über eine Stuhllehne und tappte zum Bad.
Sie wusch ihr Gesicht mit eiskaltem Wasser und kämmte ihre zerzausten Haare, bevor sie die Strähnen mit einem Haargummi zurückband. Dabei vermied sie einen zu genauen Blick in den Spiegel. Rasch kehrte sie ins Zimmer zurück und zog sich Jeans und Pullover an. Auch wenn sie lieber ins Bett zurückkehren wollte, wusste sie, dass sie mit knurrendem Magen sowieso keinen Schlaf finden würde. Auf dem kleinen Tisch in der Ecke des Zimmers fand sie einen Flyer vom Hotel, in dem etwas über das Hotelrestaurant stand. Beim Anblick des Fotos, das reich gedeckte Tische zeigte, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Enttäuscht stöhnte sie auf, als sie gleich darauf sah, dass das Restaurant bereits um Mitternacht schloss. Verdammt!
Aber vielleicht konnte sie doch noch irgendetwas zu essen bekommen, und wenn es nur ein Sandwich war. Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm den Telefonhörer in die Hand. Die 0 verband sie mit der Rezeption. Eine unglaublich muntere Frauenstimme meldete sich.
»Mosley hier, von Zimmer 37. Ich weiß, dass das Restaurant geschlossen ist, aber könnte ich trotzdem noch etwas zu essen bekommen?«
»Oh, es tut mir leid, Ms Mosley, das ist leider nicht möglich, weil die Küche zu ist.«
Kyla schloss die Augen. Das war ja klar. »Gibt es hier einen Automaten, wo ich mir wenigstens einen Snack besorgen kann?«
»Auch den haben wir nicht, es tut mir wirklich leid. Aber einige hundert Meter weiter gibt es einen McDonald’s, der rund um die Uhr geöffnet hat. Vielleicht haben Sie auch noch Glück und finden einen offenen Kiosk.«
»Wie komme ich zu dem McDonald’s?« Es war nicht gerade ihre bevorzugte Fastfood-Kette, aber in der Not …
»Kommen Sie auf Ihrem Weg nach draußen einfach am Empfang vorbei, dann gebe ich Ihnen eine Wegbeschreibung.«
»Das mache ich, danke. Bis gleich.«
Mit einem tiefen Seufzer legte Kyla auf. Sie hatte keinerlei Lust, bei dem Wetter noch einmal hinauszugehen, vor allem mitten in der Nacht, aber sie war wirklich hungrig. Wenn sie sich nicht regelmäßig mit Nahrung versorgte, wurde ihr schlecht, und vor allem litt ihre Laune unheimlich darunter – und das wäre denkbar ungünstig, wenn sie sich morgen früh mit dem BND -Mann treffen würde. Also musste sie wohl oder übel noch einmal in das Mistwetter hinaus. Hoffentlich hatte es wenigstens aufgehört zu regnen.
Kyla verzog angewidert das Gesicht, als sie die nasse Kleidung wieder überzog, aber sie wollte vermeiden, dass sie ihre zweite Garnitur auch noch ruinierte. Rasch steckte sie ihr Portemonnaie in die Hosentasche und zog die Jacke über. Sie blickte durch den Spion, bevor sie die Tür öffnete und auf den leeren Flur hinaustrat. Durch die Nachtbeleuchtung wirkte er düsterer als bei ihrem Eintreffen, und Kyla ging schnell an den anderen Türen vorbei zum Fahrstuhl. In der Lobby angekommen ließ sie sich von der Empfangsdame die Wegbeschreibung zu McDonald’s sowie einen Leihschirm geben und machte sich auf den Weg.
Es schien ihr fast, als wäre es noch kälter geworden, und sie schlug den Kragen ihrer viel zu dünnen Jacke hoch. Nach einem letzten, sehnsüchtigen Blick auf die warme Vorhalle des Hotels ging sie die Stufen hinunter und spannte den Schirm auf. Eine Windböe peitschte durch die Straße und blies den Regen gegen ihren Körper.
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